Habeck: Verfahren gegen Palmer besser, als sich immer wieder die Meinung zu sagen
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Robert Habeck, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen.
© Quelle: Kay Nietfeld/dpa
Berlin. Der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck hat sich am Montag zurückhaltend zu dem vom baden-württembergischen Landesverband angestrengten Parteiausschlussverfahren gegen Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer geäußert. Dessen jüngstes Verhalten sei „rassistisch, unwürdig eines Oberbürgermeisters und beleidigend“, sagte Habeck und fuhr fort: „Nun ist es so entschieden“, und „ein geordnetes Verfahren“ müsse ein Ergebnis bringen. Das sei besser, als sich immer wieder die Meinung zu sagen. Kontakte mit Palmer, den er lange und gut kenne und Boris nannte, ruhten bis dahin, betonte Habeck. „Ich sehe mich nicht in der Lage, parallel Vermittlungsgespräche zu führen.“
Palmer hatte den ehemaligen Fußballer Dennis Aogo in einem Facebook-Post beleidigt. Im Verlauf einer Diskussion mit anderen Facebook-Nutzern hatte er ein Aogo zugeschriebenes Zitat aufgegriffen und geschrieben: „Der Aogo ist ein schlimmer Rassist.“ Zur Begründung verwies Palmer auf einen nicht verifizierten und vulgären Facebook-Kommentar, in dem ohne jeden Beleg behauptet worden war, Aogo habe für sich selbst rassistische Beleidigungen benutzt.
Daraufhin stimmten beim Landesparteitag in Baden-Württemberg am Samstag 161 Delegierte für ein Ausschlussverfahren, 44 dagegen, und acht enthielten sich. „Die Zeit ist reif dafür. Denn das Maß ist voll“, sagte Grünen-Landeschef Oliver Hildenbrand. So hatte Palmer sich einmal abfällig über das Verhalten eines Fahrradfahrers geäußert und geschrieben, er könne nur ein Asylbewerber gewesen sein. Zu Beginn der Corona-Pandemie erklärte Palmer, im Kern gehe es ja nur um das Leben von Menschen, die bald ohnehin stürben.
Parteienrechtsexperte sieht Ausschlussverfahren skeptisch
Am Montag sagte der Kommunalpolitiker der „Bild“-Zeitung zur jüngsten Äußerung: „Natürlich wäre es wohl gescheiter gewesen, es gar nicht zu posten.“ Zugleich beklagte er erneut Ausgrenzung und sagte: „Teile der politischen Führung der Partei haben sich der linken Identitätspolitik verschrieben.“
Der Parteienrechtsexperte Martin Morlok sieht das Ausschlussverfahren skeptisch. „Dass eine Partei Mitglieder zwingt, eine Parteimeinung und nur diese Meinung zu vertreten, damit habe ich etwas Schwierigkeiten“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Voraussetzung eines solches Verfahrens müsse ein Verhalten sein, das sich klar gegen die Partei richte. Das sehe er hier nicht. Ohnehin sei Palmer „einer der besten Leute bei den Grünen und einer, der sich auch mal freimachen kann vom moralisierenden Mainstream und wider den Stachel löckt“, betonte Morlok. „Das ist doch irgendwie belebend.“