Klimapolitik, bis es quietscht
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/TU4BI4FDARET7DVKPGDYNNXR2A.jpeg)
Es verdichten sich nun die Anzeichen, dass die öffentliche Terminansage von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Wirkung zeigt und das sogenannte Heizungsgesetz doch noch vor der Sommerpause durch den Bundestag geht (Archivbild).
© Quelle: Carsten Koall/dpa
Berlin. Manchmal kann Schweigen in der Politik auch ein gutes Zeichen sein. Nach wochenlangen laustarken, emotionalen und auch verletzenden Querelen in der Ampelkoalition um das Gebäudeenergiegesetz (GEG) ist weitgehende Ruhe eingekehrt. Was nicht bedeutet, dass schon alles paletti wäre – sondern, dass intensiv an einer Lösung gearbeitet wird. Und das braucht noch immer Zeit, weil ein böser Geist wieder in die Flasche muss: Die Angst der Menschen, mit dem Verzicht auf Gas- und Ölheizungen finanziell überfordert zu werden.
Sogenanntes Heizungsgesetz doch noch vor Sommerpause?
Es verdichten sich nun die Anzeichen, dass trotz aller Verwerfungen, vor allem zwischen FDP und Grünen, die öffentliche Terminansage von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Wirkung zeigt und das sogenannte Heizungsgesetz doch noch vor der Sommerpause durch den Bundestag geht. Auf verschiedensten Ebenen arbeiten Fachpolitiker, Fraktionsvorsitzende und ihre Stellvertretenden sowie Ministerinnen und Minister an zusätzlichen sozialen Abfederungen des kostspieligen Heizungstauschs, längeren Übergangsfristen und mehr Härtefallregelungen.
Bei einer Veranstaltung der Wochenzeitung „Die Zeit“ versichert Scholz am Samstagabend, alle Beteiligten bemühten sich gerade darum, eine gute Lösung zu erarbeiten und nicht zu stolz zu sein, Kritik zu akzeptieren. Dem Vernehmen nach soll diese Lösung bis zur Sitzung des Bundestags in der übernächsten Woche stehen. „Es quietscht ab und zu, weil die Kurve so steil ist“, erklärt Scholz. Und es hätten alle auch immer „ein bisschen Recht“. Nur: „Könnten die das nicht ein bisschen leiser vortragen?“, fragt der Bundeskanzler. Derzeit machen die das.
FDP und Grüne mit Drohpotenzial
Die FDP dürfte es am schwersten haben einzulenken, weil sie sehr hoch auf die Palme geklettert ist und die Verabschiedung des GEG aus dem Hause von Robert Habeck (Grüne, Wirtschaft) und Klara Geywitz (SPD, Bauen) am liebsten in den Herbst schieben wollte – wenn die Landtagswahlen in Hessen und Bayern gelaufen sind. Bisher haben die Freien Demokraten von ihrer Regierungsbeteiligung im Bund in den Ländern nämlich nicht profitiert.
FDP und Grüne haben Drohpotenzial auf den Tisch gepackt. Weil die FDP die Bundestagsbefassung mit dem GEG verhinderte, widersprachen die Grünen der Aufsetzung von FDP-Vorhaben: dem Genehmigungsbeschleunigungsgesetz Verkehr, dem Eisenbahngesetz, Veränderungen bei der Lkw-Maut. Bei der FDP wird aufgezählt, was gerade durch die Grünen aufgehalten werde. Habeck habe immer noch keinen Entwurf zum Klimaschutzgesetz vorgelegt, das laut Koalitionsvertrag schon 2022 verbessert werden sollte, das Umweltministerium verzögere neue Bestimmungen zu E‑Fuels. Die Grünen pochen noch auf die Verabschiedung der Gesetze zur Tierhaltungskennzeichnung, zum Ökolandbau und zu Ökokennzeichen sowie das Tabakerzeugnisgesetz.
Was kommt auf die Menschen zu?
Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Irene Mihalic, mahnt, das GEG müsse in der nächsten Sitzungswoche in den Bundestag kommen, um ein ordentliches parlamentarisches Verfahren zu gewährleisten und das Gesetz noch vor der Sommerpause zu beschließen. Die beginnt Anfang Juli. Die Menschen bräuchten endlich Klarheit darüber, was auf sie zukommen werde, sagt sie dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Und: „Auch andere Vorhaben könnten zügig auf die Tagesordnung gesetzt werden. Denn in vielen Fällen ist die inhaltliche Beratung schon weit fortgeschritten oder sogar abgeschlossen, sodass nur noch der Beschluss des Bundestages fehlt.“
Die SPD ist oft dazwischen und sieht sich in der Mittlerrolle – und muss mit internen Differenzen kämpfen wie in der Frage, ob die Förderung neuer klimafreundlicher Heizungen stärker nach Einkommen gestaffelt werden soll. Geywitz hat entsprechende Forderungen aus SPD-Reihen zurückgewiesen, weil dafür eine individuelle Einkommens- und Vermögensprüfung einer Behörde gegründet werden müsse. Solche Prüfungen dauerten außerdem sehr lange.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/3NOYFYVVVBAQ7AB3DPE6VMH6PQ.jpg)
Klima-Check
Erhalten Sie die wichtigsten News und Hintergründe rund um den Klimawandel – jeden Freitag neu.
Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.
Letzte Generation erhöht Druck
Und dann ist da noch der Druck der Straße. Die Klimaschutzinitiative Letzte Generation will in den nächsten Tagen neue Aktionen starten, bevor sie selbst vom 15. Juli bis 6. August Sommerpause mache. Jetzt gehe es erst einmal gegen „die Reichen“. Die Aufmerksamkeit solle auf die „rücksichtslose Verschwendung der Reichen“ und „die Symbole des modernen Reichtums“ gelenkt werden. Denn die Klimakatastrophe werde „in erster Linie von den Reichen“ gemacht und die rot-gelb-grüne Regierung lasse es zu, dass die „Superreichen“ die Lebensgrundlagen zerstörten. Scholz hat diese Aufforderung für sie parat: „Nicht ankleben, sondern anpacken.“
Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion sagt dem RND: „Jede weitere Eskalation hilft niemandem.“ Das bringe die Menschen gegeneinander auf und von der Gemeinschaftsaufgabe des Klimaschutzes ab. „Klimaschutz lässt sich nicht erpressen, sondern geht nur gemeinsam und im Dialog“, mahnt sie und versichert, der Klimaschutz habe täglich und auf allen Ebenen oberste politische Priorität. Die Herausforderung bestehe darin, dabei sozialen Ausgleich und wirtschaftliche Stärke mitzudenken. Mast findet „das ist derzeit besonders spürbar beim Heizgesetz“.