Illegale Migration: Kommunen fordern vom Bund verstärkte Grenzkontrollen
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Frankfurt (Oder): Zwei Polizisten halten auf der Grenzbrücke zwischen Deutschland und Polen ein Fahrzeug an, um es nach illegalen Einreisenden zu kontrollieren. Der Bund hat zusätzlich Kräfte an die Grenze beordert.
© Quelle: Monika Skolimowska/dpa-Zentralbi
Berlin. Angesichts des stetig wachsenden Zustroms von Flüchtlingen an der deutsch-polnischen Grenze fordern Deutschlands kommunale Spitzenverbände ein konsequentes Vorgehen von der Bundesregierung und der Europäischen Union sowie verstärkte Grenzkontrollen. Das geht aus einer Umfrage des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND) unter den drei großen kommunalen Interessenvertretungen der Bundesrepublik hervor.
Forderungen des Deutschen Städte- und Gemeindebunds
„Die Kommunen erwarten, dass die Bundesregierung und die EU die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um den illegalen Zustrom zu stoppen“, sagte Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB), unter dessen Dach bundesweit 11.000 große, mittlere und kleine Kommunen vernetzt sind.
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Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB).
© Quelle: Britta Pedersen/dpa
Zu diesen Maßnahmen rechnet Landsberg „stichprobenartige Kontrollen an der Grenze oder im Grenzraum“, eine „deutsch-polnische Zusammenarbeit bei der Grenzsicherung“ sowie Druck der EU auf Fluggesellschaften, die Menschen aus Krisenregionen nach Belarus fliegen, von wo aus sie dann zur Grenze nach Polen gebracht werden, um illegal in die EU zu gelangen.
Forderungen des Deutschen Landkreistags
Der Deutsche Landkreistag (DLT), der die 294 Landkreise Deutschlands vereint, spricht sich für eine weitere Sicherung der EU-Außengrenzen aus. DTL-Präsident Reinhard Sager (CDU), der selbst Landrat im Kreis Ostholstein ist, forderte gegenüber dem RND „Maßnahmen an den EU-Außengrenzen zur Verhinderung einer unkontrollierten und unregistrierten Zuwanderung“.
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Reinhard Sager, Präsident des Deutschen Landkreistages.
© Quelle: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild
Dazu sollten umgehend politische Gespräche intensiviert, aber auch Grenzkontrollen verstärkt werden, sagte Sager und setzte hinzu: „Die EU muss zu einem abgestimmten Vorgehen nach innen gelangen und mit einer Stimme nach außen sprechen.“
Forderungen des Deutschen Städtetags
Ähnlich äußerte sich Burkhard Jung (SPD), Präsident des Deutschen Städtetags, der bundesweit alle kreisfreien Städte repräsentiert. „Die EU muss den Druck auf das Regime in Minsk und auf die belarussischen Fluggesellschaften erhöhen. Und auch unsere polnischen Nachbarn sind gefordert, die europäischen Regeln einzuhalten“, forderte Jung, der selbst Oberbürgermeister von Leipzig ist.
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Burkhard Jung (SPD), Oberbürgermeister von Leipzig und Präsident des Deutschen Städtetags.
© Quelle: Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa
Polen steht bei Menschenrechtsorganisationen in der Kritik, weil polnische Grenzschützer Flüchtlinge über die Grenze zurück nach Belarus drängen, beziehungsweise sie daran hindern, Asylanträge zu stellen. Bis Ende der Woche hatte die Bundespolizei an der deutsch-polnischen Grenze 3750 unerlaubte Einreisen von Personen festgestellt, die über die sogenannte Belarus-Route gekommen sind.
Im laufenden Jahr waren es 6160 unerlaubte Einreisen. Die meisten Flüchtlinge, die an der Grenze aufgegriffen werden, stammen aus dem Irak, aus Syrien, dem Iran, Afghanistan und Pakistan.
Polen hat den Ausnahmezustand in der Grenzregion verhängt
Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko hatte im Mai angekündigt, Migranten nicht mehr an der Weitereise in die EU hindern zu wollen. Er reagierte damit auf den erhöhten Sanktionsdruck der EU gegen sein Land wegen der Verletzung der Menschenrechte und der Unterdrückung der Opposition.
Laut Polens Grenzschutz gab es seit Anfang Oktober mehr als 12.000 Versuche einer illegalen Grenzüberquerung von belarussischer Seite. Polen hat in der Grenzregion den Ausnahmezustand verhängt und baut die Sicherungsanlagen konsequent aus.
Nach Beobachtungen der Organisation Human Constanta werden auf belarussischer Seite viele Flüchtlinge im Grenzgebiet festgehalten. „Sie werden im Wald in Gruppen bewacht und gezwungen, die Grenze nach Polen zu überqueren“, berichtete eine Sprecherin gegenüber der Nachrichtenagentur dpa.
Verbände: Kommunen sind bereit, Geflüchtete aufzunehmen
Nach Angaben der kommunalen Spitzenverbände reichen derzeit die Aufnahmekapazitäten für Flüchtlinge in Deutschland noch aus und es besteht auch die Bereitschaft der Kommunen zu helfen. „Die Städte waren und sind bereit, schutzbedürftige Menschen aufzunehmen“, sagte etwa Leipzigs OBM Burkhard Jung.
Und auch DLT-Präsident Reinhard Sager betonte, die Landkreise würden „ihrer Verantwortung bei der Unterbringung von Flüchtlingen gerecht werden“. Allerdings, so Sager, seien auch Bildung, Gesundheitsversorgung und Sprachvermittlung erforderlich, was nach wie vor eine große Herausforderung darstelle.
Landsberg pocht auf EU-Verfahren
DStGB-Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg sagte, die Flüchtlingszahlen seien derzeit für die Kommunen „beherrschbar“. Die zentralen Erstaufnahmeeinrichtungen der Länder, von denen die Verteilung auf die Kommunen erfolgt, hätten derzeit noch Kapazitäten.
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Das ändere aber nichts an der Rechtslage, so Landsberg. Flüchtlinge, die von Belarus nach Polen in die EU gelangen, müssten in Polen registriert werden und dort auch ihren Asylantrag stellen können. „Diesem etablierten EU-Verfahren darf sich kein Mitgliedsstaat entziehen“, unterstrich der Chef des Deutschen Städte- und Gemeindebundes.