Immer mehr Post-Covid-Fälle: Kapazitäten reichen nicht aus – Kliniken fordern mehr Geld
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Der Eingang zur Covid-19-Intensivstation der Leipziger Uniklinik.
© Quelle: Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa
Immer mehr Menschen leiden nach einer Covid-19-Erkrankung an Post-Covid-Symptomen. Viele sind zwischen 30 und 60 Jahren alt, waren früher einmal fit und hatten vor einigen Monaten einen vergleichsweise milden Corona-Verlauf. Und dennoch: Sie leiden auch Monate nach ihrer Infektion an diffusen Symptomen wie Atemnot, Erschöpfungssymptomen oder „Gehirnnebel“.
Wie viele Patienten nach einer Corona-Infektion betroffen sind, lässt sich noch nicht verlässlich sagen. Die Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin schätzt den Anteil auf bis zu 15 Prozent. Viele Betroffene hätten schon mehrere Facharztbesuche hinter sich, bevor sie sich an die Uniklinik wenden, sagt Paul Baum von der Uniklinik Leipzig.
Corona und Post Covid: Kliniken arbeiten unter hoher Belastung
Die Unikliniken seien derzeit doppelt gefordert: „bei der Akutversorgung und auch zunehmend bei der in der Regel ambulanten Nachversorgung von Post-Covid“, erklärt Jens Scholz gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Scholz ist Vorsitzender des Verbands der Universitätsklinika Deutschlands und zugleich Vorstandsvorsitzender des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein.
Doch die Unikliniken hätten bereits in der ersten Phase der Pandemie vielfältige Angebote für Post-Covid-Betroffene entwickelt und aufgebaut. Dort werden Patientinnen und Patienten von hochspezialisierten, multiprofessionellen und interdisziplinären Teams diagnostiziert und versorgt. Damit die Universitätskliniken diese Versorgungsangebote bei wachsender Nachfrage ausbauen und dauerhaft etablieren könnten, bräuchten sie allerdings eine entsprechende finanzielle Ausstattung, gibt Scholz zu bedenken. „Denn diese Behandlungsangebote, die es vor Corona nicht gab, sind in den Budgets für die Hochschulambulanzen noch nicht abgebildet.“
Dabei seien die Unikliniken derzeit ohnehin schon durch die vielen schwer erkrankten Covid-Patientinnen und -Patienten besonders stark in Anspruch genommen. „Wir gehen davon aus, dass wir durch die zunehmenden Fallzahlen auch eine entsprechend steigende Zahl an Post-Covid Patientinnen und Patienten bekommen werden“, so Scholz.
Nachfrage in Sachsen übersteigt Kapazitäten
In Sachsen übersteigt die Nachfrage nach Behandlungen für Patientinnen und Patienten mit Post-Covid-Symptomen schon jetzt deutlich das Angebot an den Unikliniken in Dresden und Leipzig. „Die Kapazität reicht bei Weitem nicht, aber mehr ist aufgrund der vorhandenen Ressourcen nicht möglich. Wünschenswert wäre diesbezüglich eine finanzielle Unterstützung durch die Krankenkassen“, sagt Baum.
In der Uniklinik Leipzig werden Betroffene auch aus anderen Bundesländern wie Bayern, Sachsen-Anhalt und Thüringen behandelt. Das Einzugsgebiet sei weit, weil die Behandlung von Post Covid kompliziert sei, sagt Baum. Ähnlich ist die Situation an der Universitätsklinik Dresden, die eine psychosomatische Sprechstunde für Menschen mit Covid-19-Spätfolgen anbietet. „Die Erweiterung der Kapazitäten ist dringend notwendig, um schnell helfen zu können, bessere Behandlungserfolge zu erzielen und nicht zuletzt, um psychosoziale Konsequenzen zu verringern“, sagte die Oberärztin Amalia Hanßke.
Weitere Patienten mit Post-Covid-Symptomen wahrscheinlich
So unterschiedlich die Symptome auch sind, die Betroffenen haben einige Gemeinsamkeiten: Während der Infektion litten sie laut Baum zwar oft an Grippesymptomen mit Gliederschmerzen und Luftnot, mussten jedoch nicht ins Krankenhaus. Viele seien nach ihren eher milden Corona-Verläufen überrascht, dass die Post-Covid-Symptomatik so lange andauere. Sie setzten sich zum Teil stark unter Druck, wieder wie vor der Erkrankung zu funktionieren. Doch nach wie vor weiß man nur wenig über Post-Covid. „Neben der Versorgung muss das Krankheitsbild Post-Covid auch interdisziplinär erforscht werden“, sagt daher Universitätsklinikverbandschef Scholz dem RND.
Sicher ist angesichts der momentanen Corona-Zahlen nur, dass es eine weitere Welle von Post-Covid-Erkrankten in einigen Monaten geben wird. Dabei reiche die Kapazität schon jetzt bei Weitem nicht aus, sagt Baum. „Wünschenswert wäre diesbezüglich eine finanzielle Unterstützung durch die Krankenkassen“, so der Mediziner.
mit dpa