Impfaffäre: Halles OB droht Verbot der Dienstgeschäfte
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/CZKKSFAKDBF23C3SOE3VV4I56Q.jpeg)
Weil er sich vorzeitig impfen lies steht Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand in der Kritik. Die Affäre könnte ihn sein Amt kosten.
© Quelle: Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/
Halle. Der Druck auf Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) wegen seiner Impfaffäre steigt. Eine Mehrheit der 56 Stadträte will ihn so schnell wie möglich vom Dienst entfernen. In einem Brief forderten 29 von ihnen eine Sondersitzung, um Wiegand die Führung der Dienstgeschäfte zu verbieten. Die Sitzung sei für den 15. März einberufen worden, teilte die Stadtratsvorsitzende Katja Müller (Linke) am Dienstag mit.
Hintergrund ist die vorzeitige Corona-Impfung Wiegands sowie mehrerer Stadträte und Mitglieder des Katastrophenstabes. Wiegand hatte seine Impfung nicht sofort, sondern erst Wochen später öffentlich gemacht. Laut der von Bund und Land festgelegten Prioritätenliste der Dringlichkeit der Impfberechtigten wäre Wiegand noch nicht an der Reihe gewesen. Während der Aufarbeitung der vorzeitigen Impfungen verwickelte sich Wiegand in Widersprüche.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/ZBUMAKXIEVG55G5MXAL23UX25Y.jpg)
Die Pandemie und wir
In unserem Newsletter ordnen wir die Nachrichten der Woche, erklären die Wissenschaft und geben Tipps für das Leben in der Krise – jeden Donnerstag.
Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.
Auch die Staatsanwaltschaft Halle hat bereits Ermittlungen gegen den Rathauschef aufgenommen. Sie hat ein Verfahren gegen den 64-Jährigen eingeleitet wegen des Verdachts der „veruntreuenden Unterschlagung“ des Corona-Impfstoffs, wie die Behörde am Montag mitgeteilt hatte. Am selben Tag hatte die Polizei demnach Diensträume der Stadtverwaltung durchsucht, um Beweise zu sichern. Wiegand bezeichnete im Nachgang die Durchsuchungen als unverhältnismäßig und wies die Vorwürfe wie schon seit Wochen zurück.
Halles Stadträte wollen Bürgermeister vom Dienst entfernen
Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Wiegand richten sich im Kern nicht gegen dessen Impfung. Sondern darum, dass der OB dafür gesorgt haben soll, dass andere Menschen, die noch nicht dazu berechtigt waren, geimpft wurden, wie die Leitende Oberstaatsanwältin Heike Geyer sagte. Das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt hat zudem ein Disziplinarverfahren gegen Wiegand sowie zwei Landräte eingeleitet.
Halles Stadträte wollen nun ihrerseits den Bürgermeister vom Dienst entfernen. Die Einberufung einer Sondersitzung am 15. März forderten die Fraktionen der Linken, Grünen, SPD, FDP und der Fraktionsvorsitzende der CDU im Stadtrat.
Zunächst müsse die Mehrheit der anwesenden Stadträte am 15. März einem entsprechenden Beschluss zum Verbot der Dienstgeschäfte gegen den OB zustimmen, erklärte Stadträtin Yana Mark (FDP) am Dienstag. Im nächsten Schritt folgt eine schriftliche Anhörung des Bürgermeisters. Erst danach könne eine Verfügung erlassen werden, die Wiegand sogar aus den Diensträumen ausschließen würde. Bereits „Mitte April“ könne Wiegand so in eine Art Zwangsurlaub geschickt werden, sagte Mark.
In einem solchen Fall würde Wiegand zwar noch bezahlt werden, seine Geschäfte würde allerdings sein Stellvertreter und Finanzbeigeordneter Egbert Geier (SPD) übernehmen, so Mark.Ein solches Szenario halte sie „durchaus für wahrscheinlich“.
Stadtrat plant Abwahlverfahren
Das drohende zeitweilige Verbot seiner Dienstgeschäfte leitet sich aus dem Beamtenstatusgesetz ab. So könne „aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden“. Ein zwingender Grund könnte beispielsweise Verdunklungsgefahr oder die Störung der Abläufe bei der Aufklärung der Impfaffäre sein, führte Yana Mark aus. Dieses Verbot gilt maximal für drei Monate und erlischt wenn bis dato kein Disziplinarverfahren oder ein sonstiges Verfahren, das auf die Rücknahme der Ernennung oder auf Beendigung des Beamtenverhältnisses gerichtet ist, eingeleitet wurde.
Um Wiegand dauerhaft vom Posten des Oberbürgermeisters zu befreien, plant der Stadtrat ein Abwahlverfahren. Dafür könne auch der 15. März der „Tag der Wahrheit“ sein, sagte Mark. Dafür müssten drei Viertel der Stadträte einer Abwahl des OB zustimmen. „Hier liegen die Hürden wesentlich höher“, so die FDP-Politikerin. Anschließend müsste ein Wahltermin bestimmt werden, an dem die Bürger über die Abwahl Wiegands entscheiden.
Der Oberbürgermeister war am Dienstag zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Wiegand ist seit 2012 Oberbürgermeister der Stadt Halle. 2019 setzte er sich zuletzt in einer Stichwahl gegen Hendrik Lange (Linke) bei der Bürgermeisterwahl durch.
RND/dpa