Innenausschussvorsitz für die AfD: Union und Linke üben Kritik
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Der Plenarsaal des Bundestages.
© Quelle: imago images/Achille Abboud
Berlin. Die Oppositionsfraktionen CDU/CSU und Linke haben scharfe Kritik an der Tatsache geübt, dass der Vorsitz im Bundestags-Innenausschuss an die AfD fällt. Der Vorsitzende der Linksfraktion, Dietmar Bartsch, sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „Das ist ein verheerendes Zeichen und ein großes Problem. Denn der Innenausschuss gehört an eine der regierungstragenden Fraktionen und nicht an die AfD.“ Er fügte hinzu: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Linke einen AfD-Vertreter zum Ausschussvorsitzenden wählen wird.“
Unions-Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer sagte dem RND: „Die Grünen hatten die Chance, den Innenausschuss vor der AfD zu ziehen. Das haben sie nicht getan. Ich bedauere das sehr.“
Grüner Ärger
Die Bundestagsfraktion der Grünen beanspruchte stattdessen den Europaausschuss – dem Vernehmen nach auf Wunsch des bisherigen Fraktionsvorsitzenden Anton Hofreiter, der bei der Vergabe der Ministerposten leer ausgegangen war. Unter den 118 Mitgliedern der Fraktion herrscht darüber teils erheblicher Unmut. Die FDP entschied sich für den Verteidigungsausschuss, in dem die Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann den Vorsitz übernehmen soll.
Die SPD griff wiederum nicht zu, weil sie mit Nancy Faeser schon die Innenministerin stellt und Ausschüsse die Ministerien kontrollieren sollen. Die Zahl der Ausschussvorsitze richtet sich jeweils nach der Größe der Fraktionen.
Wer für die AfD den prestigeträchtigen Ausschuss leiten soll, steht in der Fraktion ebenso wenig fest wie die Besetzung des Gesundheitsausschusses, der der Partei ebenfalls zufällt. Nach RND-Informationen sind beide Posten heiß begehrt, Absprachen mit der Fraktionsspitze gibt es nicht. Die Fraktion will am Freitag über die Ausschüsse abstimmen.
Für den Vorsitz im Innenausschuss käme zunächst der bisherige Obmann Gottfried Curio infrage. Dass er den Ausschuss übernimmt, gilt aber als unwahrscheinlich. Erstens soll sich sein Organisationstalent in Grenzen halten, zweitens ist das Hauptinteresse des Berliners, eine scharfe Rede gegen Einwanderung und Integrationsmängel zu halten. Rhetorisch über die Stränge schlagen könnte er als Ausschussvorsitzender nicht. Möglich wäre, dass sich die Fraktionsvize Beatrix von Storch und der Innenpolitiker Martin Hess um den Posten bewerben.
Vorsitzender gesucht
Dass der AfD-Kandidat auch gewählt wird, ist keineswegs sicher. Innenpolitiker anderer Fraktionen weisen auf ein eklatantes Sicherheitsrisiko hin: Der oder die Vorsitzende des Innenausschusses hat privilegierten Zugang zu vertraulichen Informationen. Im Falle der AfD wäre das hochproblematisch, wenn die Partei möglicherweise bald vom Verfassungsschutz beobachtet wird.
Konfliktträchtig ist in der anhaltenden Corona-Pandemie auch der Vorsitz im Gesundheitsausschuss: Der AfD gäbe das ein weiteres Forum für ihre Kampagne gegen eine mögliche Impfpflicht. Einzige Medizinerin in der Fraktion ist die rhetorisch radikale und bundestagsunerfahrene Zahnärztin Christina Baum. Gegen sie gibt es vor allem nach ihrer Rede am Dienstag selbst in der AfD große Vorbehalte. Sie hatte die pro Impfpflicht eingestellten Abgeordnetenkollegen indirekt als „Verbrecher“ bezeichnet.