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WDR Europaforum

Kanzler Scholz: Staudammsprengung in Ukraine „hat neue Dimension“

Ursula von der Leyen (links), Präsidentin der Europäischen Kommission, und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, Archivbild).

Ursula von der Leyen (links), Präsidentin der Europäischen Kommission, und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, Archivbild).

Berlin. Nach der Sprengung des Kachowka-Staudamms hat Bundeskanzler Olaf Scholz beim WDR Europaforum vor einer neuen Eskalation gewarnt. Opfer seien vor allem Zivilisten, Städte und Dörfer. Deutschland und die EU müsse nun klar Stellung beziehen, sagte der Kanzler.

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Die Sprengung des Staudamms habe eine neue Dimension, passe aber zum bisherigen Vorgehen Russlands in der Ukraine. „Wir können jetzt mit Blick auf das Atomkraftwerk Saporischschja nur sagen, dass wir das beobachten und dass wir uns sehr bemühen, eine gefährliche Lage zu vermeiden“, so Scholz weiter.

Kachowka-Staudamm im Süden der Ukraine zerstört

Die russischen Streitkräfte haben offenbar den Kachowka-Staudamm im Süden der Ukraine gesprengt.

Zur Frage nach einer „europäischen Armee“ erklärte Scholz: „Was wir jetzt tun müssen ist, die Kooperation in Europa auszubauen, etwa was die Rüstungsanstrengungen angeht.“ Der Bundeskanzler setze derzeit auf die Stärkung der transatlantischen Zusammenarbeit und die Nato, dadurch würde die Sicherheit in Europa gewährleistet.

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Zum Bündnis mit den USA sagte Scholz, dass es mit Präsident Joe Biden ein starkes transatlantisches Bündnis gebe. „Wir haben Glück“, betonte der Kanzler. Scholz zeigte sich zuversichtlich, dass Biden gute Chancen auf eine Wiederwahl habe. Aber auch mit einem Kandidaten wie Trump würde sich die Bundesregierung bemühen, gut zusammenzuarbeiten.

Scholz will solidarischeres Asylsystem in Europa

Bei der Frage nach der Migrationspolitik in Europa sagte Scholz, dass die Ampel die Reform des EU-Asylsystems unterstütze. „Etwa 80 Prozent derjenigen, die in Deutschland beantragen, sind noch nie vorher irgendwo registriert worden“, erklärte der 64-Jährige. Deutschland dürfe die Länder an den EU-Außengrenzen nicht alleine lassen. Es müsse ein solidarisches Asylsystem und eine gerechtere Verteilung innerhalb der EU geben.

Neben den beiden Journalistinnen Tina Hassel und Ellen Ehni durften auch junge Zuschauer und Zuschauerinnen Fragen an den Kanzler richten. Einem russischen Studenten sagte Scholz, dass Europa immer mit Russland leben werde. Moskau müsse aber zurückkehren zum Prinzip, die Souveränität anderer Staaten zu achten.

Eine junge Studentin mit Migrationshintergrund fragte den Kanzler mit Blick auf die aktuellen Krisen: „Ist meine Zukunft anstrebenswert?“ – Scholz antwortete „Ja“. Es gebe Grund zur Zuversicht, aber auch viele Herausforderungen. „Wir haben die Technologien, wir wissen, was wir tun müssen.“ In der Demokratie käme man aber nur voran, wenn man gelassen und einander zugewandt bliebe.

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Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen war in einem Videointerview aus Brüssel zugeschaltet. „Europa ist stark. Europa hat seine Stärke bewiesen“, sagte sie mit Blick auf den Export von Impfstoffen während der Corona-Pandemie, aber auch auf den Krieg in der Ukraine und den fortschreitenden Klimawandel. Sie unterstrich, dass geschlossenes Vorgehen und gemeinsame Lösungen die Stärke der Europäischen Union seien. „Wenn wir zusammenstehen, können wir auch in den Krisen wachsen“, so die EU-Kommissionspräsidentin. Gleichzeitig betonte sie, dass dies kein Automatismus sei. Große und wichtige Entscheidungen sollten nach Ansicht von der Leyens weiterhin einstimmig beschlossen werden, damit diese nicht von einzelnen Staaten blockiert werden können.

Gedanken über europäische Armee

Mit Blick auf den EU-Beitrittskandidatenstatus der Ukraine zeigte sich von der Leyen „beeindruckt“ vom „Sehnsuchtsgedanken“ des Landes und den Reformprozessen, die trotz des Krieges voranschreiten würden. Wann genau ein Beitritt möglich sein könnte, wollte von der Leyen jedoch nicht sagen. „Die Regeln für einen Beitritt in die EU müssen eingehalten werden. Das ist ein Prozess, der darauf beruht, dass die Kandidaten die Reife zeigen, zur europäischen Familie gehören zu können.“ Es gebe aber in jedem Fall ein Interesse daran, dass die Ukraine in die Europäische Union eintritt.

Gleichzeitig sprach sich von der Leyen für einen Aufbau einer „Armee der Europäer“ aus. „Die große und schwierige Frage ist, wer fällt die Entscheidung, diese Armee einzusetzen“, sagte die EU-Kommissionspräsidentin. Der Gedanke einer eigenen europäischen Armee müsse noch verfeinert werden, gehe aber in die richtige Richtung.

Europas Rolle nach der „Zeitenwende“

Beim 25. Internationalen WDR Europaforum debattieren Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Journalismus, wie die EU auf Erschütterungen in den internationalen Beziehungen reagieren sollte, die Russlands Krieg gegen die Ukraine auslöst. Thema war auch, ob es der EU gelingt, die Prinzipien von liberaler Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gegen Angriffe von außen und von innen zu verteidigen.

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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprach zu Beginn ein Videogrußwort. Er stellte fest, dass neben dem russischen Krieg in der Ukraine auch China und der Klimawandel Europa auf die Probe stellen würden. Er sprach von „einer Zeit des Umbruchs und der Veränderungen“. Einseitige Abhängigkeiten müssten durch Diversifizierung beseitigt werden, so Steinmeier weiter. Gleichzeitig machte er Mut: „Wir können weltweit Vorreiter sein, wenn wir uns auf unsere Stärken besinnen.“ Mit Blick auf die Herausforderungen durch den Klimawandel betonte Steinmeier, dass es möglich sei, aber „anstrengend“ werde, „Industriejobs zu erhalten und das Klima zu retten“.

Neben EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Bundeskanzler Olaf Scholz nehmen auch die Staatsministerin für Europa und Klima, Anna Lührmann, der Erste Vizepräsident des Europäischen Parlaments, Othmar Karas, die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, Aydan Özoğuz, der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, und die Generalanwältin am Europäischen Gerichtshof, Juliane Kokott, teil.

RND/ag

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