Kein Zugang zu Twitter-Direktnachrichten des Innenministeriums für „Frag den Staat“

„Frag den Staat“ wollte die Herausgabe von Direktnachrichten des Bundesinnenministeriums aus dem sozialen Netzwerk Twitter.

„Frag den Staat“ wollte die Herausgabe von Direktnachrichten des Bundesinnenministeriums aus dem sozialen Netzwerk Twitter.

Leipzig. Das Bundes­innen­ministe­rium muss seine Twitter-Direkt­nach­richten nicht heraus­geben. Das entschied das Bundes­verwaltungs­gericht in Leipzig in einem Grund­satz­urteil. Geklagt hatte das Trans­parenz­portal „Frag den Staat“.

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Arne Semsrott, Projekt­leiter von „Frag den Staat“, hatte das Bundes­innen­ministe­rium (BMI) aufgefordert, ihm Einsicht in alle Twitter-Direkt­nach­richten zu geben, die das Ministe­rium von 2016 bis 2018 versandt und erhalten hat. Er stützte sich dabei auf das Infor­mations­frei­heits­gesetz (IFG) von 2005. Danach haben Bürger und Bürge­rinnen Anspruch auf Zugang zu „amtli­chen Informationen“ von Bundes­behörden. Sie müssen ihr Interesse nicht einmal begründen.

Twitter-Nachrichten laut BMI „rechtlich irrelevante“ Korrespondenz

Das BMI wies den Antrag Semsrotts damals aber ab. Es handele sich hier nicht um „amt­liche Infor­mationen“, sondern um „recht­lich irrele­vante“ Korres­pondenz der Social-Media-Redak­tion des BMI. Pro Tag gebe es etwa fünf bis zehn Twitter-Direkt­nach­richten an andere Behörden oder Bürger. Dabei würden zum Beispiel infor­melle Absprachen mit den Social-Media-Redak­tionen anderer Minis­terien getroffen. Oder es werde Bürgern und Bürge­rinnen für Hinweise auf Fehler gedankt. Jour­nalisten und Jour­nalis­tinnen werde der Weg zum richtigen Ansprech­partner gewiesen.

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Arne Semsrott ging jedoch davon aus, dass durchaus auch Relevan­teres per Twitter-Direkt­nach­richt ausgetauscht wird: „Da wird vermut­lich auch die Presse­arbeit mit dem Bundes­amt für Verfassungs­­schutz oder der Bundes­polizei koordiniert.“ Anders als Twitter-Tweets sind Twitter-Direkt­nach­richten nicht öffent­lich sichtbar; nur Sender und Empfänger können sie lesen.

Berliner Verwaltungsgericht entschied zunächst für „Frag den Staat“

Das Verwaltungs­gericht Berlin entschied im August 2020 für „Frag den Staat“. Die Direkt­nach­richten des BMI seien amtliche Infor­mationen, die unter das Infor­mations­frei­heits­gesetz fallen. Das Gesetz, das die demo­­kratische Teilhabe der Bürger und Bürge­rinnen stärken wolle, sei weit auszulegen.

Für „Frag den Staat“ war das ein großer Erfolg. Denn eigent­lich ging es Semsrott weniger um die Twitter-Direkt­nach­richten, sondern vor allem um die SMS-Bot­schaften von Kanzlerin Angela Merkel und die Whatsapp-Nach­richten von Verkehrs­minister Andreas Scheuer. „Wir wollen hier die grundsätzliche Frage klären, ob auch neue Kommuni­kations­wege unter das IFG fallen.“ Nach den Twitter-Nach­richten fragte man, weil diese zweifellos vorhanden sind, da Twitter sie jahre­lang speichert.

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Doch das BMI akzep­tierte das Berliner Urteil nicht und ging in die Sprung­revision zum Bundes­verwal­tungs­gericht in Leipzig. Dort hatte das Ministe­rium nun auch Erfolg.

Leipziger Gericht folgt der Darstellung des BMI

Die Leipziger Richter lehnten das Ansinnen von „Frag den Staat“ ab. Es handele sich bei den Twitter-Direkt­nach­richten doch nicht um „amt­liche Infor­mationen“, sagte der Vorsitzende Richter Franz Schemmer, da sie von Twitter gespeichert werden und nicht vom Innen­ministe­rium. Die Aufzeich­nung diene also nicht amt­lichen Zwecken.

„Twitter speichert die Nach­richten nach dem eigenen Geschäfts­modell und nicht im Auftrag des Ministe­riums“, so der Richter. Das Gericht akzep­tierte auch die Einschät­zung des BMI, dass die Twitter-Direkt­nach­richten „aufgrund ihrer gering­fügigen inhalt­lichen Rele­vanz keinen Anlass geben, einen Verwal­tungs­vorgang anzulegen“.

Arne Semsrott zeigte sich nach dem Urteil enttäuscht. Man werde nach Prüfung des Urteils künftig wohl Kommuni­kationen heraus­verlangen, die niemand als „gering­fügig“ einstufen könne. „Vielleicht fragen wir dann doch nach den SMS der Kanzlerin“, sagte Semsrott.

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