Keine Segnung für homosexuelle Paare: Das fatale Signal des Vatikans

Papst Franziskus, Oberhaupt der katholischen Kirche.

Papst Franziskus, Oberhaupt der katholischen Kirche.

Hannover. Sich Modernisierung und Wandel entgegenzustellen kann etwas zutiefst Sympathisches haben. An den eigenen Werten und Dogmen festzuhalten, auch gegen Kritik, zeugt von der eigenen Standfestigkeit, vom Mut zur Überzeugung. Im Fall des Vatikans belegt dessen jüngste Erklärung allerdings etwas ganz anderes: seinen Unwillen zu längst fälligen Reformen, seine Entfernung von der Lebenswirklichkeit vieler Gläubiger und seine fehlende politische Bereitschaft, ein Signal der Menschenfreundlichkeit in die Welt zu schicken.

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Was war geschehen? Die obersten Glaubenshüter in Rom haben – mit Billigung von Papst Franziskus – eine Frage beantwortet. Ob die Kirche die Vollmacht habe, „Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts zu segnen“? Nein, lautete die schlichte Replik der Glaubenskongregation. An homosexuellen Partnerschaften gibt es aus ihrer Sicht nichts zu segnen. Sie entsprächen nicht dem göttlichen Willen. Punkt.

Überkommener, hartherziger, starrer

Diese Erklärung, „Responsum ad dubium“ (Antwort auf einen Zweifel), ist keine Überraschung. Sie bekräftigt, was seit jeher Linie des Vatikans ist. Mit jeder Wiederholung jedoch wirkt diese römische Linie überkommener, hartherziger, starrer. Theologisch gäbe es ja durchaus Möglichkeiten, die eigene Lehre weiterzuentwickeln, im Sinne der Annahme jener, die um den Segen bitten. Es geht um ein öffentliches Zeichen der Zuwendung, nicht um die Gleichsetzung mit der Ehe. Vor allem jedoch ist die Weigerung ein fatales politisches Signal.

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Aus vatikanischer Perspektive ist die Situation in Deutschland nur eine von vielen, man hat dort eher andere Regionen im Blick. In vielen Teilen der Welt jedoch tobt gerade die Debatte um die Rechte von Minderheiten. Gerade in Afrika und Südamerika, aber auch etwa in Osteuropa ist die Situation für Homosexuelle existenziell problematisch, sind Verfolgung und Diskriminierung an der Tagesordnung. In manchen Ländern wäre die Segnung schwuler und lesbischer Paare ein fast utopisch anmutender Gedanke, aber gerade deshalb zumindest als Möglichkeit vielleicht schon weltverändernd.

Katholische Kirche: Es rumort an der Basis

In Deutschland wiederum trifft die Erklärung des Vatikans auf eine Situation, in der manche der katholischen Kirche bereits die Zukunft absprechen. Die Verfechter des synodalen Wegs kommen nur in Trippelschritten voran, die Frauen von Maria 2.0 verzweifeln an der Männerdominanz ihrer Kirche, und in der Missbrauchsdebatte scheitert sie noch immer regelmäßig daran, den Betroffenen das Gefühl zu geben, sie sei wirklich zu Reue und Veränderung fähig. Es rumort an der Basis, und der Vatikan will nicht hören.

In der Frage der Segnung homosexueller Paare ist die Praxis in deutschen Gemeinden den Glaubenslehrern aus Rom, wie so oft, ein gutes Stück voraus: Vereinzelt vollziehen Priester hier längst, was der Vatikan noch ablehnt. Auch viele Bischöfe sind hier für Veränderungen. Die Hüter der reinen Lehre jedoch kanzeln diese Bemühungen nach schlechter alter antidemokratischer Tradition per Diktum schlicht ab. Die Erklärung aus Rom wirkt wie Kitt in den Mauern der Beharrung.

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Die Glaubenshüter sind sich, so könnte man positiv formulieren, treu geblieben. Die Schlangen vor den Kirchenaustrittsstellen jedoch werden so sicher nicht kürzer.

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