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Kommt jetzt die Überwachung in Echtzeit?

Ab Dienstag sollen Überwachungskameras am Bahnhof Südkreuz Gesichter erkennen.

Ab Dienstag sollen Überwachungskameras am Bahnhof Südkreuz Gesichter erkennen.

Hannover. Die Bundespolizei rüstet auf. Die Behörde testet am Berliner Bahnhof Südkreuz ab Dienstag mit der Deutschen Bahn die automatisierte Erkennung von Einzelpersonen in einer großen Masse. Die Gesichter von 300 Testpersonen werden in Datenbanken gespeichert. Anschließend soll das Sicherheitssystem per Kamera die Menschen am ganzen Bahnhof automatisch wiedererkennen. Das Bundes-Innenministerium erhofft sich davon viel: In Zukunft sollen so Straftäter per Videoüberwachung sofort erkannt werden, da die Systeme ihre Gesichter und Bewegung in Echtzeit erkennen können.

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Die Software soll vermutlich unter anderem von der sächsische Firma Cognitec stammen. Ein Großkunde der Dresdner ist das Bundeskriminalamt. Die Behörde kaufte Ende 2016 die Software „Examiner“. Die soll Straftäter im öffentlichen Raum möglichst schnell identifizieren können.

Weltweit boomt das Geschäft mit der Gesichtserkennungssoftware. Locken doch lukrative Aufträge durch Regierungen, die im Zeichen der Terrorabwehr Attentäter schon früh aus Menschenmassen vor Bahnhöfen oder Flughäfen herausfiltern wollen. 2010 kaufte der französische Rüstungs- und Technologie-Konzern Safran für 1,09 Milliarden Dollar die amerikanische Biometrie-Firma L-1 Identity Solutions auf. Das Unternehmen rüstet unter anderem das US-amerikanische Ministerium für Innere Sicherheit aus. Im Auftrag des Bundes-Innenministeriums hat L-1 Identity Solutions auch die Grenz-Abfertigung Easy-Pass am Frankfurter Flughafen installiert. Das Kamerasystem erfasst Gesichter und Fingerabdrücke der Passagiere.

App durchforstet soziales Netzwerk nach Übereinstimmungen

Doch die Systeme sind nicht mehr allein das Geschäftsfeld hoch spezialisierter Technologie-Unternehmen. 2016 entwickelten russische Programmierer die App FindFace. Sobald Nutzer Fotos einer Person in die App hochladen, durchforstet die Anwendung mittels Gesichtserkennung das soziale Netzwerk VKontakte, das russische Pendant zu Facebook, nach allen Bildern mit möglicher Übereinstimmung. Im Bruchteil von Sekunden können so Informationen über zuvor unbekannte Personen zusammengetragen werden. Laut Experten des Portals "Datenschutz Nord Gruppe" setzen allerdings auch russische Strafverfolger die Software ein, um Demonstranten zu identifizieren. So wurden demnach bereits Dutzende Verfahren gegen Anwesende bei den von der Opposition aufgerufenen Massenprotesten am 26. März und 12. Juni eingeleitet.

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Auch US-amerikanische IT-Riesen haben das Potenzial der Gesichtserkennung erkannt. Apple kaufte im Jahr 2010 die schwedische Gesichtserkennungs-Firma Polar Rose für 29 Millionen Dollar auf. Vor fünf Jahren erwarb Facebook für bis zu 60 Millionen Dollar die israelische Firma Face.com. Auf deren Technologie basiert die Foto-App Facebook Moments. Die Anwendung gibt es in Europa nur im abgespeckten Angebot: Im Gegensatz zu den USA ist hier die Gesichtserkennung nicht aktiv.

Die Pläne der Konzerne gehen allerdings noch weiter: Nutzer sollen sich an ihren Smartphones oder Tabletts nicht mehr mit ihrem Fingerabdruck ausweisen, sondern mit dem Gesicht. Das Online-Magazin Golem.de berichtet davon, dass sich mit der nächsten Iphone-Generation die Anwender per Gesichtserkennung einloggen sollen. Das System soll auch dazu dienen, Zahlungen zu bestätigen. Ein ähnliches System hat bereits Samsung mit dem Model S8 im Einsatz. Auch Microsoft verwendet das Sicherheits-Programm Windows Hello. Mit der Software können Nutzer ihre Surface Books entsperren.

Von Sebastian Ostendorf/RND

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