Beifall für Kretschmers „eingefrorenen Konflikt“ von rechts und links außen
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Den Krieg einfach „einfrieren“? Ukrainische Soldaten schießen mit einem 82-mm-Granatwerfer.
© Quelle: Evgeniy Maloletka/AP/dpa
Berlin/Dresden. „Wir müssen dafür eintreten, dass dieser Krieg eingefroren wird“, hatte der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) am Dienstag geäußert, ohne das näher auszuführen. Deutschland müsse im Krieg Russlands „eine Vermittlerrolle“ einnehmen. Und begründete das vor allem mit der Größe Russlands und seiner Historie.
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Michael Kretschmer (CDU), Ministerpräsident von Sachsen, möchte Putins Krieg gegen die Ukraine „einfrieren“.
© Quelle: Robert Michael/dpa
Das löste eine scharfe Kontroverse aus – mit heftigen Gegenreaktionen, aber auch Zustimmung, vor allem von den politischen Rändern. „Ministerpräsident Kretschmer schwenkt auf AfD-Linie ein, weil er weiß, dass die CDU in Sachsen keine Mehrheiten mehr erhalten wird, wenn sie dem Kriegstreiber Merz folgt“, hieß es vom AfD-Vorsitzenden Tino Chrupalla. „Ich wünsche dem Ministerpräsidenten, dass er sich zum Wohl der Sachsen mit seiner Linie durchsetzt. Nur so kann er seine Partei zu den Landtagswahlen 2024 fähig zu einer Koalition mit uns machen“, so der Chef der rechtsextremen Partei weiter.
Der Wirtschaftskrieg ruiniert Deutschland, während er Putin kaum schadet und das Sterben in der Ukraine nicht beendet.
Sahra Wagenknecht, Links-Politikerin
Auch von Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht wurde Kretschmer (CDU) zugestimmt, Deutschland müsse vermitteln und erwirken, „dass dieser Krieg eingefroren wird“. Man brauche weiter russische Rohstoffe, so Wagenknecht zur Deutschen Presse-Agentur. Russische Rohstoffe und vor allem die relativ billige russische Energie seien „Existenzbedingungen für eine wettbewerbsfähige deutsche Industrie, auf die wir nicht verzichten können“, betonte die Linken-Politikerin. „Der Wirtschaftskrieg ruiniert Deutschland, während er Putin kaum schadet und das Sterben in der Ukraine nicht beendet.“
Aus den Reihen der anderen Parteien hagelte es indes Kritik: „Gott sei Dank ist dieser Mann nicht verantwortlich für unsere Außenpolitik“, kommentierte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai in der „Bild“-Zeitung: Der sächsische Regierungschef habe „offensichtlich bis zum heutigen Tag nicht verstanden, wie gefährlich Russland ist und wie wichtig die Unterstützung für die Ukraine“.
Viele Tote und Verletzte – russische Raketen treffen Stadt in Zentral-Ukraine
Unter den Opfern sollen auch Kinder sein, teilten die ukrainischen Behörden mit.
© Quelle: Reuters
„Michael Kretschmer nimmt eine Sonderposition ein. Die kann er für sich in Anspruch nehmen. Aber es ist nicht die Haltung von CDU und CSU“, sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt am Mittwoch zum Auftakt der Sommerklausur der CSU-Bundestagsabgeordneten im oberfränkischen Kloster Banz.
„Wir sagen sehr deutlich, dass wir die Ukraine in der Wahrnehmung ihres Selbstverteidigungsrechts unterstützen. Und wir fordern die Bundesregierung auf, dies verstärkt zu tun, zusätzliche Waffenlieferungen zu ermöglichen“, betonte Dobrindt.
CSU-Chef Markus Söder betonte ebenfalls, die CSU stehe weiter zu dem mit der CDU verabredeten nationalen Kurs. Der sehe Hilfe für Schutzsuchende, mehr Waffenlieferungen und Sanktionen gegen Russland vor.
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Ein Mann läuft um sein Leben, dahinter beschädigte Häuser im armenischen Martuni – Alltag in einem „frozen conflict“, einem gefrorenen Konflikt wie jenem zwischen Armenien und Aserbaidschan.
© Quelle: imago images/ZUMA Wire
„Frozen conflicts“, damit werden in der Politikwissenschaft Auseinandersetzungen zwischen Staaten bezeichnet, an denen es keine großen militärischen Aktivitäten mehr gibt, die aber auf Dauer auch ungelöst bleiben. Im postsowjetischen Machtbereich gibt es diverse „frozen conlicts“ – zwischen Armenien und Aserbaidschan sowie zwischen Russland und Georgien zum Beispiel. „Frozen conflicts“ belohnen den Aggressor und bedeuten für das Opfer eine permanente Hemmung jeglicher Entwicklung.
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Abgesehen davon krankt Kretschmers Vorschlag daran, dass Putins Russland in der Ukraine eine Art „totalen Krieg“ führt, sich schwerster Menschrechtsverletzungen schuldig macht und bislang nicht erkennen lässt, dass er bereits mit den bislang realisierten Eroberungen zufrieden sei. Kretschmer betonte aber, dass die Ukraine keineswegs auf Territorien verzichten solle.
Die Ukrainer treten dafür ein, dass Sie Ihren Kopf in ein Tiefkühlregal stecken.
Replik des abberufenen ukrainischen Botschafters Andrij Melnyk an Kretschmer
Der inzwischen abberufene ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, konnte sich als Reaktion auf Kretschmer einen bitterbösen Kommentar nicht verkneifen: „Die Ukrainer treten dafür ein, dass Sie Ihren Kopf in ein Tiefkühlregal stecken, um Ihre heißen Russland-Fantasien einzufrieren. Ihre ewige Anbiederung an Kriegsverbrecher Putin ist ekelerregend.“
RND/dpa/stu