Geberkonferenz in Paris: Eine Milliarde Euro für die Ukraine
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Außenministerin Annalena Baerbock, die ukrainische First Lady Olena Zelenska, der ukrainische Premierminister Denys Shmyhal, der französische Präsident Emmanuel Macron, die französische Außenministerin Catherine Colonna und die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula Von Der Leyen nehmen an der Solidaritätskonferenz mit dem ukrainischen Volk in Paris teil. Der ukrainische Präsident ist per Videoschalte bei einer Konferenz dabei und spricht über die Hilfe, die sein Land benötigt. (zu dpa: «Generatoren und weitere Hilfe für die Ukraine») Foto: Teresa Suarez/EPA POOL/AP/dpa - Honorarfrei nur für Bezieher des Dienstes dpa-Nachrichten für Kinder +++ dpa-Nachrichten für Kinder +++
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Paris. Harte Monate liegen hinter den Menschen in der Ukraine – und wohl auch vor ihnen. Schwere Wintermonate, in denen Russland weiter versuchen wird, sie zu zermürben, indem es Infrastrukturen für Heizung, Strom und Wasser zerstört. Konkrete Nothilfe für die leidende Bevölkerung in dem Kriegsland zu leisten war das Ziel einer internationalen Geberkonferenz am gestrigen Dienstag in Paris. Russland, dessen militärische Schwäche sich klar offenbarte, wähle die „zynische Strategie“, die Zivilbevölkerung zu terrorisieren, um das Land in die Knie zu zwingen, sagte der Gastgeber, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.
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Ihm zufolge ging es nach vorherigen Konferenzen in Lugano, Warschau und Berlin gestern um „ganz praktische Dinge“ für die Ukrainer. Hilfszusagen im Umfang von rund einer Milliarde Euro wurden gegeben, die vor allem in die Wiederherstellung der Energie- und Wasserversorgung sowie in das Transport- und Gesundheitswesen fließen sollen. Vertreter von insgesamt 46 Ländern und rund 20 internationalen Organisationen sowie der Europäischen Union nahmen an der Konferenz teil, unter ihnen auch die Botschafter Indiens und der Golfstaaten. China hatte niemanden geschickt.
„Geld allein schützt nicht vor dem Erfrieren und Verdursten“
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte den Kauf von 30 Millionen LED-Lampen an, die 88 Prozent effizienter als ältere Lampen seien. „Sie können bis zu einem Gigawatt Elektrizität einsparen, was der Jahresproduktion eines Atomkraftwerks entspricht“, so von der Leyen. Darüber hinaus solle eine Koordinationsplattform für Ukraine-Hilfen unter EU-Regie entstehen und noch in dieser Woche in Polen ein Umschlaglager eingerichtet werden, aus dem Hilfsgüter weitertransportiert werden können. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock sagte dem Kriegsland 50 Millionen Euro als Winterhilfe zu und darüber hinaus technische Unterstützung und Sachspenden. „Geld allein schützt nicht vor dem Erfrieren und Verdursten“, sagte sie.
Während die ukrainische First Lady Olena Selenska und der Premierminister des Landes, Denys Schmyhal, vor Ort in Paris waren, ließ sich Präsident Wolodymyr Selenskyj per Videokonferenz zuschalten. Sein Land benötige unter anderem Transformatoren, Hochspannungsnetze und Gasturbinen, aber auch Strom-Importe aus der EU, sagte er. „Generatoren sind so wichtig geworden wie gepanzerte Fahrzeuge und Schutzwesten.“ Sie ermöglichten den Weiterbetrieb von Krankenhäusern und Unternehmen und den Aufbau von Zelten, in denen Menschen sich aufwärmen und ihre Handys aufladen könnten.
Lage in der Ukraine nach gezielten Angriffen auf Stromnetz „schwierig“
Russische Truppen hatten Odessa in der Nacht zum Samstag mit einer Welle iranischer Kampfdrohnen angegriffen.
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„Wer berät Macron? Macron selbst!“
Am Dienstagnachmittag organisierte Paris eine zweite Konferenz mit 500 französischen Unternehmen, bei der es um den langfristigen Wiederaufbau in der Ukraine ging. Es wird von immensen Kosten ausgegangen. Anna Bjerde, der Vizepräsidentin der Weltbank für Europa und Zentralasien, sprach Anfang September von 350 Milliarden Euro. „Aber das betraf nur die Zeit vom Beginn des Kriegs bis 1. Juni“, sagte sie.
Präsident Macron präsentierte sich bei der gestrigen Gelegenheit zwar als unfehlbarer Unterstützer der Ukraine. Er lobte Selenskyjs Zehn-Punkte-Friedensplan als „exzellente Basis, auf der wir gemeinsam aufbauen werden“ und sagte, Kreml-Chef Wladimir Putin begehe „Kriegsverbrechen, die nicht ungestraft bleiben werden“. Doch vor allem die östlichen EU-Länder warfen dem 44-Jährigen ein doppeltes Spiel vor, da er nicht nur einen Gesprächskanal zu Putin aufrechterhält, sondern ihm immer wieder verbale Brücken baute. Im Juni erntete Macron heftige Kritik auch aus der Ukraine mit der Aussage, man dürfe „Russland nicht demütigen“. Anfang Dezember erwähnte er Sicherheitsgarantien für Moskau „sobald es an den Verhandlungstisch zurückkommt“ und äußerte Verständnis für die Furcht vor einem Naherücken der Nato an seine Grenzen.
„Will jemand einem Terror- und Mörderstaat Sicherheitsgarantien geben?“, fragte Oleksij Danilow, der Sekretär des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrats der Ukraine, zurück. Auch in Frankreich führt dieser diplomatische Zickzack-Kurs teils zu Unverständnis. „Wer berät Macron? Macron selbst!“, sagte Bruno Tertrais, stellvertretender Direktor der Stiftung für strategische Forschung. „Er ist sein eigener Spezialberater.“