Lebenslange Haftstrafe für Ratko Mladic: UN-Kriegsverbrechertribunal bestätigt Urteil
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08.06.2021, Niederlande, Den Haag: Der ehemalige bosnisch-serbische Militärchef Ratko Mladic imitiert Fotografen. Fast 26 Jahre nach dem Völkermord von Srebrenica fällt das UN-Kriegsverbrechertribunal am Dienstag (08.06.2021) das letzte Urteil über Madlic. Madlic wurde 2017 unter anderem bereits wegen des Massakers in Srebrenica zu lebenslanger Haft verurteilt. Foto: Peter Dejong/AP Pool/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
© Quelle: Peter Dejong/AP Pool/AP/dpa
Den Haag. Der serbische Ex-General Ratko Mladic ist wegen des Völkermords von Srebrenica auch in letzter Instanz zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das UN-Kriegsverbrechertribunal bestätigte am Dienstag das Urteil der ersten Instanz.
Der heute 79 Jahre alte Mladic hatte versucht, das 2017 gegen ihn ergangene Urteil in einem Berufungsverfahren aufheben zu lassen und einen Freispruch zu erzielen. Er wird nun den Rest seines Lebens in Haft verbringen.
Mladic ist laut dem Urteil unter anderem verantwortlich für die Ermordung von rund 8000 Muslimen in Srebrenica und die dreijährige blutige Belagerung Sarajevos.
Der 78-Jährige ist einer der Hauptschuldigen der Gräueltaten im Bosnienkrieg (1992-1995) und ist bekannt als „Schlächter vom Balkan“. Er wurde für Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermords verurteilt. Zu seinen Verbrechen zählen die jahrelange Belagerung Sarajevos mit mehr als 10.000 Toten, die Verfolgung und Vertreibung von bosnischen Muslimen und Kroaten, die sogenannten ethnischen Säuberungen sowie der Völkermord von Srebrenica.
Massaker von Srebrenica
Serbische Einheiten hatten unter der Führung von Mladic im Juli 1995 die UN-Schutzzone Srebrenica überrannt und anschließend mehr als 8000 bosnisch-muslimische Männer und Jungen ermordet. Die niederländische Blauhelme Dutchbat und Nato-Einheiten boten keinen Widerstand.
Das Massaker gilt als schlimmstes Kriegsverbrechen seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa. Im März 2019 war bereits der politische Gefährte des Ex-Generals, Serbenführer Radovan Karadzic (75), im Berufungsverfahren zu lebenslanger Haft verurteilt worden - auch für den Völkermord von Srebrenica.
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08.06.2021, Bosnien-Herzegowina, Potocari: Eine Frau geht zwischen Gräbern der Opfer des Massakers von Srebrenica auf dem Gedenkfriedhof nahe Srebrenica.
© Quelle: Darko Bandic/AP/dpa
Geteilte Reaktionen in Bosnien
Im Rathaus von Sarajevo wurde die Urteilsverkündung für die Öffentlichkeit live übertragen. Als das Urteil gesprochen wurde, applaudierte das Publikum, wie das Nachrichtenportal „ba.n1info.com“ berichtete.
Im Gedenkzentrum von Potocari bei Srebrenica fand ebenfalls eine öffentliche Übertragung des Urteils statt. Unter den Teilnehmern waren vor allem Angehörige jener Menschen, die beim Massaker von Srebrenica im Juli 1995 von den Truppen Mladic‘ getötet worden waren. Unter anderem wurde der Ex-General für dieses Genozidverbrechen verurteilt. In bedrückender Atmosphäre hörten die Anwesenden der Urteilsverkündung ruhig zu, viele mit Tränen in den Augen, wie das Portal „klix.ba“ schrieb.
Der Vorsitzende der bosniakischen Regierungspartei SDA, Bakir Izetbegovic, sagte in Sarajevo: „Dieses Urteil möge dem serbischen Volk dabei helfen, sich von der Last zu befreien, die ihm von denen auferlegt wird, die in seinem Namen Kriegsverbrecher ehren, feiern und ihre Verbrechen leugnen.“
Der bosnisch-serbische Spitzenpolitiker Dodik bezeichnete den vom Haager Tribunal festgestellten Völkermord in Srebrenica als „Mythos“, der „nicht stattgefunden“ habe. Mladic seien die ihm zur Last gelegten Verbrechen „nicht nachgewiesen“ worden. Ohne seine Führung und seinen Geist hätte das serbische Volk noch mehr gelitten. Dodik ist der alles bestimmende Politiker im serbischen Landesteils Bosniens und serbisches Mitglied des bosnischen Staatspräsidiums.
Zu Beginn der Urteilsverkündung schnitt Mladic im dunklen Anzug und blauen Schlips noch Grimassen im Gerichtssaal. Doch während der Verlesung des Urteils blieb er meist unbewegt und schüttelte nur ab und zu den Kopf. Mladic hatte Freispruch gefordert. Er war erst 2011, also 16 Jahre nach Ende des Krieges, gefasst und dem Tribunal übergeben worden.
RND/dpa/AP