Merkel verteidigt Schröders „Agenda 2010“
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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).
© Quelle: imago
Stralsund/Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Forderungen ihres SPD-Herausforderers Martin Schulz nach einer teilweisen Rücknahme der „Agenda 2010“ zurückgewiesen. Das Festhalten an den Arbeitsmarktreformen sei eine Grundvoraussetzung für weiteren wirtschaftlichen Erfolg und sozialen Ausgleich in Deutschland, sagte sie am Sonnabend in Stralsund in ihrer ersten öffentlichen Reaktion auf den Vorstoß von Schulz. Und sie lobte ihren Vorgänger Gerhard Schröder (SPD): Die Erfolge ihrer knapp zwölfjährigen Amtszeit gingen auch auf seine Reformen zurück.
Mecklenburg-Vorpommerns CDU-Landeschef, Lorenz Caffier, griff Schulz frontal an. Die Reform der "Agenda"-Reformen sei "ein Treppenwitz der Geschichte" und gefährde die wirtschaftliche Entwicklung, sagte er. Schulz will, dass Arbeitslose länger als bisher Arbeitslosengeld I erhalten und Arbeitsverträge nur noch bei sachlicher Begründung befristet werden dürfen. In Umfragen zur Bundestagswahl im September liegt die SPD inzwischen erstmals seit mehr als zehn Jahren wieder knapp vor der CDU.
Auch Söder nimmt Schröders Reformen in Schutz
Merkel hob hervor, dass die Arbeitsmarktreformen von den Sozialdemokraten mit auf den Weg gebracht worden seien. „Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder hat sich mit der ’Agenda 2010’ um Deutschland verdient gemacht“, betonte die CDU-Vorsitzende in Stralsund. Den Namen ihres Herausforderers Schulz nannte sie in ihrer halbstündigen Rede allerdings nicht.
Auch Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) nahm Schröders Reformen in Schutz. „Die "Agenda 2010" war ein Erfolg“, sagte der CSU-Politiker der „Welt am Sonntag“. „Nur weil der neue Kandidat Gewerkschaftsrhetorik betreibt, heißt es nicht, dass wir der SPD hinterherlaufen müssen.“ Doch auch die Union müsse finanziell etwas für die Wähler tun. „Dazu gehört die Entlastung kleinerer und mittlerer Einkommen, die Abschaffung der kalten Progression und die klare Botschaft, den Soli abzuschaffen“, erklärte Söder.
Merkel sagte, für die CDU gehörten wirtschaftlicher Erfolg, wirtschaftliche Tatkraft und sozialer Ausgleich zusammen. „Die Christlich-Demokratische Union ist die Partei, die gleichermaßen sagt, wir müssen uns überlegen, wie etwas erwirtschaftet wird, wie überhaupt Steuereinnahmen beim Staat ankommen und gleichzeitig überlegen, wie wir sie gerecht verteilen.“ Den Parteien links von der Union warf sie vor, einen Wettbewerb darum zu führen, was alles verteilt werden könne.
Kiping erneuert ihr Angebot an die SPD
Linken-Chefin Katja Kipping erneuerte die Forderung ihrer Partei, die SPD solle schon jetzt mit einer rechnerischen Mehrheit links von der Union im Bundestag die „Agenda 2010“ kippen. Die SPD hat jedoch betont, dass die große Koalition fortgesetzt werde und damit einen Koalitionsbruch vor der Bundestagswahl ausgeschlossen. „Die Agenda 2010 kann abgewählt werden – und zwar sofort“, sagte Kipping der Deutschen Presse-Agentur. „Ich fordere Martin Schulz auf, gemeinsam mit der Linken das Kündigungsschreiben für die unwürdigen Hartz-IV-Sanktionen im Land aufzusetzen.“
Mehrere Grünen-Politiker forderten einen Anspruch auf Arbeitslosengeld schon nach vier Monaten Beschäftigung. Danach sollten zwei Monate Arbeitslosengeld I gewährt werden, heißt es in einem am Samstag veröffentlichten Arbeitsmarkt-Papier. Bisher hat ein Arbeitnehmer erst nach zwölf Monaten Beschäftigung Anspruch auf dann sechs Monate ALG I. Die Änderung käme Beschäftigten zugute, die nur kurzfristige Arbeitsverträge bekommen und deshalb zwar Beiträge zahlen müssen, aber keinen Anspruch haben.
Von dpa/RND