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Flugzeugabschuss mit vielen australischen Todesopfern

Australiens Außenministerin nach MH17-Urteil: Putin gewährt „Mördern Unterschlupf“

Australiens Außenministerin Penny Wong.

Australiens Außenministerin Penny Wong.

Sydney. Lebenslange Haft für die Männer, die den Abschuss des Passagierfluges MH17 im Jahr 2014 zu verantworten haben – das Urteil, das am Donnerstag in den Niederlanden gefallen ist, hat in Australien viele Menschen aufgewühlt. Als vor acht Jahren eine in Russland hergestellte Buk-Rakete eine Malaysia-Airlines-Maschine auf dem Weg von Amsterdam nach Kuala Lumpur traf, waren unter den 298 Opfern auch 38 Australier und Australierinnen.

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Die australische Außenministerin Penny Wong fand nach der Urteilsverkündung sehr deutliche Worte und schickte dabei auch eine direkte Botschaft nach Moskau. Zunächst betonte sie, dass das niederländische Gericht nun „die Wahrheit“ geliefert habe. Dies sei wichtig, auch wenn dies kaum die Trauer der Angehörigen lindern könne, die einen geliebten Menschen unter solch schrecklichen Umständen verloren hätten. Im Interview mit Radio National richtete sie dann aber auch direkte Worte an den russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Nachdem sich die drei Männer, die des Mordes schuldig gesprochen wurden, offensichtlich in Russland befinden und damit ihrer Strafe zu entgehen scheinen, beschuldigte sie ihn, „Mördern Unterschlupf zu gewähren“. Die Welt werde das Gerichtsurteil, wonach Russland und seine Staatsangehörigen für den Abschuss von MH17 verantwortlich seien, nicht vergessen, so die Ministerin.

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„Russland für Handlungen zur Rechenschaft ziehen“

Das niederländische Gericht hat die Russen Igor Girkin und Sergey Dubinskiy sowie den Ukrainer Leonid Kharchenko für schuldig befunden, das Flugzeug zum Absturz gebracht und alle an Bord ermordet zu haben. Ein weiterer Angeklagter war freigesprochen worden. Wong sagte, dass mit dem Urteil nun auch die Beteiligung Russlands an dem Abschuss erwiesen sei. Es sei bestätigt, dass die Separatisten Anweisungen von Russland hatten und Russland Ausbildung, Waffen und Geld lieferte. „Wir möchten Russland sagen: Die Welt weiß, dass Sie Mördern Unterschlupf gewähren, und das sagt etwas über Sie aus, Herr Putin“, so Wong.

View of the reconstructed wreckage of Malaysia Airlines Flight MH17, at the Gilze-Rijen Airbase, southern Netherlands, Wednesday, May 26, 2021. (AP Photo/Peter Dejong, Pool)

Todesflug MH17: Mindestens eine Frage bleibt auch nach dem Urteil unbeantwortet

Am 17. Juli 2014 starben 298 Menschen, darunter 80 Kinder, beim Abschuss des zivilen Flugs MH17 über der Ostukraine. Mehr als acht Jahre danach hat ein niederländisches Gericht Urteile gegen vier Angeklagte aus Russland und der Ukraine gefällt. Es wird die Hinterbliebenen zumindest in Teilen enttäuschen.

Die Welt wisse, dass die drei Männer 298 Menschen ermordet hätten und dass sie auf der Interpol-Liste bleiben würden. Die Außenministerin betonte, dass Australien weiterhin Druck auf Russland ausüben und mit der internationalen Gemeinschaft zusammenarbeiten werde, um „Russland für alle seine Handlungen zur Rechenschaft zu ziehen“.

Ganze Familien ausgelöscht

In Australien wurde die Debatte um den Abschuss von MH17 von Anfang an äußerst emotional geführt. Neben den Niederlanden zählte das Land mit 38 Opfern die meisten Toten. Ganze Familien wurden ausgelöscht. Der damalige Regierungschef Tony Abbott drängte bereits in den Tagen nach der Tragödie auf eine internationale Untersuchung. Abbott betonte schon damals gegenüber dem staatlichen australischen Sender ABC, dass Russland sich seine Hände nicht von der MH17-Tragödie „reinwaschen“ könne.

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Australiens Bevölkerung litt in den Monaten nach dem Unglück besonders mit den Familien der Opfer mit. Vor allem das Schicksal der Familie von Anthony Maslin und Rin Norris, die beim Abschuss des Fliegers drei Kinder und den Großvater verloren, bewegte die Menschen. Die Familie aus Perth in Westaustralien hatte zusammen Urlaub in Amsterdam gemacht. Der Großvater Nick Norris wollte die drei Kinder Mo (12), Evie (10) und Otis (8) Maslin auf dem Flug zurück nach Hause begleiten, damit die Kinder pünktlich nach den Ferien in die Schule kämen. Die Eltern wollten dagegen noch ein paar Tage allein in Europa bleiben. Sie verpassten so den Unglücksflug.

Familie appellierte für Frieden

Maslin und Norris machten vor allem in den Wochen nach dem Unglück internationale Schlagzeilen, da sie einen emotionalen Brief veröffentlichten, in dem sie ihre eigene Trauer zum Ausdruck brachten, gleichzeitig aber auch um Frieden baten. Ihr Leben sei eine „Hölle noch jenseits der Hölle“, schrieben die beiden damals. Niemand verdiene, was sie gerade durchmachten, nicht einmal die Menschen, die ihre Familie aus dem Himmel geschossen hätten.

Kein Hass in der Welt sei jedoch so stark wie die Liebe, die sie für ihre Kinder und den Großvater empfänden oder die Liebe, die sie beide verbände. Danach schrieben die Australier Worte, die heute besondere Bedeutung erhalten haben: Denn sie machten klar, dass sie sich Frieden wünschten und keine Kriegshandlungen, keinen militärischen Eingriff oder ähnliches, das noch mehr Leid und Horror verursachen würde.

Das MH17-Gedenkmonument in Vijfhuizen.

Das MH17-Gedenkmonument in Vijfhuizen.

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Besonders viel Wirbel verursachte in Australien auch ein 17-minütiges Video, das im Juli 2015 dem australischen Medienunternehmen News Corp zugespielt wurde. Es zeigte die erschütternden Szenen nach dem Absturz – brennende Flugzeugteile, Rauch und prorussische Separatisten, die Gepäckstücke durchwühlten. In dem Video, das das Medienunternehmen an die offizielle, internationale Untersuchungskommission weiterreichte, schienen die Rebellen zunächst zu glauben, dass sie einen ukrainischen Kampfjet abgeschossen hätten. Die folgenden Minuten zeigten jedoch, wie die Männer erkannten, dass es sich statt um einen Kampfjet um ein viel größeres Flugzeug handelte – einen Linienflug mit vielen toten Zivilistinnen und Zivilisten.

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