Nato-Gipfel in Brüssel – ein Neubeginn mit Biden?
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/EO5AZAGE6BCBRIMEIKCGE2MGDA.jpg)
David McAllister, Vorsitzender des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten des Europäischen Parlaments, aufgenommen bei einem Doorstep vor einer Arbeitssitzung der Außenminister und Außenministerinnnen.
© Quelle: imago images/photothek
Brüssel. Vor dem Nato-Gipfel am Montag in Brüssel werden Forderungen laut, dass Europa mehr Engagement für das Militärbündnis zeigen muss. „Auf europäischer Seite geht es darum, mehr Verantwortung innerhalb und außerhalb der Nato zu tragen“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament, David McAllister (CDU), dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
„Es geht darum, ein glaubwürdiger globaler Akteur für kollektive Sicherheit und Frieden in der Welt zu bleiben“, so der frühere niedersächsische Ministerpräsident. Das erste Treffen der Staats- und Regierungschefs der 30 Nato-Mitgliedsstaaten nach den turbulenten Jahren mit Donald Trump als US-Präsident soll einen Neubeginn für die Militärallianz markieren.
McAllister zeigte sich erleichtert, dass es für die Nato nun leichter werde: „Die transatlantische Partnerschaft profitiert von der neuen US-Administration, die eine verlässliche Außenpolitik betreibt.“ Das werde allerdings auch den Europäern mehr abverlangen, sagte McAllister und warnte: „Alle Aktivitäten in der gemeinsamen Verteidigungs- und Sicherheitspolitik der EU müssen die transatlantische Zusammenarbeit und die Nato stärken und dürfen sie auf keinen Fall untergraben.“
Nato soll künftig mehr Militäroperationen gemeinsam finanzieren
So will Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Montag unter anderem vorschlagen, dass die Alliierten künftig mehr Militäroperationen gemeinsam finanzieren sollen. Dagegen hat Frankreich jedoch bereits Bedenken angemeldet. Paris fürchtet, dass dann Geld für Einsätze unter nationalem Kommando fehlen könnte.
Im Vergleich zu den polternden Auftritten Trumps bei der Nato in den vergangenen Jahren dürfte der neue US-Präsident Joe Biden in Brüssel herzlich empfangen werden. Es wurde jedenfalls erwartet, dass die Gesprächsatmosphäre deutlich besser sein wird als zu Trumps Zeiten.
Allerdings rechnen Nato-Diplomaten damit, dass Biden, ähnlich wie viele seiner Amtsvorgänger seit dem Ende des Kalten Krieges, die Bündnispartner auffordern wird, noch mehr Geld für die Verteidigung aufzubringen. Vorsorglich erklärte Nato-Generalsekretär Stoltenberg bereits am Freitag, dass die 30 Nato-Staaten ihre Verteidigungsbudgets bis Ende dieses Jahres um 260 Milliarden US-Dollar im Vergleich zum Jahr 2014 erhöhen würden.
McAllister: „Nato könnte sich zu einer wichtigen politischen Plattform entwickeln“
Nach Ansicht des Europapolitikers McAllister soll die Nato im 73. Jahr nach ihrer Gründung auch politischer werden, um Europa und Nordamerika noch stärker zusammenzubringen. „Die Nato könnte sich zu einer wichtigen politischen Plattform entwickeln“, sagte der CDU-Europaabgeordnete. Das würde dazu beitragen, „die Positionen der Bündnispartner im Hinblick auf die Auswirkungen eines wirtschaftlich, technologisch und militärisch aufstrebenden Chinas zu vereinen“.
In einem neuen strategischen Konzept will die Nato erstmals in ihrer Geschichte die militärischen Muskelspiele Chinas als eine Herausforderung für das Bündnis festschreiben. „Bislang wurde zwar im Hintergrund über China geredet, aber das Thema stand noch nie offiziell auf der Tagesordnung“, sagte ein Nato-Diplomat. Das neue strategische Konzept soll bis zum Nato-Gipfel im kommenden Jahr fertig sein.
Dazu gehört auch der Plan, dass sich die Nato in Zukunft stärker außerhalb des transatlantischen Raums engagieren will. „Die Nato sollte eine globale Denkweise annehmen“, sagte McAllister: „Dabei geht es um engere Partnerschaften mit gleichgesinnten Ländern und Demokratien, so beispielsweise mit Australien, Japan und Indien.“ Die Nato-Partner hätten ein gemeinsames Interesse an einem stabilen indopazifischen Raum.
Strategie für die Abwehr von Cyberangriffen
Auch will die Nato eine neue Strategie für die Abwehr von Cyberangriffen beschließen. Ziel sei es, dafür zu sorgen, dass man über starke technische Fähigkeiten sowie geeignete militärische Planungen und politische Konsultationen verfüge, sagte Stoltenberg. Es solle anerkannt werden, dass der Cyberraum umkämpft sei.
Als Beispiele für solche Attacken gelten die Hackerangriffe auf den Deutschen Bundestag und das Datennetzwerk des Bundes. Im Nato-Hauptquartier in Brüssel werden vor allem russische Cyberaktivitäten mit großer Sorge gesehen. Seit der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim im Jahr 2014 sind die Beziehungen zwischen der Nato und Russland auf einem Tiefpunkt angelangt.