Patriotin mit Showerfahrung: Mordaunt will auf Boris Johnson folgen
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Penny Mordaunt (links) lächelt bei der Vorstellung ihrer Kampagne für ihre Bewerbung um den Vorsitz der Konservativen Partei.
© Quelle: Stefan Rousseau/PA Wire/dpa
Wehende Union Jacks, getragene Musik und die tiefe Stimme eines Sprechers, der auf Werte und Traditionen der Britinnen und Briten verweist. Während Penelope „Penny“ Mordaunts Kandidatenvideo in den sozialen Medien wegen seiner klischeehaften Bildsprache verspottet wird, spricht es die Herzen der Tory-Mitglieder an. Eine Abgeordnete, die die Kampagne der 49-Jährigen unterstützt, sagte: „Unterschätze niemals die Macht des Patriotismus in unserer Partei.“
Nach dem Rücktritt Boris Johnsons als Parteichef hat die Suche einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin begonnen. Am Donnerstag waren noch fünf Kandidaten im Rennen. Während der frühere Finanzminister Rishi Sunak am Donnerstag in der zweiten Wahlrunde die meisten Unterstützenden unter den Abgeordneten erhielt, liegt die eher unbekannte 49-jährige Handelsstaatssekretärin Mordaunt bei der Basis der Partei weit vorn und rollt das Feld damit gewissermaßen von hinten auf.
Mordaunt hat für eine Tory einen ungewöhnlichen Lebenslauf. Während viele Abgeordnete der konservativen Partei Schüler von elitären Privatschulen waren, besuchte sie als Tochter eines Lehrerpaares eine Gesamtschule in Torquay, einer Küstenstadt im Südosten Englands. Ihre Mutter starb an Krebs, als sie 15 Jahre alt war. Kurze Zeit später wurde bei ihrem Vater ebenfalls Krebs diagnostiziert, er wurde jedoch wieder gesund. Mordaunt musste jedoch schnell auf eigenen Beinen stehen.
Nach der Schule und ihrem Abschluss in Philosophie an der University of Reading in Berkshire hatte die heute 49-Jährige einige Jobs: So arbeitete sie unter anderem als Gehilfin eines Zauberers, war in der Öffentlichkeitsarbeit und im Wohltätigkeitsbereich tätig, war Teil des Wahlkampfteams des früheren US-Präsidenten George W. Bush und gründete ein Medienunternehmen, das sie verkaufte. Seit 2010 ist sie Abgeordnete für einen Wahlkreis in Portsmouth im Süden Englands.
Mordaunt nimmt an Schwimmshow „Splash!“ teil
Größere Bekanntheit erlangte Mordaunt auch durch ihre Teilnahme an der zweiten Staffel der Schwimmshow „Splash!“ des britischen Fernsehsenders ITV. Hier musste sie vor einer Jury Sprünge ins kühle Nass vollführen. Dass sie sich dabei selbstverständlich auch im Badeanzug zeigte, erregte durchaus Aufmerksamkeit. Unvergessen ist außerdem eine Rede im Parlament, in welcher sie nach einer verlorenen Wette mit anzüglichem Vokabular über das Tierwohl von Geflügel sprach.
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Der britische Premier tritt ab, das Verfahren für seine Nachfolge läuft. Am Mittwochabend fielen erste Entscheidungen.
© Quelle: Reuters
Als Mitglied der britischen Regierung fungierte sie unter anderem als Ministerin für Frauen und Gleichstellung, bevor sie 2019 unter Theresa May zur Verteidigungsministerin ernannt wurde, als erste Frau in Großbritannien überhaupt. Die Nähe zum Militär liegt in der Familie: Ihr Vater war Fallschirmjäger. Sie selbst ist Reservistin der Marine. Schließlich hatte Mordaunt ihre Position jedoch nur 85 Tage lang inne. Abgesetzt wurde sie von Mays Nachfolger Boris Johnson, weil er sie als talentierte Politikerin und damit Konkurrentin ausschalten wollte, wie Beobachterinnen und Beobachter vermuten.
Was ein Karriereknick war, kommt der 49-Jährigen im Kampf um die Parteiführung nun zugute. Denn sie wird durch ihren Posten auf der mittleren Ebene nicht mit der skandalträchtigen Regierung Johnsons in Verbindung gebracht.
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Der Ausflug ins Irreale hat jetzt ein Ende
Lockdown? Lügen? Sexaffären? Die Krise Großbritanniens besteht aus weit mehr als einer Addition diverser Peinlichkeiten. Der zentrale Skandal ist ein anderer: Nie sind die Briten und Britinnen in ihrer langen und stolzen Geschichte von einem Premierminister so belogen und betrogen worden wie durch Boris Johnson und seine Brexitpolitik, kommentiert Matthias Koch.
Durch ihr Profil verbindet sie verschiedene Strömungen der Partei. So war sie zwar von Anfang an für den Brexit, setzt sich aber auch für die Rechte von LGBT-Personen ein. Ihre bodenständige Herkunft und ihre militärische Karriere sprechen überdies die Basis der Partei an, diejenigen also, die am Ende entscheiden, wer die Führung übernimmt.
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