Plan „Hera Incubator“: So will von der Leyen die Corona-Mutationen bekämpfen

Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, spricht während einer Pressekonferenz im EU-Hauptquartier. Von der Leyen hat einen Aktionsplan im Kampf gegen die gefürchteten Varianten des Coronavirus vorgelegt.

Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, spricht während einer Pressekonferenz im EU-Hauptquartier. Von der Leyen hat einen Aktionsplan im Kampf gegen die gefürchteten Varianten des Coronavirus vorgelegt.

Brüssel. Im Kampf gegen die Coronavirus-Mutationen setzt EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf eine verstärkte Zusammenarbeit von Industrie, Wissenschaft und öffentlicher Hand in Europa. Ziel sei es, rasch angepasste Impfstoffe gegen die mutierten Viren in großen Mengen zur Verfügung zu haben. „Neue Varianten des Virus entwickeln sich schnell, aber wir müssen in unserer Reaktion noch schneller sein“, sagte von der Leyen am Mittwoch in Brüssel. Die Chefin der größten EU-Behörde wollte damit nach Wochen der harschen Kritik an ihrem Vorgehen in der Pandemie wieder in die Offensive kommen.

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Konkret schlägt die EU-Kommission einen Fünfpunkteplan vor, der „Hera Incubator“ genannt wird und als Vorstufe einer EU-Behörde gegen biologische Gefahren gedacht ist: Mutierte Viren sollen durch mehr Genomsequenzierung schneller als bisher entdeckt werden. Die vorhandenen Impfstoffe sollen so schnell wie möglich an die Virusvarianten angepasst werden. Es soll ein europäisches Netzwerk für klinische Tests gegründet werden, um schneller Informationen austauschen zu können. Auch sollen die an die Mutationen angepassten Impfstoffe von der europäischen Arzneimittelbehörde EMA schneller zugelassen werden.

EU will Produktionskapazitäten ausbauen

Schließlich sollen die Produktionskapazitäten für Impfstoffe ausgebaut werden, um Europa langfristig auf diesem Gebiet autark zu machen. Eine Arbeitsgruppe unter Leitung von EU-Industriekommissar Thierry Breton soll die Industrie vernetzen. Breton sagte in Brüssel, es gebe in der EU 16 Produktionsstätten für Impfstoffe und zusätzlich etwa 50 Unternehmen, die Impfstoffe abfüllen könnten. Man wolle den Zeitraum für den Produktionsausbau von 18 auf vier bis fünf Monate verkürzen, kündigte Breton an.

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Für das Programm, dem die Staats- und Regierungschefs der EU noch zustimmen müssen, will die Kommission mindestens 225 Millionen Euro einsetzen – 150 Millionen für die Erforschung der Virusmutationen und 75 Millionen, um die Genomsequenzierung zu beschleunigen. Ziel sei es, so viele positive Corona-Tests wie möglich auf Mutanten zu untersuchen.

Derzeit unterscheidet sich die Zahl dieser Untersuchungen von Mitgliedsstaat zu Mitgliedsstaat. Nur ein EU-Land untersucht nach Angaben der Brüsseler Behörde mehr als 10 Prozent der positiven Tests auf die Virusvarianten.

Von der Leyen spricht von „Lernprozess“

Auf ihrer ersten Pressekonferenz seit Wochen sagte von der Leyen, dass mit dem neuen Programm Lehren aus den Fehlern der Vergangenheit gezogen werden sollen. Vor allem in Deutschland war die CDU-Politikerin heftig kritisiert worden, weil die Impfstoffe derzeit noch sehr knapp sind.

Von der Leyen sprach von einem „Lernprozess“, den angesichts der gewaltigen Krise alle Beteiligten gemacht hätten. Vor einer Woche hatte die EU-Kommissionspräsidentin im Europaparlament bereits eingeräumt: „Wir waren spät dran bei der Zulassung. Wir waren zu optimistisch bei der Massenproduktion. Und vielleicht waren wir uns zu sicher, dass das Bestellte auch tatsächlich pünktlich geliefert wird.“

Indirekt kritisierte von der Leyen Deutschland und andere Staaten, weil sie – wie im Frühjahr vor einem Jahr – wieder Grenzkontrollen eingeführt und Einreiseverbote erlassen haben. „Wenn man in der Krise schaut, wo sind die größten Schwierigkeiten, dann, wenn wir uns an die gemeinsamen Beschlüsse nicht halten“, sagte die Politikerin aus Niedersachsen: „Das Virus hat uns gelehrt, dass es durch geschlossene Grenzen nicht aufgehalten wird.“

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Sozialdemokraten und Grüne werfen EU-Kommission Naivität vor

Derzeit hätten neun Staaten Maßnahmen an den Grenzen ergriffen, sagte von der Leyen. Darunter ist auch Deutschland, das am Wochenende schärfere Einreiseregeln an den Grenzen zu Tschechien und Tirol eingeführt hatte. Zu Wochenbeginn gab es teils kilometerlange Staus. Eigentlich hatten sich die EU-Staaten jüngst auf ein gemeinsames Vorgehen geeinigt.

Im Europaparlament wurde das neue EU-Programm unterschiedlich bewertet. Die konservative Europäische Volkspartei, der von der Leyen angehört, begrüßte die Vorschläge. Dagegen kritisierten Sozialdemokraten und Grüne, dass die Kommission zu naiv vorgehe. Die Behörde dürfe sich nicht darauf verlassen, dass die Industrie etwa Patente freiwillig an Konkurrenten weitergeben werden. Notfalls müsse das zur Pflicht werden. Davon sei aber in den Vorschlägen der Kommission nicht die Rede.

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