Propalästinensische Proteste in Berlin: Demonstranten schlagen auf Polizisten ein
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Demonstration unter dem Motto Freiheit für Palästina in Neukölln mit Start am Kottbusser Tor zur Solidarität mit Palästinensern im jüngsten Nahostkonflikt. Demonstration unter dem Motto Freiheit für Palästina in Neukölln mit Start am Kottbusser Tor zur Solidarität mit Palästinensern im jüngsten Nahostkonflikt. Aktuelles, News, Berlin *** Demonstration under the motto Freedom for Palestine in Neukölln with start at Kottbusser Tor in solidarity with Palestinians in the recent Middle East conflict Demonstration under the motto Freedom for Palestine in Neukölln with start at Kottbusser Tor in solidarity with Palestinians in the recent Middle East conflict Current, News, Berlin
© Quelle: imago images/Jürgen Held
Berlin. Bei einer propalästinensischen Demonstration in Berlin mit nach Polizeiangaben rund 3500 Teilnehmern ist es am Samstag zu massiven Ausschreitungen gekommen. Aus den Reihen der Demonstranten, die sich angesichts der Gewalteskalation im Nahen Osten zu dem Protest versammelt hatten, wurden Steine und Flaschen auf die Polizei geschleudert, auch Feuerwerkskörper flogen gegen die Sicherheitskräfte.
Demonstranten schlugen auf Polizisten ein. Die Polizei setzte Pfefferspray ein. Ob Demonstrationsteilnehmer festgenommen wurde, konnte ein Polizeisprecher zunächst nicht bestätigen.
Die Polizei hatte den Protest wegen des Verstoßes gegen die Corona-Hygieneregeln für aufgelöst erklärt. Da sich Demonstrationsteilnehmer nicht an die Anordnung hielten, schritten die Beamten auf der Sonnenallee in Neukölln gegen sie ein. Aus der Demonstration wurden Rufe wie „Kindermörder Israel“, „Frauenmörder Israel“ und „Free Palestine“ laut.
Zuvor war eine andere Demonstration mit rund 120 Teilnehmern vom Hermannplatz zum Rathaus Neukölln friedlich verlaufen. Gefordert wurde in einem Aufruf der Kampf für „ein freies Palästina, vom Jordan bis zum Mittelmeer“, also auf dem heutigen Staatsgebiet Israels. Insgesamt waren 360 Polizisten im Einsatz.
Aufgeheizte Stimmung in Leipzig
Auch in Hamburg solidarisierten sich rund 120 Demonstranten mit den Palästinensern. Auf Transparenten wurden Parolen und die Landkarte Palästinas gezeigt, Palästina-Flaggen wurden geschwenkt. Die Polizei war mit starken Kräften am Gänsemarkt im Einsatz, um mögliche Konflikte zu verhindern. Die Kundgebung verlief am Nachmittag ebenfalls friedlich.
In der Leipziger Innenstadt sind mehrere hundert Menschen auf die Straße gegangen. Nach Angaben der Polizei nahmen an einer „Pro-Palästina“-Demonstration zeitweise bis zu 500 Menschen teil. Ihnen standen den Schätzungen zufolge etwa 200 Teilnehmer einer Kundgebung „Pro Israel“ gegenüber. Anfangs sei die Stimmung kurz aufgeheizt gewesen, zwischen beiden Seiten hätten sich einige Demonstranten Wortgefechte geliefert, sagte ein Polizeisprecher. Die Situation sei aber nicht weiter eskaliert und habe sich beruhigt.
Begleitet von einem massiven Polizeiaufgebot haben in Hannover am Samstag unterschiedliche Gruppen auf die militärische Eskalation im israelisch-palästinensischen Konflikt aufmerksam gemacht. An den Veranstaltungen in verschiedenen Stadtteilen nahmen laut Polizei bis zum Nachmittag insgesamt zunächst etwa rund 800 Personen teil. Ein Polizeisprecher beschrieb die Lage als ruhig. Am Abend sollte es eine abschließende Bilanz geben. In der Innenstadt war die Polizei mit starken Kräften präsent. Auch Wasserwerfer parkten in der Nähe der Veranstaltungsorte.
Tumultartige Szenen in Stuttgart
Bei einer propalästinensischen Kundgebung in Stuttgart ist es nach Angaben der Polizei am Samstag zu tumultartigen Szenen gekommen. Verletzte habe es nicht gegeben, sagte ein Polizeisprecher. Es seien deutlich mehr Menschen als die angemeldeten 50 gekommen, zugleich habe es auch Gegendemonstranten gegeben. Dabei habe es sowohl Konflikte zwischen den verschiedenen Demonstrantengruppen also auch mit der Polizei gegeben.
Auch in Freiburg sprach die Polizei von teils aufgeheizter Stimmung bei einer ebenfalls von der Initiative „Palästina spricht“ organisierten Kundgebung mit bis zu 600 Teilnehmern. Dort wurden auch Transparente mit provozierendem – aber nicht strafrechtlich relevantem – Inhalt gezeigt. Sowohl der Versammlungsleiter als auch die Polizei hätten die Teilnehmer dazu gebracht, dies zu unterlassen, hieß es.
Zuvor waren auf demselben Platz Gottesdienste der jüdischen Gemeinde abgehalten worden. Dabei beleidigte ein 17-Jähriger einen Mann jüdischen Glaubens, wie die Polizei mitteilte. Gegen den Jugendlichen wurde ein Strafverfahren eingeleitet.
Israel-Flaggen angezündet
Viele Demonstranten verurteilten die Militäraktionen Israels im Gaza- Streifen und forderten eine Ende der „Unterdrückung des Palästinensischen Volkes“. Am Hauptbahnhof gab es eine Kundgebung unter der Motto „Gegen jeden Antisemitismus - Solidarität mit Israel“. Eine andere Demonstration wandte sich laut Polizei gegen die „Angriffe der Türkei auf Südkurdistan“. In Hildesheim nahmen rund 130 Demonstranten an einer Versammlung mit dem Thema „Krieg in Israel“ teil. Die Veranstaltung sei grundsätzlich friedlich und störungsfrei abgelaufen, so die Polizei.
Die evangelische und die katholische Kirche in Berlin und Brandenburg verurteilten unterdessen Angriffe auf jüdische Einrichtungen in Deutschland als „unerträglich“. Es sei nicht hinnehmbar, dass Synagogen und jüdische Einrichtungen bedroht, verunglimpft und angegriffen würden, erklärten der evangelische Landesbischof Christian Stäblein und der katholische Erzbischof Heiner Koch gemeinsam.
Nach der gewaltsamen Eskalation des Konflikts zwischen Israel und der palästinensischen Hamas hatte es in mehreren Städten in Deutschland antisemitische und anti-israelische Demonstrationen gegeben. Dabei wurden Israel-Flaggen angezündet, in Gelsenkirchen marschierten 180 Menschen vom Bahnhofsvorplatz in Richtung Synagoge und skandierten antisemitische Parolen.
Proteste auch international
Auch international gibt es weiter Proteste: Tausende Menschen haben am Samstag in London gegen die Luftangriffe der israelischen Armee auf Gaza demonstriert. Organisiert wurde der Protestmarsch durch den Hyde-Park in der Londoner Innenstadt von verschiedenen pro-palästinensischen Organisationen wie der „Palestine Solidarity Campaign“, „Friends of Al-Aqsa“, der „Stop The War Coalition“ und der „Muslim Association of Britain“.
Viele Teilnehmer trugen Palästina-Fahnen und „Free Palestine“-Banner. Ein Sprecher der Gruppe forderte die britische Regierung auf, ihre militärische, diplomatische und finanzielle Unterstützung für Israel umgehend einzustellen.
Als Redner wurde unter anderen der ehemalige Chef der Labour-Partei, Jeremy Corbyn, erwartet. Der 71-Jährige, der für den Londoner Wahlkreis North Islington im Parlament sitzt, ist derzeit aus der Fraktion seiner Partei ausgeschlossen, während eine Untersuchung zu Antisemitismus in der Partei unter seiner Führung (2015 bis 2020) läuft.
Corbyn war wegen seiner als einseitig wahrgenommenen Unterstützung für die Palästinenser in der Vergangenheit auch selbst antisemitischer Tendenzen bezichtigt worden, hatte die Vorwürfe aber stets bestritten.
RND/dpa