Kommentar

Die Rakete und die Folgen: Die Ukraine sollte nicht ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel setzen

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj.

Berlin. Es gibt viele Beispiele dafür, dass Russland nicht davor zurückschreckt, die Wahrheit zu vertuschen oder notfalls auch einfach zu lügen. Aktuell brachte das am Donnerstag das Urteil im Fall des 2014 über der Ostukraine abgeschossenen Passagierflugzeugs MH17 mit 298 Todesopfern in Erinnerung. Schon während der Ermittlungen sperrte sich Moskau, fälschte Satellitenbilder und gab der Ukraine die Schuld an dem Abschuss.

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+++ Alle Entwicklungen zum Krieg gegen die Ukraine im Liveblog +++

Die Investigativplattform Bellingcat konnte durch Auswertung unzähliger Fotos auf Social-Media-Kanälen nachweisen, dass das Buk-Raketensystem, mit dem MH17 abgeschossen wurde, aus Russland zu prorussischen Separatisten in die Ostukraine transportiert und nach dem Abschuss wieder zurückgebracht wurde, wobei eine Rakete fehlte.

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Schon dieses schreckliche Ereignis vor nunmehr acht Jahren zeigte, wie schnell völlig unbeteiligte Menschen, die mit einem Linienflug von Amsterdam nach Kuala Lumpur unterwegs waren, Opfer des von Russland angezettelten Konflikts in der Ukraine werden konnten.

Inzwischen führt Moskau einen brutalen Angriffskrieg in der Ukraine, der von Beginn an die Gefahr in sich barg, nicht begrenzt zu bleiben.

Putins Problem: Russland verliert seine klügsten Köpfe

Junge und gut ausgebildete Nachwuchskräfte: Sie sind der Schatz, den jede Volkswirtschaft dringend haben will. Doch in Russland setzen sich genau diese Leute wegen des Ukraine-Konflikts gerade massenhaft in südliche Nachbarländer ab. Deren Wirtschaftswachstum geht durch die Decke.

Jüngstes Beispiel ist die am Dienstag im polnischen Grenzgebiet zur Ukraine niedergegangene Rakete, die zwei friedlich arbeitende polnische Bauern das Leben kostete.

Allem Anschein nach ist dieses Mal nicht Russland verantwortlich, sondern nach Erkenntnissen polnischer und amerikanischer Ermittler deutet vieles darauf hin, dass es eine ukrainische Flugabwehrrakete russischer Bauart war, die gegen russische Angriffe mit Marschflugkörpern in der Ukraine eingesetzt wurde. Ein Irrläufer, ein Kollateralschaden, wie der militärische Sprachgebrauch kühl eine nicht beabsichtigte Wirkung beschreibt. Ein Ergebnis, das nicht Ziel der Aktion war.

Die Herkunft der Rakete ändert nichts an der Tragödie

Die Beschreibung von Herkunft und Absicht ändert nichts an der Tragödie, die der Raketeneinschlag in dem polnischen Dorf Przewodów ausgelöst hat. Und an dem mulmigen Gefühl, das in ganz Polen und letztlich in der Nato zurückbleibt. Das fehlgeleitete Geschoss macht einmal mehr deutlich, mit welch großem Risiko Russlands Krieg in der Ukraine für ganz Europa behaftet ist.

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Wenn der Westen nicht kühl und überlegt reagiert hätte, wäre der Konflikt womöglich schon am Mittwoch eskaliert. Trotz aller Versicherungen von polnischer und amerikanischer Seite, dass es sich nicht um eine von Russland abgefeuerte Rakete handelte, hielt die Ukraine weiter an dieser Darstellung fest.

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Dieser Logik folgend, hätte der Westen den Raketeneinschlag als Angriff auf ein Nato-Mitgliedsland werten und entsprechende Konsequenzen zumindest androhen müssen.

Unter Kriegsbedingungen kann vieles, um nicht zu sagen alles, geschehen und niemand wirft der Ukraine vor, wissentlich polnisches Territorium beschossen zu haben. Es mag Kiew besonders schwerfallen, gerade gegenüber einem der treuesten Verbündeten, dem polnischen Nachbarn, einen Fehlgriff einzugestehen. Doch niemandem ist damit geholfen, wenn jetzt monatelange „Untersuchungen“ folgen, um das nötige Eingeständnis vorschneller Anschuldigungen möglichst lange hinauszuzögern.

Die ukrainische Führung sollte nicht ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel setzen

Zwar hat Polen inzwischen der Beteiligung von ukrainischen Ermittlern vor Ort in Przewodów zugestimmt, aber auch ohne sie müsste sich auf ukrainischer Seite eigentlich feststellen lassen, wann welche Raketen gezündet worden und wo sie abgeblieben sind.

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Die ukrainische Führung sollte wegen des „polnischen Zwischenfalls“ nicht ihre internationale Glaubwürdigkeit und weltweite Sympathien aufs Spiel setzen. Das Eingeständnis eines Fehlers und eine Entschuldigung bedeutet keinen Gesichtsverlust.

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