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Rechtsanwältin für Arbeitsrecht: „Impfen ist Privatsache“

Ein junger Mann bekommt eine Impfung mit dem Impfstoff von Biontech/Pfizer verabreicht.

Ein junger Mann bekommt eine Impfung mit dem Impfstoff von Biontech/Pfizer verabreicht.

Freiburg. In den USA haben Unternehmen wie Google und Facebook eine Corona-Impfpflicht für ihre Beschäftigten eingeführt. Über die Rechtslage in Deutschland sprach Christian Rath mit der Freiburger Fachanwältin für Arbeitsrecht Cornelia Czuratis.

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Frau Czuratis, dürfte ein Arbeitgeber in Deutschland eine Corona-Impfpflicht für die Beschäftigten seines Unternehmens einführen?

Nein, das ist nicht möglich. Eine Impfung greift in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit ein und ist daher nur mit Zustimmung der Betroffenen möglich. Nur wenn es eine gesetzliche Corona-Impfpflicht gäbe, könnte auch der Arbeitgeber von seinen Beschäftigten die Impfung verlangen.

Die Freiburger Fachanwältin für Arbeitsrecht Cornelia Czuratis.

Die Freiburger Fachanwältin für Arbeitsrecht Cornelia Czuratis.

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Gilt das auch für Kliniken, Arztpraxen und Rettungsdienste?

Ja, auch hier können Beschäftigte nicht zum Impfen gezwungen werden. Allerdings haben die Beschäftigten hier mit besonders gefährdeten Personen zu tun. Hier kann der Arbeitgeber deshalb vorschreiben, dass in bestimmten Bereichen nur geimpfte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen eingesetzt werden. Ungeimpfte können dann in andere Abteilungen versetzt werden. Und wenn es für sie gar keine alternative Beschäftigung gibt, dann ist auch eine Kündigung möglich.

Was gilt für Friseurbetriebe und andere körpernahe Dienstleistungen?

Diese können nicht mit medizinischen Einrichtungen gleichgesetzt werden, weil die Kunden in der Regel gesund sind. Hier muss der Infektionsschutz anders sichergestellt werden, zum Beispiel durch eine Maskenpflicht und regelmäßige Tests.

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Was kann ein Handwerker machen, wenn seine Kunden verlangen, dass nur geimpfte Monteure ins Haus kommen?

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Es liegt nahe, dass er den Kundenwunsch erfüllt, weil die Kunden sonst möglicherweise zur Konkurrenz abwandern. Die ungeimpften Monteure muss der Handwerker dann eben zu anderen Kunden schicken.

Darf der Arbeitgeber die Kantine oder Umkleideräume nur für Geimpfte öffnen?

In der Regel nein. Das verstieße gegen das sogenannte Maßregelungsverbot. Danach darf der Arbeitgeber Beschäftigte, die von ihren Rechten Gebrauch machen, nicht bestrafen oder sonst schlechter behandeln. Der Verzicht auf eine Impfung ist ein solches Recht.

Kann ein Arbeitgeber Anreize geben, damit sich seine Beschäftigten impfen lassen? Zum Beispiel indem er eine Prämie oder einen freien Tag verspricht?

Die Rechtsprechung hat bereits Prämien in anderen Fällen für zulässig erklärt, etwa wenn der Arbeitgeber Prämien für Nichtraucher auslobt. Deshalb dürften wohl auch Prämien für eine Corona-Impfung grundsätzlich zulässig sein, obwohl sie zu einer Ungleichbehandlung führen. Das ist aber sehr umstritten.

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Darf der Arbeitgeber die Beschäftigten nach ihrem Impfstatus fragen?

Grundsätzlich nein, denn Impfen ist Privatsache. Und wenn der Arbeitgeber dennoch fragt, müssen die Beschäftigten nicht oder nicht korrekt antworten. Wenn es aber auf den Impfstatus ankommt, etwa in Kliniken und Arztpraxen, dann ist auch die Frage erlaubt und muss korrekt beantwortet werden.

Kann der Arbeitgeber von den Beschäftigten einen täglichen Corona-Test verlangen?

Nein, jedenfalls nicht pauschal. Die Erforderlichkeit müsste im Einzelfall gut begründet werden. Und falls es ein betriebliches Erfordernis gibt, müsste der Arbeitgeber die Tests bezahlen, und diese müssten während der Arbeitszeit durchgeführt werden.

Wie kann oder muss ein Arbeitgeber reagieren, wenn geimpfte Mitarbeiter nicht mit Ungeimpften im gleichen Raum arbeiten wollen?

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Zunächst ist es sicher das Beste, im Gespräch mit den Beschäftigten nach pragmatischen Lösungen zu suchen. Solange der ungeimpfte Mitarbeiter sich an die Regeln hält, etwa eine Abstands- und Maskenpflicht, hat der Arbeitgeber auch keine Handhabe und keine Handlungspflicht. Falls der ungeimpfte Mitarbeiter aber demonstrativ alle Corona-Vorsichtsmaßnahmen verweigert, muss der Arbeitgeber diesen Mitarbeiter – auch im Interesse der Kollegen – abmahnen. Der Arbeitgeber hat ja auch eine Fürsorgepflicht für seine Belegschaft.

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