Ist das die politische „Wiedergeburt“ der Macron-Partei?
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/EN2TW3UATRGAPPBGLEWWZ6MABY.jpg)
Wiedergeburt: „La République en marche“ heißt jetzt „Renaissance“.
© Quelle: IMAGO/IP3press
Alles soll neu, anders und natürlich besser werden: Dieses Versprechen einer kontinuierlichen Erneuerung hat Emmanuel Macron schon öfter gegeben. Zuletzt auch hinsichtlich seiner Partei, die er 2016, damals noch als Wirtschaftsminister unter dem Sozialisten François Hollande, gegründet hat und die er als Sprungbrett zu seiner ersten Wahl zum französischen Präsidenten 2017 nutzte.
Aus „EM!“, der Abkürzung für „En marche!“ („In Bewegung!“), welche nicht zufällig seine eigenen Initialen bildete, wurde damals „La République en marche“. Obwohl sie seitdem die größte Fraktion in der Nationalversammlung stellte, erreichte die Bewegung weder echtes politisches Gewicht noch ein klares Profil. Am Samstag erhielt sie mit „Renaissance“ einen anderen Namen, eine neue Satzung und als künftigen Generalsekretär den Macron-Vertrauten Stéphane Séjourné, der der liberalen Renew-Gruppe im EU-Parlament voransteht.
Partei soll stark regional verankert werden
Anders als bislang wird die Mitgliedschaft nicht mehr kostenlos und mit einem Klick im Internet möglich sein. Und fehlte der Bewegung lange eine regionale Verankerung, da sie strikt von Paris aus gesteuert wurde, so versprach Séjourné nun, es werde sich um „die am meisten dezentralisierte Partei Frankreichs“ handeln, mit lokalen Ablegern und Büros in den Departements des Landes. Die Gründungsfeier fand in der unterirdischen Passage unter dem Louvre statt und damit nur ein paar Meter unterhalb der gläsernen Pyramide, vor der Macron am Wahlabend 2017 seine große Antrittsrede hielt.
Persönlich anwesend war der Präsident nicht, kündigte aber in einer Videobotschaft an, „vereint und gemeinsam ein neues Kapitel des politischen Lebens unseres Landes zu eröffnen“. Neben französischen Flaggen wehten auch Europafahnen im Saal.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/MCPS33Y2ORDXVK6ORY35UPI4IM.jpg)
Der französische Präsident Emmanuel Macron schaltet sich lediglich per Video dazu.
© Quelle: IMAGO/IP3press
Renaissance – die Bezeichnung einer Kunstepoche im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit bedeutet im Französischen „Wiedergeburt“. Die Namenswahl veranschaulicht Macrons Bemühen um einen Neuanfang. Er ist unter Druck geraten, seit seine Partei bei den Parlamentswahlen im Juni die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung verloren hat und dort seitdem 89 Abgeordnete von Marine Le Pens rechtsextremem „Rassemblement national“ vertreten sind.
Anders als während seiner ersten Amtszeit braucht der 44-Jährige künftig Alliierte, um Reformen umzusetzen. Eine „große politische Bewegung“ in Gang zu setzen, wie er sie noch am Abend seiner Wiederwahl im April dieses Jahres angekündigt hatte, gelang ihm seitdem allerdings nicht. Zwar ließen sich zwei kleinere Partnerformationen der Minister Olivier Dussopt und Franck Riester in „Renaissance“ integrieren. Doch die liberalen Mitteparteien MoDem („Mouvement Démocrate“) und „Horizons“, mit denen Macrons Partei bereits Wahlbündnisse eingegangen war, bleiben eigenständig.
Was ist der neue Kern von „Renaissance“?
„Horizons“ wurde vor einem Jahr von seinem ehemaligen Premierminister Édouard Philippe gegründet, der noch immer der beliebteste Politiker des Landes ist. Philippe betont, „loyal, aber frei“ zu sein und macht keinen Hehl aus seinem Willen, bei der nächsten Präsidentschaftswahl 2027 zu kandidieren. Da der französische Staatschef laut Verfassung höchstens zweimal hintereinander antreten darf, bringen sich auch andere potenzielle Nachfolger in Stellung. Neben Philippe gehören dazu der Wirtschaftsminister Bruno Le Maire und Innenminister Gérald Darmanin.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/EZHJQQG67RD4LOGG3ATC7MQUTQ.jpg)
Hauptstadt-Radar
Persönliche Eindrücke und Hintergründe aus dem Regierungsviertel. Immer dienstags, donnerstags und samstags.
Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.
Alle drei hat Macron einst den bürgerlich-rechten Republikanern abgeworben, alle drei waren beim Kongress am Samstag zugegen. Mit der personellen Frage verknüpft ist jene nach der Zukunft der Präsidentenpartei über Macrons Abtritt von der politischen Bühne hinaus und damit nach ihrem eigentlichen ideologischen Kern. Bei Fragen der Wirtschaftspolitik, etwa in der Diskussion um die Besteuerung von Privatjets, gibt es mitunter einander widerstreitende Ansätze. Premierministerin Élisabeth Borne sagte am Samstag bei einer Rede, Schwerpunkte seien der Kampf gegen den Klimawandel und das Ziel, Vollbeschäftigung zu erreichen.
Der Macronismus ist in erster Linie Pragmatismus.
Frédéric Dabi,
Meinungsforscher und Politologe
Macron selbst war angetreten mit dem Versprechen, bisherige Trennungen zwischen links und rechts zu überwinden. Er stand immer für eine proeuropäische, wirtschaftsfreundliche und liberale Politik, doch während der Corona-Krise und auch angesichts der aktuellen Inflation offenbarte sich sein Glauben an einen stark eingreifenden und ausgleichenden Staat. „Der Macronismus ist in erster Linie Pragmatismus“, sagt der Meinungsforscher und Politologe Frédéric Dabi.
Was aber bleibt vom „Macronismus“ ohne Macron? Diese Frage muss der neue starke Mann an der Spitze der Partei beantworten.