Sprecher der ukrainischen Luftwaffe über die Taktik

Russlands Kamikazedrohnen: „Das Hauptziel ist die Hauptstadt“

Eine iranische Kamikazedrohne vom Typ Shahed-136, wie sie Russland gegen die Ukraine einsetzt.

Eine iranische Kamikazedrohne vom Typ Shahed-136, wie sie Russland gegen die Ukraine einsetzt.

Das russische Militär hat im neuen Jahr bereits zwei Angriffswellen mit iranischen Shahed-Drohnen gegen die Ukraine gestartet. Das berichteten die ukrainischen Streitkräfte am Dienstag. Nach Angaben von Juri Ignat, Sprecher der ukrainischen Luftwaffe, konnten die Kampfdrohnen rechtzeitig abgefangen werden. „Bei den letzten beiden Angriffen mit 45 und 39 Drohnen wurden alle zerstört“, sagte Ignat im ukrainischen Rundfunk.

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„Meistens fliegen die Drohnen nachts“, erklärte er, daher könnten die Bewohnerinnen und Bewohner sie nur durch das Geräusch erkennen. Ukrainische Militärexperten hatten bereits zuvor ein Muster erkannt: Wie Oberst Wladislaw Selesnjow der ukrainischen Agentur RBK‑Ukraina sagte, fliege das russische Militär seine Angriffe bewusst nachts und entlang des Flusses Dnipro. Ignat bestätigte am Dienstag diese Beobachtung. Demnach flögen die Drohnen entlang des Flussbettes bis nach Kiew. „Das Hauptziel ist die Hauptstadt.“

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Die meisten Drohnen würden bei den Anflügen auf Kiew zerstört. Die Kiewer Flugabwehrbrigade arbeitete recht erfolgreich, so Ignat. Dass die russischen Streitkräfte die Drohnen ausgerechnet entlang des Flusses Dnipro auf Kiew steuern und keine andere Flugroute wählen, hat einen Grund: „Weil das Radar sie schlechter erkennen kann, je näher sie dem Boden kommen“, erklärt Ignat. Das Flussbett bietet offenbar die besten Möglichkeiten, Drohnen sehr tief über eine längere Distanz zu fliegen.

Die Ukraine setzt verschiedene Mittel zur Flugabwehr ein. Neben Flugabwehrkanonen, großkalibrigen Maschinengewehren und Flugabwehrraketen setze man auch Kampfflugzeuge ein, wenn in einem Gebiet die Luftverteidigung nicht ausreiche. Inzwischen verwendet die Ukraine laut Luftwaffensprecher Ignat auch das von den USA bereitgestellte Nasams-Luftverteidigungssystem zur Abwehr von Drohnen.

Russland nutzt günstige Drohnen aus dem Iran

Russland greift seit Tagen verstärkt nachts mit Kamikazekampfdrohnen des iranischen Typs Schahed‑136 ukrainische Städte an. In der Nacht zu Montag wurden allein in Kiew 22 Drohnen abgeschossen, so das ukrainische Militär. Die Energieinfrastruktur der Hauptstadt sei beschädigt worden, teilte Bürgermeister Vitali Klitschko mit. Ein 19‑Jähriger sei bei dem Angriff verletzt worden.

Drohnenangriffe in der Neujahrsnacht: Selenskyj befürchtet Abnutzungskrieg

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warnte vor Russlands Zermürbungsstrategie.

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Bei den Drohnen vom Typ Shahed‑136 handelt es sich um iranische Kampfdrohnen, die in der Anschaffung sehr günstig sind. Sie kosten weniger als 20.000 US‑Dollar, sind vergleichsweise klein und haben eine große Reichweite. Die mit Sprengstoff bestückten Drohnen fliegen aber langsam und sind daher ein leichtes Ziel für die Flugabwehr – sofern sie erkannt werden.

Dass Russland bei Drohnen und anderen Waffen zunehmend auf das Ausland angewiesen ist, schmälert laut Experten die Handlungsoptionen Moskaus. „Die Russen sind nicht mehr Herr der eigenen Kriegsführung“, sagte Militärexperte Christian Mölling von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP). „Sie können nicht mehr aus eigener Kraft gewinnen.“

Großangriffe können zu „taktischer Über­wältigung“ führen

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte die Bevölkerung der Ukraine am Montag vor einer neuen russischen Angriffswelle mit Drohnen gewarnt. Russland könnte damit versuchen, die Menschen in der Ukraine mürbe zu machen, so Selenskyj. Russland ziele „auf die Erschöpfung unserer Bevölkerung, unserer Luftverteidigung, unserer Energie“.

„Wenn Russland eine große Angriffswelle mit Drohnen startet, kommt es meist zu einer taktischen Über­wältigung“, erklärt Experte Mölling im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Kurz: Das gut ausgebaute Luftverteidigungssystem der Ukraine kommt dann an seine Grenzen. Die Quantität der ukraini­schen Luftabwehr zwinge Russland dazu, eine große Anzahl an Drohnen einzusetzen, damit überhaupt welche das Luftverteidigungssystem durchbrechen. Selenskyj zeigte sich zuversichtlich, dass die ukrainischen Streit­kräfte auch weiterhin viele russische Drohnen abschießen werden.

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Das Institute for the Study of War (ISW) analysiert im neusten Lagebericht, dass sich russische Streitkräfte bei ihrem Feldzug gegen ukrainische kritische Infrastruktur „zunehmend auf im Iran hergestellte Drohnen verlassen“. Ihr Bestand an Drohnen sei inzwischen „erheblich erschöpft“. Der stellvertretende Leiter des ukrainischen Militärgeheimdienstes, Vadym Skibitsky, sprach von 1750 iranischen Drohnen, die Russland in mehreren Tranchen erhalten habe. Er gehe davon aus, dass Russland noch weitere Drohnen aus dem Iran erhält. Um „eine größere Anzahl hochpräziser Waffensysteme für den Einsatz in der Ukraine“ zu erhalten, werde Russland die Partnerschaft mit dem Iran wahrscheinlich ausbauen, erklärten die ISW-Militärexperten.

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