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Schießbefehl gegen Demonstranten in Kasachstan: Bundesregierung mahnt zu Besonnenheit

Schäden und Zerstörung nach den Ausschreitungen in Almaty.

Schäden und Zerstörung nach den Ausschreitungen in Almaty.

Berlin. Die Bundesregierung hat nach den schweren Ausschreitungen in Kasachstan alle Akteure dringend zu Besonnenheit aufgerufen. Die aktuelle Entwicklung und die Gewalt würden mit großer Sorge gesehen, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann am Freitag in Berlin. „Gewalt kann niemals eine angemessene Antwort sein. Das ist unsere Überzeugung“, sagte sie. „Wir fordern daher alle Beteiligten auf, zu deeskalieren und zu einer friedlichen Lösung der Situation zu gelangen.“

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Das Auswärtige Amt erklärte, Berichten über eine Art von Schießbefehl in dem Land nachzugehen. „Aus Sicht der Bundesregierung ist sehr deutlich festzustellen, dass ein Einsatz von tödlicher Gewalt, von scharfer Munition gegen Zivilistinnen und Zivilisten, erst recht dann, wenn militärische Kräfte zum Einsatz kommen, immer nur ein allerletztes Mittel sein darf“, sagte ein Sprecher. Die kasachische Regierung und alle, die in Verantwortung stünden, trügen die Verantwortung für den Schutz der Zivilbevölkerung.

Unruhen Hinweis auf Schwäche Russlands

Der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Nils Schmid, wertete die Unruhen in Kasachstan als Hinweis auf die Schwäche Russlands. „Kasachstan ist ein Spiegelbild Russlands. Es ist gas- und ölfixiert und autoritär regiert. Die Stabilität wird erkauft durch Repression und Korruption“, sagte Schmid dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Russland nehme sich das Recht heraus, in innere Verhältnisse von Nachbarstaaten einzugreifen. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) müsse sich dieses Falles annehmen.

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Bundesjustizminister Marco Buschmann verurteilte den Schießbefehl gegen Demonstranten in Kasachstan. „Wer ohne Vorwarnung auf Demonstranten schießen lässt, um zu töten, hat den Kreis zivilisierter Staaten verlassen“, schrieb der FDP-Politiker am Freitag auf Twitter. Der Präsident des autoritär geführten Landes, Kassym-Jomart Tokajew, hatte zuvor nach Unruhen einen Schießbefehl gegen militante Demonstranten erteilt. „Ich habe den Sicherheitskräften und der Armee den Befehl gegeben, ohne Vorwarnung das Feuer zu eröffnen“, sagte er in einer TV-Ansprache.

Staatschef spricht von „Terroristen“

Aus dem Ausland kämen Aufrufe zu einer friedlichen Lösung der Krise. „Welch eine Dummheit! Was für Verhandlungen kann es mit Verbrechern und Mördern geben?“ Tokajew bezeichnete Demonstranten auch als „Terroristen“ und als aus dem Ausland gesteuert. Derzeit ist es schwierig, Informationen unabhängig zu überprüfen. Immer wieder wird in Kasachstan das Internet abgestellt, die Grenze wurde für Ausländer geschlossen.

Der FDP-Außenpolitiker und kommissarische Generalsekretär Bijan Djir-Sarai forderte derweil die Führung in Kasachstan zu Zurückhaltung auf. „Die sich weiter zuspitzende Lage in Kasachstan gibt Anlass zu größter Besorgnis. Die kasachische Staatsführung ist dringend aufgerufen, zu deeskalieren“, sagte er am Freitag der Nachrichtenagentur dpa. „Wer auf die Anliegen demonstrierender Menschen mit einer Spirale der Gewalt reagiert, verliert jede Legitimation.“ Nach schweren Ausschreitungen mit Toten und Verletzten in dem zentralasiatischen Land wächst international die Sorge vor einer weiteren Eskalation.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen forderte ein Ende der Gewalt. „Ich rufe zu einem Ende der Gewalt und zur Zurückhaltung auf“, sagte die deutsche Politikerin am Freitag in Paris. Die Rechte und die Sicherheit der Bürger seien äußerst wichtig und müssten garantiert werden. Sie verfolge die Situation mit großer Sorge. Die Europäische Union sei bereit zu helfen, wo sie könne. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schloss sich von der Leyens Worten an. Man sei zugleich besorgt, extrem wachsam und rufe zur Deeskalation auf.

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Auslöser der Unruhen in der Ex-Sowjetrepublik war Unmut über gestiegene Treibstoffpreise an den Tankstellen. Sie schlugen aber schnell in teils gewaltsame Proteste gegen die Regierung um. Als Reaktion auf die Proteste entließ Tokajew die gesamte Regierung und verhängte einen landesweiten Ausnahmezustand.

RND/dpa

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