Schulz auf der Flucht nach vorn

SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz.

SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz.

Berlin. In 62 Tagen wird der Bundestag neu gewählt. Doch dass deswegen jetzt die Spannung immer weiter wächst, behauptet niemand. Angela Merkel bleibt in allen Umfragen weit vorn, und man kennt auch den Grund: Hier ist die Person das Programm.

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Manche in der CDU sind schon so voll satter Selbstzufriedenheit, dass zumindest die CSU schon ganz nervös wird: Wird Merkels Vorsprung wirklich erhalten bleiben bis zum 24. September?

Die Uhr tickt – und den SPD-Spitzenkandidaten Martin Schulz beschleicht inzwischen eine leise Panik. Die einzige spürbare Bewegung, die seine Partei in den vergangenen Wochen und Monaten hinbekam, führte abwärts, von Werten nahe 30 auf Werte um oder unter 25 Prozent. Was nun?

Schulz ahnt: Er muss die Flucht nach vorn antreten. Allzu lange schon hat er mal dieses und mal jenes Thema nach vorn geschoben. Doch vieles davon ist verpufft. Seine Pläne für ein „Chancenkonto“ etwa, das er Arbeitnehmern versprach, die etwas Neues beginnen wollen, blieben reichlich neblig. Seine Kritik an der Kanzlerin („Angriff auf die Demokratie“) verfing auch nicht so recht.

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Jetzt aber, mit dem Flüchtlingsthema, hat der SPD-Kanzlerkandidat erstmals die volle Aufmerksamkeit der Nation gefunden. Die ungelöste Flüchtlingsfrage ist in der Tat ein Thema, das die Leute umtreibt.

Die Totschweigerin und der Angstbeißer

Aber ist es auch eines gutes Thema für ihn, für Martin Schulz, einen demoskopisch abgehängten SPD-Kandidaten in der Schlussphase eines Bundestagswahlkampfs? Sogar Wohlmeinende sprechen von Risiken und Nebenwirkungen für Schulz und die SPD selbst.

Wen genau will Schulz durch seinen Alarm warnen und mahnen? Die SPD regiert Deutschland mit, im Auswärtigen Amt zum Beispiel. Seine Partei war auch schon im Flüchtlingssommer 2015 in der Mitverantwortung, als Merkel weltweit mit einer Politik der offenen Grenzen Schlagzeilen machte. Damals war Frank-Walter Steinmeier Außenminister, und Schulz war Präsident des Europäischen Parlaments. Im Nachhinein so zu tun, als gäbe es heute die einfache Alternative oder als habe es sie damals gegeben, ist unredlich. Wer aber auf diesem schwierigen Feld nur neue Schlagzeilen macht, ohne neue Lösungen bieten zu können, hilft am Ende nur der AfD.

In einem Punkt aber hat Schulz recht: Über wichtige Zukunftsthemen wird derzeit zu wenig geredet. Verspielt die deutsche Autoindustrie gerade den Gütestempel „Made in Germany“? Was wird aus Bildung und Investitionen angesichts sprudelnder Steuerquellen? Die Themen sind da, doch die Diskussion stockt. Die Deutschen blicken auf eine allzu selbstzufriedene Kanzlerin – und auf einen Angstbeißer.

Von Dieter Wonka

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