Schweiz lehnt Behandlung verletzter Ukrainer ab
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Simonetta Sommaruga, Schweizer Ministerin für Infrastruktur, Verkehr, Umwelt und Energie, und Ruslan Strilets, ukrainischer Minister für Ökologie und natürliche Ressourcen.
© Quelle: Alessandro Della Valle/KEYSTONE/
Die Schweiz lehnt eine Behandlung verwundeter Ukrainer ab, selbst wenn diese nicht am Krieg beteiligt waren. Dabei hatten sich die Kantone und Krankenhäuser des neutralen Staates zuvor offenbar für eine Aufnahme von behandlungsbedürftigen Ukrainerinnen und Ukrainern ausgesprochen. Das berichtet am Montag der Schweizer „Blick“. Das Außenministerium der Schweizer Regierung habe jedoch Veto eingelegt. Zu groß sei die Sorge vor dem Bruch der politischen und militärischen Neutralität der Schweiz gewesen, heißt es in dem Bericht.
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Das Krisenzentrum der Nato, das die medizinischen Evakuierungen aus dem Kriegsgebiet koordiniert, soll das Schweizer Militär bereits im Mai angefragt haben, Soldaten sowie Zivilistinnen und Zivilisten aus dem Kriegsland zu versorgen. Die Ukraine braucht Hilfe bei der Verarztung verletzter Soldaten und Zivilpersonen, da Krankenhäuser im Kriegsland lange Zeit überlastet waren oder zerstört worden sind. Die medizinische Versorgung ist besonders im Osten des Landes nicht ausreichend gesichert.
Luftwaffe bringt verwundete Ukrainer zur Behandlung nach Deutschland
Die Ukraine hatte eine Bitte um Hilfe an die Europäische Union gerichtet, die von dort an Deutschland und die Bundeswehr ging.
© Quelle: Reuters
Bei Gesprächen im Mai zwischen dem Sanitätsdienst der Armee und der Schweizer Regierung hätten sich Krankenhäuser und Kantone grundsätzlich offen für eine Behandlung von Verletzten aus der Ukraine gezeigt. Krankenhäuser sind in der Schweiz Ländersache. Allein das Außenministerium blockierte die Unterstützung der Ukraine. Es soll Mitte Juni in einer Stellungnahme festgehalten haben, dass es die Aufnahme aus juristischen sowie praktischen Gründen ablehne, berichtet der „Blick“. Man fürchte um die Neutralität der Schweiz.
Hürden der Neutralität
Die Genfer Konventionen erlaubt neutralen Staaten zwar die Behandlung von Soldaten anderer Länder. Allerdings müsste die Schweiz in diesem Fall dafür sorgen, dass diese nach ihrer Genesung „nicht mehr an Kriegshandlungen teilnehmen können“. Damit ist die Schweiz verpflichtet, genesene Ukrainerinnen und Ukrainer nach ihrer Behandlung sogar zu inhaftieren. Oder: Russland müsste es der Schweiz erlauben, genesene ukrainische Soldaten in das Kriegsland zurückkehren zu lassen.
Zivilistinnen und Zivilisten dürften zwar behandelt werden, so der Bericht. Allerdings verwies das Außenministerium gegenüber dem „Blick“ auf praktische Hürden: „Es ist fast unmöglich, Zivilisten von Soldaten zu unterscheiden. Im Moment nehmen in der Ukraine auch viele Zivilpersonen ein Gewehr in die Hand.“
Die Neutralität der Schweiz untersagt es dem Land zudem, mit der Nato zusammenzuarbeiten oder Waffen an die Ukraine zu liefern. „Ziel der Neutralität ist die Wahrung der Sicherheit und Unabhängigkeit der Schweiz“, heißt es vonseiten des Schweizer Außenministeriums. Im Rahmen der Unterstützung im Ukrainekrieg steht es der Schweiz jedoch frei, auf die Neutralität zu verzichten. Das Land hat die Ausrichtung selbst gewählt und ist völkerrechtlich nicht dazu verpflichtet.
Die Bundesregierung Deutschlands hat der Ukraine zuletzt mehrfach medizinische Unterstützung angeboten. In Evakuierungsflügen hat die Bundeswehr in den vergangenen Monaten Dutzende Kriegsverletzte für eine Behandlung nach Deutschland gebracht.
Außerdem ist es Hilfsorganisationen erlaubt, unbürokratisch Arzneimittel und auch Betäubungsmittel in die Ukraine zu liefern. Über internationale Hilfsorganisationen unterstützt die Bundesregierung zudem den freiwilligen Einsatz von Ärztinnen und Ärzten aus Deutschland in der Ukraine, so das Gesundheitsministerium. Medizinerinnen und Mediziner können sich dafür bei der Bundesärztekammer registrieren.
RND/hyd
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