Selenskyj lobt deutsche Hilfen für sein Land – nur die USA liefern mehr
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Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, und Bundeskanzler Olaf Scholz (rechts, SPD) äußern sich bei einer Pressekonferenz nach ihrem Gespräch im Bundeskanzleramt.
© Quelle: Kay Nietfeld/dpa
Berlin. Beim Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Berlin haben Deutschland und die Ukraine ihre enge Zusammenarbeit betont. Die deutsche Unterstützung für die Ukraine sei mittlerweile die zweitgrößte nach den USA, erklärte Selenskyj auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Berlin. „Das ist sehr, sehr viel“, bekräftigte Selenskyj. „Das zeigt den Willen des deutschen Volkes, die Freiheit zu verteidigen.“
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Bundeskanzler Scholz bezeichnete es als „starkes Signal“, Selenskyj in Berlin begrüßen zu dürfen. In seiner Erklärung duzte Scholz den ukrainischen Präsidenten: „Lieber Wolodymyr, herzlich willkommen in Berlin!“ Man habe in den vergangenen anderthalb Jahren „Dutzende Male“ miteinander telefoniert und sich in anderen Ländern getroffen. Dass Selenskyj nun nach Berlin gekommen ist, freue ihn trotz der Umstände sehr, sagte der Bundeskanzler.
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Selenskyj: „Vielen Dank, Olaf!“
„Vielen Dank, Olaf“, leitete Selenskyj anschließend seine Erklärung ein. Er bedankte sich für die deutsche Hilfe und jedes damit gerettete ukrainische Leben. „Das ukrainische Volk wird immer dankbar sein dafür“, so Selenskyj. „Durch deine und Deutschlands Führungskraft ist die Chance gegeben, die Welt sicherer zu machen“, sagte der ukrainische Präsident in Richtung Scholz. Alle wollten aktuell, dass dieser Krieg möglichst schnell ende. Doch er müsse mit einem „gerechten Frieden“ zu Ende gehen, sagte Selenskyj. Das neue deutsche Waffenpaket sei eine sehr wichtige und starke Hilfe, betonte der ukrainische Staatschef.
Die Bundesregierung hatte der Ukraine vor dem Deutschland-Besuch Selenskyjs weitere Waffenlieferungen im Wert von 2,7 Milliarden Euro zugesagt. Unter anderem sollen 20 weitere Marder-Schützenpanzer, 30 Leopard‑1-Panzer und vier Flugabwehrsysteme Iris-T-SLM bereitgestellt werden, wie das Verteidigungsministerium am Samstag in Berlin mitteilte.
Selenskyj fordert erneut Kampfjets: Arbeiten an einer „Kampfjetkoalition“
Derzeit arbeite man daran, dass die westlichen Verbündeten der Ukraine auch moderne Kampfjets zur Verfügung stellen, erklärte Selenskyj. Er denke, dass es im „zweiten Teil“ seines Gesprächs mit dem Bundeskanzler darum gehen werde. „Wir arbeiten gerade daran, eine Kampfjetkoalition zu schaffen während meiner Besuche in Europas Hauptstädten“, so Selenskyj. Dafür wolle er Scholz um die deutsche Unterstützung bitten.
Scholz reagierte verhalten auf die Ankündigung des ukrainischen Präsidenten. Mit dem neuen Waffenpaket stelle man erneut moderne Luftverteidigungssysteme zur Verfügung. „Das ist das, worauf wir uns als Deutsche jetzt konzentrieren.“ Deutschland habe der Ukraine bereits sehr viel geliefert.
Bundesregierung sichert der Ukraine weitere Waffenlieferungen zu
Die Bundesregierung hat der Ukraine weitere Waffenlieferungen im Wert von 2,7 Milliarden Euro zugesagt.
© Quelle: dpa
Angriffe auf russisches Territorium plane die Ukraine nicht, sagte Selenskyj. „Wir greifen das russische Territorium nicht an. Wir befreien unser gesetzmäßiges Gebiet“, so der ukrainische Präsident. „Wir haben dafür keine Zeit, keine Kräfte und keine überzähligen Waffen dafür.“ Man habe sich gemäß internationalem Recht bei der Vorbereitung der Gegenoffensivaktionen ausschließlich auf die Befreiung „unseres von der ganzen Welt anerkannten Territoriums“ konzentriert.
Selenskyj dankte zudem für die deutsche Solidarität gegenüber den Geflüchteten aus der Ukraine. „Ich möchte mich bedanken bei allen deutschen Familien, bei jedem deutschen Steuerzahler, bei jeder Stadt, bei jedem Bundesland für die Unterstützung unserer Menschen, die Schutz gefunden haben in Deutschland, als sie sich vor den russischen Anschlägen auf unser Land gerettet haben“, erklärte der ukrainische Präsident.
„Seit 444 Tagen läuft der erbarmungslose russische Angriffskrieg gegen dein Land“, erklärte der Bundeskanzler und sprach Selenskyj dabei direkt an. „Seit 444 Tagen stellen sich die Ukrainerinnen und Ukraine heldenhaft dieser brutalen Aggression Russlands entgegen. Dafür gebühren euch all unser Respekt und unsere Anerkennung.“ Der russische Angriffskrieg habe zwar geopolitische Auswirkungen, zuallererst betreffe er aber die Menschen in der Ukraine. Die Solidarität der Deutschen für die Ukrainerinnen und Ukraine sei „anhaltend und stark“, versicherte der SPD-Politiker.
Empfang in Schloss Bellevue und militärische Ehren vor dem Kanzleramt
Zum Auftakt seines Besuchs wurde Selenskyj von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue empfangen. „In der schwierigsten Zeit in der modernen Geschichte der Ukraine hat sich Deutschland als unser wahrer Freund und verlässlicher Verbündeter erwiesen, der im Kampf für die Verteidigung von Freiheit und demokratischen Werten entschieden an der Seite des ukrainischen Volkes steht“, schrieb Selenskyj am Sonntag auf Englisch ins Gästebuch. Er ergänzte: „Gemeinsam werden wir gewinnen und den Frieden nach Europa zurückbringen.“
Im Anschluss an das Treffen mit Steinmeier empfing Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Selenskyj mit militärischen Ehren im Kanzleramt. Selenskyj legte seine rechte Hand aufs Herz und sang mit, als die ukrainische Nationalhymne gespielt wurde.
Letzter Deutschland-Besuch Selenskyjs kurz vor russischer Invasion
In Deutschland war Selenskyj zuletzt wenige Tage vor Kriegsbeginn im Februar 2022 bei der Münchner Sicherheitskonferenz. Die ersten zehn Monate nach der russischen Invasion hatte er das Land gar nicht mehr verlassen. Das änderte er Ende vergangenen Jahres. Inzwischen war der ukrainische Präsident schon in Washington, Warschau, Paris, London, Brüssel, Helsinki und Den Haag.
Am Sonntagnachmittag sollen Selenskyj und das ukrainische Volk in Aachen mit dem Karlspreis für Verdienste um die Einheit Europas geehrt werden. Scholz wird die Laudatio halten. Als weitere Redner sind EU‑Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki dabei. Der Kanzler und Selenskyj werden gemeinsam von Berlin nach Aachen fliegen, wie Scholz in der Pressekonferenz in Berlin bestätigte.
mit dpa-Material