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So blickt die Presse auf den Diesel-Deal

Die Bosse von Volkswagen, BMW und Daimler: Matthias Müller (v.l.), Harald Krüger und Dieter Zetsche.

Die Bosse von Volkswagen, BMW und Daimler: Matthias Müller (v.l.), Harald Krüger und Dieter Zetsche.

Hannover. Nationale und internationale Medien blicken auf das Ergebnis des Diesel-Gipfels und kommen zu durchaus unterschiedlichen Schlussfolgerungen. Mehrheitlich wird zwar die Wirksamkeit der Software-Update bezweifelt. Jedoch auch das sehen nicht alle Kommentatoren so. So lobt die „Stuttgarter Zeitung“ aus der Autostadt im Süden den Kompromiss sogar:

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„Stuttgarter Nachrichten“: Software-Update sind kein Makel

„Den Autoriesen ist klargemacht worden, dass sie für die Folgen ihres unverantwortlichen Tuns geradestehen müssen – auch wenn sie im Moment kostengünstig davonkommen. Dass sie bei der vereinbarten Software-Umrüstung finanziell besser abschneiden als bei einer komplizierteren Motorenumrüstung, ist dennoch kein Kompromiss-Makel. Mehr als fünf Millionen der in Deutschland gemeldeten 8,6 Millionen Diesel der Emissionsklasse Euro 5 und Euro 6 sollen bald weniger Schadstoffe ausstoßen. Ziel ist die durchschnittliche Stickoxidreduzierung von 25 bis 30 Prozent – ohne Nachteile für die Autobesitzer. Die Konzerne haben damit die Chance, Vertrauen zurückzugewinnen. Fahrverbote in Ballungsräumen sind damit auch in Stuttgart wohl vorerst vom Tisch.“

Der „Wiesbadener Kurier“ hingegen analysiert, wem der Diesel-Gipfel genutzt hat – der Politik und den Autokonzernen – und wessen Interessen keine Beachtung fanden.

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„Wiesbadener Kurier“: Gesundheit und Verbraucher kommen zu kurz

Warum soll plötzlich möglich sein, was vorher nicht machbar war? Ja, so kurz vor der Bundestagswahl wollen es sich führende Politiker natürlich nicht mit den Wählern verscherzen. Nur verlangt die große Mehrheit der Deutschen laut einer aktuellen Umfrage von der Politik mehr Härte gegenüber den Autobauern. Dass beim „Diesel-Gipfel“ der Verband der Automobilindustrie mit am Tisch saß, aber keine Vertreter der Umwelt- und Verbraucherschützer, zeigt klar, wo die Prioritäten liegen. Ganz offensichtlich nicht beim Schutz von Gesundheit und Verbraucherrechten. Das ist kurzsichtig.

Die „Schwäbische Zeitung“ blickt nach vorn und sieht bereits die nächste Diesel-Debatte am Horizont erscheinen.

„Schwäbische Zeitung“: Mit blauem Auge davongekommen

„Die Autohersteller kommen mit einem blauen Auge davon. Bund und Länder geben sich erst einmal mit einem freiwilligen Software-Update bei fünf Millionen Diesel-Fahrzeugen zufrieden. Die Beteiligten verkünden nicht weniger als die Quadratur des Kreises, die bekanntlich nicht gelingen kann. Die Autos sollen sauberer werden, ohne dass deren Motoren mehr verbrauchen oder weniger Leistung bringen. Der schon tot geglaubte Diesel lebt weiter. Erst einmal. Denn wenn das Update nicht schnell die versprochene Wirkung bringt, geht die Debatte von vorne los.“

International wird der Berliner Diesel-Gipfel hingegen durchaus ähnlich beurteilt. Die „Neue Zürcher Zeitung“ aus der Schweiz und „De Tijd“ aus Belgien sehen den Kompromiss als politischer Entschärfungsversuch vor der Bundestagswahl, der jedoch nicht die Kraft hat, das Vertrauen der Verbraucher zurückzugewinnen.

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„Neue Zürcher Zeitung“: Konzerne und Politik müssen mehr leisten

„Je strenger die Vorgaben sind, desto höher werden die Kosten, um diese zu erreichen, oder die Anreize, sie zu umgehen. Stark steigende Produktions- und/oder Umrüstungskosten beeinträchtigen kurzfristig die Wettbewerbs- und damit die Zukunftsfähigkeit der Konzerne und dürften mittelfristig ohnehin auf die Kunden abgewälzt werden. Deshalb sollten sich alle Parteien bewusst sein, dass nicht nur der größtmögliche Schutz von Gesundheit und Umwelt im Fokus stehen darf, sondern dass es immer um eine Güterabwägung geht, bei der ein Optimum aus gutem Gesundheits- und Umweltschutz, vernünftigen betriebswirtschaftlichen Rahmenbedingungen und realistischen Vorgaben für Grenzwerte anzustreben ist. Dieses Optimum ist beim Berliner Diesel-Theater noch nicht erreicht worden: Autokonzerne und Politik hätten mehr leisten können, um Vertrauen zurückzugewinnen.“

„De Tijd“ aus Belgien: Aus dem Wahlkampf rausgehalten

„Zwei Monate vor der Bundestagswahl war das Gespräch zwischen Autobauern und Staat eine delikate Angelegenheit. In der öffentlichen Meinung haben die Hersteller stark an Glaubwürdigkeit verloren durch den nicht nachlassenden Strom von Skandalen, von der Schummelei mit der Software bis zu (dem Verdacht illegaler) Kartellabsprachen. Andererseits bieten sie vielen Deutschen Arbeitsplätze und die Autobranche ist ein Stützpfeiler des wirtschaftlichen Erfolgs. Um solche politisch unbequemen Debatten aus dem Wahlkampf rauszuhalten, war es geschickt, jetzt den Dieselgipfel zu organisieren.“

Von RND/aks/dpa

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