SPD-Klimaaktivisten: „Noch kann sich Olaf Scholz nicht Klimakanzler nennen“
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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, r.) und Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz.
© Quelle: Annegret Hilse/Reuters/POOL/dpa
Berlin. Klimabewegungen wie etwa Fridays for Future verstehen sich nicht als parteinahe Organisationen. Doch es gibt zahlreiche Klimaaktivistinnen und -aktivisten, die für die Grünen im Bundestag oder in Landesparlamenten sitzen. Das liegt auch daran, dass die Grünen aus der Umweltbewegung entstanden sind. Als Vertreter der SPD auf dem politischen Parkett sind die Fridays-for-Future-Aktivisten jedoch weniger vertreten.
Warum kommt die SPD also bei Klimaaktivisten nicht so gut an? „Klimaschutz war sehr lange nicht oberste Priorität auf der Agenda der SPD“, sagt Klimaaktivistin Stella Carina Otte, im RND-Gespräch. „Bis vor Kurzem wurde dem Thema nicht öffentlichkeitswirksam der notwendige Platz im Wahlkampf eingeräumt. Das war ein großes Versäumnis.“ Aktivistin Otte will das nun ändern – innerhalb der SPD: Sie ist Mitglied im Jungsozialisten-Netzwerk „SPD klimagerecht“.
Die parteinahe Gruppe hat etwas mehr als 100 Mitglieder und will das klimapolitische Profil der Sozialdemokraten schärfen. Mit ihrem vor einem Jahr gegründeten Klimanetzwerk wollen die Aktivisten alle SPD-Klimagruppen – auf Kommunal-, Landes- und Bundesebene – im sogenannten Klimaforum vernetzen. Das Ziel: „Gemeinsam wollen wir die Klimabewegung in die SPD tragen“, erklärt Mitinitiator Maximilian Herzog dem RND. Im Klimaforum versteht Herzog sein Netzwerk als Stimme der Jugend – in der Tat sind viele Jusos Teil des Forums.
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Stella Carina Otte und Maximilian Herzog von der Klimagruppe „SPD klimagerecht“.
© Quelle: Privat
Laut den Klimaaktivisten hat die SPD das Zeug zu einer überzeugenden Klimaschutzpartei. Aber noch hat die Partei Otte und Herzog zufolge ein Erkenntnisproblem. „Alle Parteien und somit auch die SPD müssen sich der Wirklichkeit der Klimakrise stellen“, fordert Otte. „In der SPD haben wir großen Handlungsbedarf, dem Ausmaß der Krise wirklich gerecht zu werden.“
Deutschland steht vor großen Herausforderungen, um das im Pariser Klimaabkommen festgelegte 1,5-Grad-Ziel einzuhalten. Klimaforscherinnen und -forscher sind sich einig, dass die Industrieländer ihren CO₂-Ausstoß massiv herunterfahren müssen. Doch aktuell steuert die Welt auf eine Erderhitzung von 2,7 Grad zu.
Die Ampelkoalition unter Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) strebt die Klimaneutralität noch vor 2045 an und will „idealerweise“ bis 2030 aus der Kohlekraft aussteigen. Dafür soll der Ausbau der erneuerbaren Energien massiv vorangetrieben werden. Das sind jedoch bisher nur Pläne, die noch in die Tat umgesetzt werden müssen. Der Krieg in der Ukraine und die nötige Unabhängigkeit von russischen Energieträgern sorgt nun für mehr Tempo.
Wahlwerbung als „Kanzler für Klimaschutz“
Im Bundestagswahlkampf 2021 hatte sich der damalige SPD-Kanzlerkandidat Scholz Klimaschutz auf die Fahne geschrieben: „Kanzler für Klimaschutz“ stand in großen weißen Lettern auf den Wahlplakaten. Für Otte wird der Sozialdemokrat dem noch nicht gerecht. „Ich würde Olaf Scholz nicht als Klimakanzler bezeichnen, weil dafür noch nicht genug Nachdruck hinter seiner Klimapolitik steht“, sagt sie und verlangt: „Die Bedrohungslage muss im vollen Umfang gegenüber der Bevölkerung kommuniziert werden – das macht Scholz bisher nicht.“
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Auch für Mitinitiator Herzog ist klar, dass für den notwendigen gesellschaftlichen Umbau zu einer klimaneutralen Wirtschaft eine breite Solidarität nötig ist. „Soziale Gerechtigkeit ist das Herz der Sozialdemokratie. Der Anspruch, Solidarität über alle gesellschaftlichen Gruppen hinweg nicht nur zu fordern, sondern aktiv zu leben, ist in diesem Ausmaß nur bei uns in der SPD zu finden“, betont er. „Nur mit einer starken SPD können wir die Herausforderung des nötigen Wandels meistern und dabei alle mitnehmen.“
Aber wie genau? „Wir brauchen eine viel deutlichere Sprache in der Klimapolitik in Bezug auf die Probleme und Erwartungen, die an die Bewältigung der Klimakrise geknüpft sind“, sagte Otte und verweist auf das von „SPD klimagerecht“ ausgearbeitete Sofortprogramm. Erste Erfolge haben sie bereits: Die Gruppe hat den Klimateil des Wahlkampfprogramms von SPD-Spitzenkandidat für die NRW-Landtagswahl, Thomas Kutschaty, mit ausgearbeitet. Des Weiteren konnten sie acht Bundestagsabgeordnete für ihren sogenannten Klima-Pledge gewinnen ₂ ein Versprechen, im Amt für das 1,5-Grad-Ziel zu kämpfen. Doch das soll nur der Anfang sein.
Wir müssen Menschen, die sich für den Klimaschutz einsetzen, noch stärker für die SPD gewinnen. Die SPD muss dafür die richtigen Schlüsse aus den aktuellen Krisen ziehen.
Maximilian Herzog,
Mitinitiator der Klimagruppe „SPD klimagerecht“
Herzog ist überzeugt: „Wir müssen Menschen, die sich für den Klimaschutz einsetzen, noch stärker für die SPD gewinnen. Die SPD muss dafür die richtigen Schlüsse aus den aktuellen Krisen ziehen.“ Als Negativbeispiel nennt er das Entlastungspaket, das wegen der hohen Energiepreise infolge des russischen Kriegs gegen die Ukraine vom Koalitionsausschuss entwickelt worden ist. Die Subventionen auf Sprit in Form der Mineralsteuersenkung kritisiert er scharf – und fordert stattdessen ein sozial-gerechtes Mobilitätsgeld sowie „endlich ein Tempolimit und autofreie Sonntage“.
Dass sogar die Laufzeitverlängerung der Kohlekraftwerke im Gespräch ist, ärgert viele Klimagruppen – auch „SPD klimagerecht“. Man müsse alle Hebel in Bewegung setzen, die Erneuerbaren auszubauen, und dürfe nicht an festgelegten Zielen rütteln, betont Herzog. Aus Sicht der Klimagruppe gibt es also noch viel zu tun. Doch genau dafür habe sie das Netzwerk ja gegründet. „Wir wollen die SPD mit Leidenschaft und Expertise unterstützen, damit auch Olaf Scholz sich bald Klimakanzler nennen kann“, sagt Herzog.