Studie: Pflegende Frauen öfter in Teilzeit als pflegende Männer
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Die Mehrheit der Pflegebedürftigen wird von Angehörigen zu Hause betreut.
© Quelle: Bernd Thissen/dpa
Berlin. Pflegende Frauen arbeiten deutlich öfter in Teilzeit als Männer, die sich um ihre pflegebedürftigen Angehörigen kümmern. Das hat eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln ergeben, die dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt. Danach sind 40 Prozent der pflegenden Frauen teilzeitbeschäftigt, aber nur 4 Prozent der Männer.
20 Prozent der pflegenden Frauen sind gar nicht erwerbstätig, bei den Männern beträgt der Anteil knapp 15 Prozent. Damit trägt der überwiegende Teil der Pflegenden im erwerbstätigen Alter eine Doppelbelastung aus Pflege und Beruf, schreiben die Autoren. Nach den IW-Berechnungen waren rund 60 Prozent aller Pflegenden Frauen und rund 40 Prozent Männer.
Laut der Studie, die auf Zahlen von 2017 beruht, korrespondiert der Umfang der Erwerbstätigkeit mit der Pflegezeit: Wer Vollzeit arbeitet und pflegt, wendet im Schnitt 1,2 Stunden pro Tag für die Pflege auf. In Teilzeitarbeit sind es 1,6 Stunden. Ohne Erwerbstätigkeit umfasst die Pflege pro Tag 3,7 Stunden. Dabei gibt es kaum Unterschiede zwischen den Geschlechtern.
Die Wissenschaftler weisen darauf hin, dass sich aus den Zahlen keine kausalen Zusammenhänge herauslesen lassen. So sei zum Beispiel nicht klar, ob der recht hohe Anteil der erwerbstätigen Frauen in Teilzeit arbeitet, weil die Frauen pflegen, oder ob sie pflegen, weil sie in Teilzeit arbeiten.
„Hilfe durch Pflegeangebote“
Die Forscher haben zudem den Zusammenhang zwischen Einkommen und Pflege untersucht, wobei sie dazu die Pflegenden in vier Einkommensklassen eingeteilt haben. Dabei ergibt sich, dass Pflegende mit höherem Einkommen tendenziell weniger Zeit für die Pflege aufwenden als Pflegende mit niedrigen Einkommen. So wird in der obersten Einkommensgruppe im Wochendurchschnitt täglich 1,3 Stunden gepflegt, in der untersten Einkommensgruppe sind es mit 2,8 Stunden mehr als doppelt so viele.
Ein ähnliches Bild gibt sich bei der Betrachtung des Vermögens. Das oberste Viertel wendet im Wochendurchschnitt 1,6 Stunden pro Tag für die Pflege auf, das unterste Viertel dagegen 2,5 Stunden. „Dies könnte darauf hindeuten, dass Pflegende mit höherem Nettoeinkommen und -vermögen Unterstützung durch kostenpflichtige Pflegeangebote in Anspruch nehmen“, schreiben die IW-Forscher.
„Eine Thema für die Arbeitgeber“
Die IW-Experten plädieren dafür, stärker zu untersuchen, unter welchen Rahmenbedingungen sich Männer – ähnlich wie in der Kindererziehung – stärker in der Pflege von Angehörigen engagieren. Das sei damit auch ein Thema für die Arbeitgeber, etwa durch flexible Arbeitszeiten, die Möglichkeit zum Homeoffice oder durch Kooperationen mit externen Dienstleistern, die Unterstützung in der Organisation und Beratung bei Auftreten eines Pflegefalls anbieten. „Im Wettbewerb um Fachkräfte werden jene Betriebe einen Vorteil haben, die auch bei der Pflegeunterstützung gute Modelle anbieten“, schreiben die IW-Forscher.
Im Jahr 2017 haben nach IW-Berechnungen knapp fünf Millionen Personen in einem privaten Rahmen Pflege geleistet. Gleichzeitig belief sich die Anzahl der Pflegebedürftigen auf 3,5 Millionen Personen, wovon 2,7 Millionen im häuslichen Umfeld versorgt wurden.