Taliban dringen weiter in Afghanistans vor: USA prangern Kriegsverbrechen an
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Militär im Einsatz gegen die Taliban bei Kundus.
© Quelle: imago images/Xinhua
Kabul. Die USA werfen den die militant-islamistischen Taliban mögliche Kriegsverbrechen in von ihnen kürzlich eroberten Gebieten in Afghanistan vor. Im Bezirk Spin Boldak der Provinz Kandahar im Süden des Landes hätten Taliban-Kämpfer Dutzende Zivilisten aus Rache massakriert, hieß es in einem am Montag von der US-Botschaft veröffentlichten Tweet. Diese Morde könnten Kriegsverbrechen darstellen, daher müssten die verantwortlichen Taliban-Kämpfer oder Taliban-Kommandeure zur Rechenschaft gezogen werden.
Die Taliban-Führung müsse für die Verbrechen ihrer Kämpfer verantwortlich gemacht werden, hieß es weiter. „Wenn Sie Ihre Kämpfer jetzt nicht kontrollieren können, haben Sie später nichts in der Regierung zu suchen.“
Afghanistan: Taliban weisen Vorwürfe zurück
Die Taliban wiesen die Vorwürfe kategorisch zurück und bezeichneten sie als Propaganda des Feindes. Den Islamisten zufolge wurden zwei Menschen in Spin Boldak in einer persönlichen Fehde getötet. Man bemühe sich, die Täter festzunehmen und den Fall zu untersuchen. In der Vergangenheit waren allen Kriegsparteien immer wieder Kriegsverbrechen vorgeworfen worden. Zuletzt hatte die Anzahl getöteter Zivilisten in dem Land UN-Angaben zufolge Rekordwerte erreicht.
“Am Nachmittag nahm die Intensität der Kämpfe (in Lashkargah) ab, da die Taliban nach den Luft- und Bodenoperationen schwere Verluste erlitten”, sagte Sayed Sami Sadat, der Kommandeur des Maiwand-Armeekorps, gegenüber Reuters. Präsident Ashraf Ghani machte am Montag eine “plötzliche” Entscheidung der USA zum Abzug ihrer Truppen für die sich schnell verschlechternde Sicherheitslage des Landes verantwortlich. “Wir hatten in den letzten drei Monaten eine unerwartete Situation”, sagte er dem afghanischen Parlament. Außerdem warf er den Taliban vor, ihre Verbindungen zu Terrorgruppen aufrechtzuerhalten und die Angriffe auf Frauen zu verstärken. Die Taliban wiesen Ghanis Vorwürfe zurück.
Taliban nehmen weite Teile Afghanistans ein
Nach heftigen Gefechten in den vergangenen Tagen kontrollierten die Taliban nun mindestens acht der zehn Polizeibezirke der afghanischen Provinzhauptstadt Laschkargah, sagten lokale Behördenvertreter und Einwohner der Deutschen Presse-Agentur am Montag. Mit Montagmorgen seien erneut heftige Kämpfe im Zentrum ausgebrochen. Sollte die Stadt mit geschätzt 200.000 Einwohnern im Süden des Landes fallen, wäre es die erste Provinzhauptstadt seit 2016, die die Taliban erobern können. Damals konnten sie kurzzeitig Kundus im Norden des Landes erobern.
Laschkargah drohte in den vergangenen Jahren bereits öfter an die Taliban zu fallen. Allerdings konnten US-Luftschläge und auch Unterstützung durch US-Spezialkräfte dies verhindern. Laut afghanischem Verteidigungsministerium flogen die USA auch in der Nacht zu Montag erneut Luftangriffe gegen Taliban-Stellungen.
Seit Anfang Mai haben die Taliban bei mehreren Offensiven mehr als 160 Bezirke des Landes hinzuerobert. Den Bezirk Spin Boldak in Kandahar, der an Pakistan grenzt, hatten sie Mitte Juli überrannt. Einem Bericht der afghanischen Menschenrechtskommission vom Samstag zufolge verübten die Taliban in der Folge Vergeltungsmaßnahmen gegen frühere und aktive Regierungsbeamte sowie Anwohner, die während einer versuchten Rückeroberung des Bezirks die Sicherheitskräfte begrüßt hatten. Die Kommission habe 40 Personen identifiziert, die seit dem 16. Juli in dem Bezirk von Taliban getötet worden seien.
RND/dpa