Terrorprozess: Handyvideos von Franco A. werfen Fragen auf
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Der Angeklagte Franco A. am dritten Prozesstag im Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt.
© Quelle: Thomas Lohnes/Getty Images Europ
Frankfurt/Main. In kurzen Handyvideos hat der unter Terrorverdacht stehende Bundeswehroffizier Franco A. seine Erfahrungen als angeblicher syrischer Flüchtling dokumentiert. Am Dienstag wurden im Prozess gegen ihn diese mit teils deutschen, teils französischen Kommentaren unterlegten Dateien gesichtet. Darin ließ sich der mit Bart und Brille getarnte A. über Fleischportionen, würdevolle Behandlung und Wartezeiten aus. Beim Gericht warfen die Videos viele Fragen auf.
An den vom Angeklagten angegebenen Motiven zeigte das Gericht Zweifel. „Es gibt in diesem Fall so vieles, was nicht zusammenpasst“, sagte der Vorsitzende Richter, Christoph Koller, am Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt.
Wenn es nur darum gehe, mit investigativer Recherche vermutete Missstände zu entlarven und anschließend etwa als Blogger darüber zu berichten - warum sollte das Doppelleben über 15 Monate aufrechterhalten werden, fragte Koller. „Das könnte dafür sprechen, dass Sie mit dieser Identität noch etwas anderes vorhatten.“ Franco A. hatte zu Prozessbeginn angegeben, dass er Missstände im System entlarven wollte.
Franco A. soll Terroranschläge geplant haben
Die Anklage wirft Franco A. die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat vor. Der 32 Jahre alte Deutsche habe sich aus einer rechtsextremistischen Gesinnung heraus eine falsche Identität als syrischer Flüchtling zugelegt, um geplante Anschläge als Terrorakte eines anerkannten Asylbewerbers darzustellen und so das Vertrauen in die Asylpolitik zu erschüttern, so die Anklage. Dazu soll er sich laut Anklage insgesamt vier Schusswaffen, über 1000 Schuss Munition sowie mehr als 50 Sprengkörper beschafft haben.
Franco A. hatte bestritten, Anschläge geplant zu haben und lediglich eingeräumt, unter falschem Namen einen Asylantrag gestellt zu haben. Die bisherige Einlassung des Offiziers hat aus der Sicht des Gerichts bislang wenig dazu beigetragen, das Geschehen zu erhellen. Auch zu der Munition gebe es bislang keine Erklärung.
„Das müssen wir aufklären, das werden wir aufklären“, betonte Koller. Franco A. könne zu dieser Aufklärung beitragen. „Wenn Sie nichts sagen wollen, werden wir uns selbst ein Bild machen.“ Eine umfängliche Einlassung könne sich aber gerade zu einem frühen Zeitpunkt auf das Strafmaß auswirken.
„Die haben mich mit Würde behandelt“
Zumindest ein Bild von den Erfahrungen von Franco A. konnte sich das Gericht am Dienstag machen. „Die haben mich mit Würde behandelt“, gab A. etwa auf einem Video nach Einreichung seines Asylantrags zu Protokoll. In einem anderen ließ er sich über Mitbewohner mit Koffern aus, die doch sicher keine richtigen Flüchtlinge aus einem Kriegsgebiet sein könnten. Auch ein ukrainischer Mitbewohner sei nur ein Wirtschaftsflüchtling, allerdings mit wertvollen Tipps: So etwas wie einen Tagesappell gebe es nicht, viele seien nur ab und an in der Unterkunft.
So hielt es auch A. in seiner Bleibe in Bayern, die er mit „echten“ Syrern teilte. Auf einem der Videos war er bei Bier und Kichererbsen mit dem Zimmernachbarn beim gemeinsamen Üben deutscher Zahlen zu sehen. Dass A. kein Arabisch sprach, ließ anscheinend keine Zweifel an dem angeblichen Landsmann aufkommen.
Seine nur sporadischen Aufenthalte in der Unterkunft erklärte A. nach eigenen Angaben den Nachbarn damit, dass er die meiste Zeit bei französischsprachigen Freunden in München sei. Tatsächlich leistete er in der Zeit weiterhin seinen Dienst bei einer deutsch-französischen Einheit im Elsass.
Festgenommen wurde A. im Februar 2017 in Wien, als er eine Pistole aus einem Versteck in einer Flughafentoilette holen wollte. Im November 2017 hatte der Bundesgerichtshof den Haftbefehl aufgehoben, seitdem befindet sich A. auf freiem Fuß.
RND/dpa