Türkei: 144 Kilometer Betonmauer sollen Flüchtlinge aus Afghanistan zurückhalten
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Flüchtlinge aus Afghanistan sind auf einer Landstraße in unmittelbarer Nähe der Grenze zu Griechenland auf dem Weg zum Grenzübergang Pazarkule-Kastanies. Viele Migranten suchen den Weg nach Europa über die Türkei.
© Quelle: Mohssen Assanimoghaddam/dpa
Athen. „Schmuggler“ und „Terroristen“ solle die Mauer aufhalten, heißt es offiziell. Aber es ist kein Zufall, dass gerade jetzt mit Hochdruck an den Sperranlagen gearbeitet wird. Seit dem Rückzug der Nato-Truppen aus Afghanistan steigt die Zahl der Menschen, die auf der Flucht vor den Taliban über den Iran in die Türkei strömen.
Täglich überqueren 1000 bis 1500 Flüchtlinge die Grenze. Schleuser kassieren pro Kopf 2500 bis 3000 Dollar für die 3000 Kilometer lange Reise von Afghanistan in die Türkei. Ein Teil des Geldes dient dazu, iranische und türkische Grenzpolizisten zu bestechen.
Drei Meter hoch, 144 Kilometer lang, Beobachtungstürme und Überwachungskameras
Die Mauer soll den Zustrom aufhalten. Die staatliche türkische Wohnungsbaugesellschaft Toki errichtet sie. Die Mauer besteht aus vorgefertigten Betonteilen, jedes drei Meter hoch, 2,80 Meter breit und sieben Tonnen schwer. Außerdem werden Beobachtungstürme gebaut und Überwachungskameras installiert.
Über 144 Kilometer zieht sich das Sperrwerk durch das karge Hochland. Die Ingenieure und Arbeiter von Toki haben Erfahrung mit solchen Bauwerken. Sie errichteten bereits in den Jahren 2015 bis 2018 eine 826 Kilometer lange Mauer an der Grenze zu Syrien.
Nach Schätzungen der UN-Flüchtlingsagentur UNHCR haben seit Beginn des Jahres in Afghanistan 270.000 Menschen auf der Flucht vor den Taliban ihre Häuser verlassen. Viele machen sich auf den Weg in die Türkei. Von dort wollen die meisten weiter nach Westeuropa. Denn in der Türkei haben Migranten aus Afghanistan keine Aussicht auf Asyl oder Legalisierung.
Viele schaffen Übertritt beim zweiten oder dritten Versuch
Wer beim Grenzübertritt erwischt wird, muss zurück in den Iran. Aber die Grenze ist lang und führt vielerorts durch unwegsames, unübersichtliches Gelände. Die Grenzpolizisten können sie gar nicht lückenlos überwachen. Viele Migranten schaffen es daher beim zweiten oder dritten Versuch.
500.000 Flüchtlinge aus Afghanistan leben bereits in der Türkei, die meisten in der Illegalität. Sie sind überwiegend unbeliebt, wie Einträge in den sozialen Medien zeigen. Viele Türken sehen in den Migranten unwillkommene Konkurrenten bei der Suche nach Arbeitsplätzen, die angesichts einer Arbeitslosenquote von 13 Prozent ohnehin schwer zu bekommen sind. Staatschef Recep Tayyip Erdogan steht deshalb unter großem innenpolitischem Druck, den weiteren Zuzug von Migranten zu bremsen.
Vergangenen Monat trafen sich die Außenminister der Türkei, des Irans und Afghanistans. Dabei stand auch das Flüchtlingsthema auf der Tagesordnung. Die Türkei sucht vor allem mit dem Iran eine Vereinbarung, um den Zustrom afghanischer Flüchtlinge zu stoppen. Aber bisher führten die Gespräche zu keinem Ergebnis.