Schwere Angriffe auf Energieinfrastruktur

Militärexperten: Russland will die Ukraine zwingen, mehr in Infrastruktur als in die Gegenoffensive zu investieren

Feuerwehrleute arbeiten nach dem Beschuss auf Gebäude durch eine Drohne.

Feuerwehrleute arbeiten nach dem Beschuss auf Gebäude durch eine Drohne.

Russland überzieht ukrainische Großstädte seit etwa zwei Wochen mit systematischen Drohnen- und Raketenangriffen. International wurde dies als „Terror gegen die Bevölkerung“ scharf kritisiert. Die EU sprach von russischen Kriegsverbrechen gegen Zivilistinnen und Zivilisten. Beobachterinnen und Beobachter gehen davon aus, dass dies eine Racheaktion nach der Beschädigung der Krimbrücke ist.

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Militärexpertinnen und -experten vom Institute for the Study of War (ISW) halten es aber nun auch für plausibel, dass Russland mit den Attacken vor allem die ukrainische Gegenoffensive schwächen will. „Die russischen Streitkräfte versuchen, die ukrainische Regierung zu zwingen, zusätzliche Ressourcen zum Schutz der Zivilbevölkerung und der Energieinfrastruktur einzusetzen, anstatt diese Ressourcen für die ukrainischen Gegenoffensiven im Osten und Süden aufzubringen“, heißt es im aktuellen ISW-Lagebericht.

Außerdem würde Russland darauf abzielen, den Kampfwillen der Ukraine zu schwächen. Allein am Samstag hatte es nach Angaben des ukrainischen Generalstabs 40 Raketenangriffe auf ukrainische Infrastruktur und 16 Angriffe mit iranischen Shahed-136-Drohnen gegeben. Etwa 20 russische Marschflugkörper und elf Drohnen konnten abgefangen werden.

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Der ukrainische Netzbetreiber Ukrenergo erklärte, dass bei den Angriffen auch das Hauptstromnetz der Ukraine stark beschädigt worden sei. Die Schäden seien vergleichbar mit denen nach den Angriffen vom 10. bis 12. Oktober vergangener Woche. Womöglich seien die Schäden sogar schwerwiegender. Die Folge waren am Samstag weitreichende Stromausfälle sowie Einschränkungen der Stromversorgung, die auch am Sonntag nur teilweise behoben waren. Bei den Raketen- und Drohnenangriffen in der vergangenen Woche handelte es sich um die schwersten Angriffe im Raum Kiew seit Monaten.

Trotz sinkender Temperaturen in der Ukraine ist es laut den Militärexpertinnen und Militärexperten des ISW „absolut unwahrscheinlich“, dass die anhaltenden Angriffe auf die ukrainische Energieinfrastruktur den ukrainischen Kampfeswillen brechen. Der Winter bringe jedoch eine „wirtschaftliche und humanitäre Herausforderung für die Ukraine“ mit sich. Die Stromausfälle werden in Verbindung mit dem kalten Winterwetter und den beschädigten Gebäuden „das Leiden der ukrainischen Zivilbevölkerung in diesem Winter wahrscheinlich noch verstärken“. Das ISW spricht von einer „humanitäre Tragödie“, die jedoch auf dem Schlachtfeld keine substanziellen Änderungen bewirkt.

„Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit, weil die Temperaturen bald sehr stark fallen und es in einigen Teilen des Landes bis zu minus 20 Grad kalt werden kann“, sagte in dieser Woche Achille Després vom Internationalen Roten Kreuz (ICRC) in Kiew dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Der Bedarf an humanitärer Hilfe ist enorm.“ Überall in der Ukraine bestehe eine enorme Nachfrage an Hilfsmaßnahmen und dass seit Tagen die kritische Infrastruktur unter Beschuss steht, verschärfe die Lage nur noch.

Nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj seien bei den Angriffen bereits 40 Prozent der Energieinfrastruktur beschädigt oder zerstört worden. Trotzdem zeigte er sich in einer Videobotschaft in der Nacht zu Sonntag kämpferisch. „Die Ukrainer sind vereint und wissen genau, dass Russland keine Chance hat, diesen Krieg zu gewinnen“, sagte Selenskyj.

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