Atomkraftwerk Saporischschja: Lage äußerst angespannt – neue Foltervorwürfe gegen Russland
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Die Lage im AKW Saporischschja im Süden der Ukraine ist nach wie vor angespannt. Nun gibt es erneut Bericht über russische Folter in den Kellerräumen des Kernkraftwerkes. Die Nacht im Überblick.
© Quelle: Uncredited/AP/dpa
Kiew/Moskau. Die Lage um das immer wieder beschossene und von russischen Truppen besetzte Atomkraftwerk Saporischschja im Süden der Ukraine bleibt gespannt. Nach russischen und ukrainischen Angaben gibt es bereits Schäden an der Infrastruktur des größten Kernkraftwerks in Europas. Die Kriegsparteien warnten einmal mehr vor der Gefahr, dass radioaktives Material austreten und zu einer atomaren Katastrophe führen könnte.
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Zudem gibt es neue Berichte darüber, dass die russische Armee die Mitarbeitenden des AKW in Saporischschja foltere. Der „Telegraph“ hatte zuletzt berichtet, dass die russischen Besatzer des Kernkraftwerks das verbleibende ukrainische Personal mittels Folter zum Schweigen bringe. Dadurch wolle Russland verhindern, dass die Mitarbeitenden mit den Vereinten Nationen (UN) über die mutmaßlich katastrophalen Bedingungen in Saporischschja sprechen. Russlands Armee bereite eine Inszenierung für eine möglichen Besuch der Internationalen Energiebehörde (IAEA) vor.
Lage in Saporischschja weiter unklar: Nervenkrieg um Europas größtes AKW
Drohender Super-GAU oder Normalbetrieb? Diese Aufnahmen des südukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja wurden am Mittwoch veröffentlicht.
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Der „Telegraph“ bezieht sich dabei nach eigenen Angaben auf die Aussagen verbleibender und geflohener Angestellter des Kraftwerks. Die Situation in Saporischschja sei angespannt: Die russische Armee erschwere dem Personal den Zugang zu Kontrollräumen des Kernkraftwerks, heißt es. Außerdem lagere Russland seine Militärausrüstung in der mittlerweile beschädigten Anlage. Immer mehr ukrainische Mitarbeiter seien seit Beginn der Besatzung geflohen.
Bereits kurz nach der russischen Einnahme des Kernkraftwerks häuften sich die Berichte über Folter des ukrainischen Personals. Unabhängig überprüfen lassen sich diese Angaben nicht.
Selenskyj unterstreicht Bedeutung des gemeinsamen Kampfes
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner Videoansprache in der Nacht die schlagkräftige Luftwaffe des Landes im Kampf gegen Russlands Invasion. Selenskyj unterstrich einmal mehr, dass der Kampf um die Freiheit und die Unabhängigkeit des Landes nur gemeinsam gelingen könne. „Es ist eine gemeinsame Arbeit. Und es ist ein Ergebnis, das dank der Stärke und der Solidarität aller erreicht wird, die Freiheit schätzen und die Tyrannei nicht tolerieren“, sagte er mit Blick auch auf andere Staaten, die die Ukraine unterstützen. „Freiheit gewinnt immer.“ Selenskyj kündigte an, dass auch Unterstützer der Ukraine im Ausland geehrt werden sollten.
Türkei und Ukraine unterzeichneten Vereinbarung über Wiederaufbau
Das Treffen war das erste persönliche Gespräch Erdogans mit Selenskyj seit der russischen Invasion.
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Russland war am 24. Februar in das Nachbarland einmarschiert. Am vergangenen Mittwoch dauerte der Krieg genau ein halbes Jahr. Am selben Tag feierte das Land auch 31 Jahre Unabhängigkeit.
Baerbock sichert Ukraine notfalls jahrelange Unterstützung zu
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sicherte der Ukraine notfalls jahrelange Unterstützung im Krieg gegen Russland zu. „Wir müssen leider davon ausgehen, dass die Ukraine auch im nächsten Sommer noch neue schwere Waffen von ihren Freunden braucht“, sagte Baerbock der „Bild am Sonntag“.
Die Ukraine verteidigt auch unsere Freiheit, unsere Friedensordnung. Und wir unterstützen sie finanziell und militärisch – und zwar so lange es nötig ist. Punkt.
Annalena Baerbock,
Außenministerin
Baerbock äußerte die Erwartung, dass der Krieg „noch Jahre dauern könnte“. Russlands Präsident Wladimir Putin habe eine „Wahnvorstellung“ gehabt, die Ukraine binnen kürzester Zeit einzunehmen. Dieses Vorhaben sei aber nicht aufgegangen. Die Außenministerin verteidigte auch den Anspruch der Ukraine auf die von Russland annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim. „Auch die Krim gehört zur Ukraine. Die völkerrechtswidrige Annexion von 2014 hat die Welt nie anerkannt.“
Baerbock warnte davor, angesichts der monatelangen Kämpfe eine Kriegsmüdigkeit in Deutschland herbeizureden. „Klar spüren inzwischen alle die Folgen von Putins Energiekrieg am eigenen Geldbeutel. Die soziale Spaltung Europas gehört zur Kriegsführung Putins. Dies müssen wir verhindern. Das wird ein steiniger Weg, aber es gehört zur politischen Verantwortung, die sozialen Schieflagen in Folge hoher Energiepreise abzufedern.“ Forderungen wie von Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP), die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 für Gaslieferungen zu nutzen, wies sie zurück.
Polen und Tschechien schützen slowakischen Luftraum
Polen und Tschechien schützen künftig mit Kampfflugzeugen den Luftraum über dem EU- und Nato-Partnerland Slowakei, das eine Grenze mit der Ukraine hat. Die drei Verteidigungsminister unterzeichneten dazu auf dem slowakischen Militärflugplatz Malacky am Samstag eine Vereinbarung. Als Ersatz für veraltete MiG-29 sowjetischer Bauart hatte die Slowakei 14 Maschinen des US-amerikanischen Typs F-16 bestellt. Deren Lieferung verzögert sich aber voraussichtlich bis 2024.
Der slowakische Verteidigungsminister Jaroslav Nad bezeichnete das Abkommen als Beweis für eine „starke Freundschaft, ja sogar Bruderschaft“ der drei Länder. Die Wartung der MiG-29-Flotte wurde auch aufgrund der Sanktionen gegen Russland wegen des Kriegs gegen die Ukraine immer schwieriger. Die Maschinen sollen nun außer Dienst gestellt werden. Möglich wäre auch, dass sie der Ukraine zur Verfügung gestellt werden. Eine Entscheidung steht noch aus.
Was am Sonntag wichtig wird
Die Augen der Weltöffentlichkeit richten sich weiter auf die Lage um das AKW in Saporischschja. Nach Angaben der Kriegsparteien sollen bald Experten der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA zu der Anlage reisen, um sich dort selbst ein Bild von der Situation zu machen. Moskau lehnt die von Dutzenden Staaten geforderte Übergabe des Kernkraftwerks zurück in die Kontrolle Kiew ab, weil die Ukraine aus russischer Sicht nicht die Sicherheit der Anlage gewährleisten könne.
RND/dpa/hyd