Umfrage: Zwei Drittel der Deutschen erwarten magere Zeiten – „Die fetten Jahre sind vorbei“
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ILLUSTRATION - Zum Themendienst-Bericht vom 22. April 2021: Die Grundrente ist zwar schon seit Anfang des Jahres in Kraft. Die ersten Bescheide werden aber erst ab Juli verschickt. Foto: Silvia Marks/dpa-tmn - Honorarfrei nur für Bezieher des dpa-Themendienstes +++ dpa-Themendienst +++
© Quelle: Silvia Marks/dpa-tmn
Berlin. Immer mehr Deutsche haben nach mehr als einem Jahr Pandemie, Lockdowns und weitgehenden Beschränkungen das Gefühl, „die fetten Jahre sind vorbei“.
Dies geht aus Repräsentativumfragen des Opaschowski-Instituts für Zukunftsforschung (OIZ) hervor, deren Ergebnisse dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) exklusiv vorliegen. Dafür waren Ende Februar 2021 1000 Personen ab 14 Jahren in Deutschland zu ihren Konsumgewohnheiten befragt worden.
Zwei Drittel der Befragten (64 Prozent) glauben: „Das Schlaraffenland ist abgebrannt.“ Zu dieser pessimistischen Einschätzung gelangen vor allem die Frauen (68), die Ostdeutschen (69) und die 50-plus-Generation (69).
Die meisten Befragten nennen dafür ganz persönliche Gründe. 61 Prozent sagen: „Die Corona-Krise hat meine Lebenseinstellung nachhaltig verändert.“ Insbesondere die Frauen (64) und die Ostdeutschen (72) bescheinigen sich selbst, beim Konsumieren maßvoller geworden zu sein.
Neue Bescheidenheit im Konsumverhalten
OIZ-Chef Horst Opaschowski erklärt die Ergebnisse damit, dass sich die Deutschen ihre Konsumwünsche immer weniger erfüllen könnten. „Der gewohnte Konsumdreiklang Shopping/Kino/Essengehen ist auf der Strecke geblieben“, sagt der Zukunftsforscher.
„Die Pandemie löst eine neue Bescheidenheit im Konsumverhalten aus. Konsum nach Maß bedeutet aber nicht nur Verzicht. Denn 61 Prozent der Bevölkerung stellen am Ende fest: ‚Ich vermisse nichts.‘“
Freunde und Nachbarn wertvoller
Opaschowski meint, an die Stelle des Shoppingspaßes als Glücksgefühl trete nun zunehmend die bewusste Wahrnehmung von Werten. „Materielles tritt hinter Immaterielles wie Gesundheit, Sicherheit und soziale Geborgenheit zurück. Familie, Freunde und Nachbarn rücken in den Vordergrund. Und auch Zeit wird fast so wertvoll wie Geld.“
Dies, prognostiziert der Forscher, werde folgenreiche Spuren bei Menschen und in Märkten hinterlassen. „Konsumkultur und Sinnkultur nähern sich an. Aus Werbebotschaften werden auch Wertebotschaften, wonach nicht immer alles käuflich erworben werden muss. Mehr mieten als kaufen und mehr teilen als besitzen können der Anfang einer neuen Sharingökonomie der Zukunft werden.“
Zukunftscredo „Weniger ist mehr“
Viele Menschen würden die Zukunft durch die Auswirkungen der Pandemie auf die Gesellschaft und den Einzelnen mit anderen Augen als noch vor wenigen Monaten sehen, so Opaschowski. „Bescheidener leben und trotzdem nichts vermissen, ein Stück vom Glück genießen und nicht immer nur das ganz große Glück haben wollen: Dies deutet auf grundlegende Einstellungsänderungen hin.“
Er glaubt: „Die veränderte Konsumhaltung ‚Weniger ist mehr‘ kann zum Zukunftscredo im Leben nach der Pandemie werden.“
So setzt sich die Umfrage zusammen: zwei Repräsentativumfragen von jeweils 1000 Personen ab 14 Jahren in Deutschland in der Zeit vom 22. Februar bis 1. März 2021. Es wurde die Deutsch sprechende Bevölkerung in Privathaushalten befragt.
Abgefragt wurden folgende Statements: „Stimmen Sie den folgenden Aussagen persönlich zu oder stimmen Sie nicht zu?
- In diesen unsicheren Zeiten habe ich öfter das Gefühl, die fetten Jahre sind vorbei, das Schlaraffenland ist abgebrannt.
- Die Corona-Krise hat meine Lebenseinstellung nachhaltig verändert: Beim Konsumieren und Geldausgeben bin ich maßvoller und bescheidener geworden und vermisse nichts.“
RND