Umweltministerin Schulze und Agrarministerin Klöckner uneins über Gentechnik
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Svenja Schulze (SPD), Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit.
© Quelle: Kay Nietfeld/dpa
Berlin. Vor der Veröffentlichung einer EU-Studie zur Kennzeichnung von Gentechnik hat sich Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) gegen eine andere Definition neuer Verfahren, wie der sogenannten Crispr-Genschere, ausgesprochen. „Auch neue Gentechnik ist und bleibt Gentechnik“, sagte Schulze am Dienstag. „Diese viel diskutierte Frage um Genome-Editing-Verfahren wie Crispr/Cas wurde 2018 vom Europäischen Gerichtshof endgültig entschieden“, betonte die SPD-Politikerin. „Ich sehe deshalb aktuell mit Befremden, dass es Bestrebungen gibt, neue Gentechnik umzudefinieren.“
2018 hatte der Europäische Gerichtshof entschieden, dass neue Techniken wie die Genschere auch als Gentechnik gelten und damit entsprechend streng reguliert sind. Ob diese Gleichsetzung zeitgemäß ist, ist jedoch umstritten. Am Freitag wird eine Studie der EU-Kommission erwartet, die sich mit der Regulierung neuer Gentechnikverfahren beschäftigt. „Es ist zurzeit noch nicht ganz klar, was da am Freitag herauskommen wird“, sagte Schulze.
In einem Positionspapier vom Bundesumweltministerium (BMU) fordert das Ressort, künftig etwa Eier, Fleisch- und Milchprodukte zu kennzeichnen, wenn „bei deren Herstellung gentechnisch veränderte Futtermittel genutzt wurden“. Zudem soll laut BMU gentechnisch verändertes Saatgut unabhängig auf mögliche Risiken untersucht werden. Sollten Hersteller nicht kooperieren, fordert das BMU Sanktionen seitens der EU.
Klöckner: Position des Überflusses
Zudem pocht das Ministerium auf die nationale Umsetzung einer europäischen „Opt-out-Richtlinie“ beim Thema Gentechnik. Demnach können einzelne Länder den Anbau bestimmter gentechnisch veränderter Organismen bei sich untersagen.
Zwar sei die Regelung im aktuellen Koalitionsvertrag vereinbart, das dafür verantwortliche Landwirtschaftsministerium habe aber „noch keine Schritte unternommen“. Schulze betonte, dass Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) und sie „sehr unterschiedliche Auffassungen“ darüber hätten, wie mit der neuen Gentechnik umzugehen sei.
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Julia Klöckner (CDU), Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft.
© Quelle: imago images/photothek
„Zielkonflikte lassen sich nicht auflösen, wenn man nur sagt, was man nicht will“, entgegnete Klöckner. Schulze argumentiere „aus einer Position des Überflusses“, so die CDU-Politikerin. „Wer aber Ernten stabil halten will, wer den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln stark zurückfahren möchte und wer wiederum Klimastabilität von Pflanzen ohne mehr Verbrauch von Ressourcen wie Wasser erwartet, der kann diese Techniken nicht einfach abtun.“
Bauernverband für Pflanzenschutz durch Gentechnik
Auch der Deutsche Bauernverband forderte als Reaktion auf Schulze, dass Bauern „dringend neue Züchtungstechniken“ bräuchten, „um schnell widerstandsfähigere Kulturpflanzen zu erhalten“. Das sei auch wichtig für den Umweltschutz: „Wenn sich eine Pflanze selbst gegen Krankheiten und Schädlinge schützen kann, braucht sie keinen chemischen Pflanzenschutz.“
„Gentechnik ist Gentechnik“, heißt es wiederum vom Verband Lebensmittel ohne Gentechnik (VLOG). Sein Geschäftsführer Alexander Hissting betonte, dass es für Verbraucher „essenziell“ sei, dass neuere Verfahren wie die Genschere „ausnahmslos weiterhin als Gentechnik gelten“. „Sonst wären Transparenz, Rückverfolgbarkeit und Wahlfreiheit dahin.“
RND/dpa