Union in Zerreißprobe um Kanzlerkandidatur
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Der Vorsitzende der Jungen Union, Tilman Kuban, fordert mehr Selbstbewusstsein der CDU.
© Quelle: Michael Kappeler/dpa
Berlin. Mit dem Ende der Ära von Angela Merkel droht die Union tief gespalten in den Bundestagswahlkampf zu ziehen. Die von den Parteivorsitzenden Armin Laschet (CDU) und Markus Söder (CSU) versprochenen Einigung auf einen Kanzlerkandidaten in dieser Woche war auch am Freitag noch nicht in Sicht.
Die beiden Rivalen würden am Wochenende sprechen und sich möglicherweise auch treffen, verlautete aus Parteikreisen. Es sei aber nicht zu erkennen, dass einer von beiden seinen angemeldeten Anspruch auf die Kandidatur aufgebe.
Sollten sie sich nicht einig werden, laufe es auf eine Entscheidung der Bundestagsfraktion an diesem Dienstag zu, hieß es. Das sei die schlechteste Variante, weil der Schaden für die Union am größten wäre, sagte ein CDU-Mitglied. Schon jetzt ist eine Spaltung der Partei erkennbar, nach Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff ließ auch Saar-Ministerpräsident Tobias Hans in einem Interview mit der Welt Unterstützung für Söder erkennen. Hessens Regierungschef Volker Bouffier hat sich wie sein Amtskollege in Kiel, Daniel Günther, klar für Laschet und gegen Söder ausgesprochen.
Abstimmung in Bundestagsfraktion?
Würde einer von beiden deutlich unterliegen, wäre dessen politische Zukunft zu Beginn des Wahlkampfs völlig offen. Käme es zu einer knappen Entscheidung, würde es dem Verlierer-Lager schwer fallen, das Ergebnis zu akzeptieren und für den siegreichen Konkurrenten Wahlkampf zu machen.
Schon jetzt sei schwer vorstellbar, wie die Union nach den Verletzungen in den vergangenen Tagen in der Kürze der Zeit wieder zusammenfinden solle. CSU-Politiker hingegen sehen einen Ausweg aus dem Machtkampf in einer geheimen Abstimmung in der Bundestagsfraktion. Sie gehen davon aus, dass Söder klar gewinnen würde.
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Der Vorsitzende der Jungen Union, Tilman Kuban, fordert mehr Selbstbewusstsein der CDU.
© Quelle: Michael Kappeler/dpa
Die Junge Union will nach Informationen des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND) am Montag in einer digitalen Sitzung ein Votum herbeiführen, wenn sich Laschet und Söder nicht am Wochenende einigen.
Zwölf der 18 JU-Landesverbände der Nachwuchsorganisation wollten bereits eine Erklärung für Söder veröffentlichen, wurden aber von Verbandschef Tilman Kuban durch die Zusicherung einer gemeinsamen Positionierung davon abgehalten.
Der Sonntag müsse für eine Entscheidung aus Respekt vor der nationalen Gedenkveranstaltung für die Opfer in der Corona-Pandemie an dem Tag ausscheiden.
Es gibt aber auch kritische Stimmen zu Söder in der Jungen Union. Sie kommen vor allem aus Laschets Heimatverband Nordrhein-Westfalen.
Schlechte Umfragewerte für Laschet
Die Umfragewerte sind weiterhin schlecht für Laschet und gut für Söder. Nach dem von infratest dimap erhobenen Deutschlandtrend des ARD-“Morgenmagazins“ (Freitag) halten derzeit 44 Prozent der Bundesbürger und 72 Prozent der Unions-Anhänger den CSU-Chef für den geeigneteren Kandidaten, um die Unionsparteien in die Bundestagswahl zu führen.
Im ZDF-Politbarometer von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen wird Söder von 63 Prozent aller Befragten und 84 Prozent der CDU/CSU-Anhänger Söder für kanzlertauglich erklärt.
Laschet trauen das Amt hier nur 29 Prozent zu und in den eigenen Reihen 43 Prozent. Er liegt damit auch hinter SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz, dem in der Umfrage 37 Prozent aller Befragten die Eignung als Kanzler attestieren.
Beim Deutschlandtrend sehen im nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Laschet nur 15 Prozent der Bundesbürger und 17 Prozent der Unions-Anhänger den geeigneteren Kandidaten. Laschet und seine Unterstützer erklären, grundsätzlich seien inhaltliche Werte wichtiger als Umfragewerte.