Unklarheit in der Fraktion über neuen Verhaltens­kodex für Unions­abgeordnete

Die beiden Unions­fraktions­vorsitzenden Ralph Brinkhaus (CDU, links) und Alexander Dobrindt (CSU) haben einen neuen Verhaltens­kodex für die Nebentätigkeiten von Fraktions­mitgliedern angekündigt. Details sind jedoch auch in der Unions­fraktion bislang unklar.

Die beiden Unions­fraktions­vorsitzenden Ralph Brinkhaus (CDU, links) und Alexander Dobrindt (CSU) haben einen neuen Verhaltens­kodex für die Nebentätigkeiten von Fraktions­mitgliedern angekündigt. Details sind jedoch auch in der Unions­fraktion bislang unklar.

Berlin. Nach der Ankündigung der Unions­fraktions­spitze, im Zuge der Maskenaffäre einen neuen Verhaltenskodex für ihre Abgeordneten zu erlassen, sind die Konsequenzen für die Mitglieder mit Nebentätigkeiten noch unklar. Nach RND-Recherchen könnten mehrere Unions­abgeordnete davon betroffen sein, bisherige Tätigkeiten aufgeben zu müssen.

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Die Neuregelung soll bezahlte Beratungs- oder Vermittlungs­tätigkeiten ausschließen, „die in einem direkten Zusammenhang mit dem Aufgabengebiet, das in der Fraktion betreut wird, stehen“. Für Abgeordnete mit herausgehobenen Positionen in der Fraktion sollen sogar „vergleichbare Anforderungen wie für Mitglieder der Bundesregierung gelten“.

Streng ausgelegt könnte das ein weitgehendes Nebentätigkeits­verbot für führende Fraktions­mitglieder bis hin zu Arbeitsgruppen­vorsitzenden bedeuten. Ein solches gilt bereits für Bundesminister, die neben ihrem Amt grundsätzlich keinen anderen Beruf ausüben oder Mitglied im Vorstand, Aufsichtsrat oder Verwaltungsrat eines gewinnorientierten Unternehmens sein dürfen.

Alois Rainer, Vorsitzender der Fraktions­arbeitsgruppe Verkehr und digitale Infrastruktur, etwa ist Mitglied im Aufsichtsrat des Maut-Betreibers Toll Collect. „Es bleibt zunächst abzuwarten, welche Punkte konkret im Verhaltenskodex festgehalten werden“, sagte Rainer dem Redaktions­Netzwerk Deutschland (RND). „Die mir derzeit bekannten Informationen stehen einer Tätigkeit im Aufsichtsrat von Toll Collect nicht entgegen.“ Unabhängig von den geplanten Änderungen werde er aber „auch künftig maximale Transparenz an den Tag legen“.

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Auch für die gesundheits­politische Sprecherin der Unions­fraktion, Karin Maag, könnte der neue Verhaltens­kodex möglicherweise eine Veränderung bedeuten. Maag hat in den vergangenen beiden Jahren als Beraterin für die Davita Medical Group gearbeitet, die Nieren- und Dialysezentren betreibt. „Die von mir angezeigten Nebentätigkeiten stehen in keinem Interessen­konflikt mit meinem Mandat, denn ich stelle vor allem mein Wissen über das komplexe Gesundheits­system zur Verfügung und vermittle keine vorteilsbringenden Kontakte“, sagte Maag dem RND.

Lobbycontrol sieht Interessen­konflikt

Die Organisation Lobbycontrol sieht das anders. „Ein Interessen­konflikt entsteht nicht erst, wenn es um die Vermittlung von Kontakten geht. Die Dacita Medical Group könnte einerseits von Maags Insiderwissen profitieren und somit einen Vorteil gegenüber anderen Akteuren in dem Feld haben“, sagte Ulrich Müller von Lobbycontrol. „Außerdem besteht das Risiko, dass Frau Maag bei politischen Entscheidungen nicht unbefangen ist und möglicherweise bewusst oder unbewusst Positionen der Dacita Medical Group stärker berücksichtigt als andere Positionen.“

„Sollte die Fraktion entsprechende Compliance-Richtlinien verabschieden, werde ich mich natürlich daran halten“, teilte Karin Maag dem RND mit. „Dies gilt auch für ein komplettes Verbot entgeltlicher Nebentätigkeit. Ich würde selbstverständlich unverzüglich meine Nebentätigkeiten beenden.“

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Der wirtschafts- und energiepolitische Sprecher der Unions­fraktion, Joachim Pfeiffer, teilte dem RND mit, er sei nach wie vor der Meinung, dass seine Nebentätigkeiten seine politische Unabhängigkeit stärkten und nicht schwächten. „Einen Interessen­konflikt sehe ich deshalb nicht.“ Der schwäbische CDU-Abgeordnete ist neben seinem Mandat als Berater tätig, Geschäftsführer zweier Unternehmen und war in den vergangenen Jahren Mitglied in Beiräten und Aufsichtsräten von fast einem Dutzend Firmen. „Was den angedachten Verhaltens­kodex anbelangt, kenne ich bislang nur das Absichts­schreiben der Fraktions­spitze. Deshalb kann ich dazu momentan keine abschließende Stellungnahme abgeben“, erklärte Pfeiffer. Eine „Verbeamtung“ des in der Verfassung angelegten freien Abgeordneten­mandats halte er allerdings für falsch und kontraproduktiv.

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Lobbycontrol sieht ein grundsätzliches Problem bei entgeltlichen Beratungs­tätigkeiten für Unternehmen und Verbände durch Parlamentarier. Besonders problematisch seien bezahlte Lobby­neben­tätigkeiten, bei denen Abgeordnete an der Lobbyarbeit von Unternehmen oder Organisationen mitwirkten, sagte Lobbycontrol-Mitarbeiter Müller. „Dies sollte gänzlich verboten sein. Das gilt nicht nur für die Vermittlung von politischen Kontakten durch die Abgeordneten selbst, sondern auch für inhaltliche oder strategische Unterstützung bei der Lobbyarbeit.“

Bouffier bringt Ehrenkodex auch für andere Fraktionen ins Spiel

Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) hat die in die Masken­affäre verwickelten Unions­politiker aufgefordert, ihre Provisionen an gemeinnützige Organisationen zu spenden. „Was da passiert ist, ist schlichtweg ein Unding. Ich bin auch dafür, dass dieses Geld an gemeinnützige Organisationen gespendet werden soll“, sagte Bouffier dem RND. Die CDU und die CSU hätten schnell, richtig und konsequent gehandelt, meinte Bouffier weiter. „Wichtig war auch der Ehrenkodex, den jetzt die Abgeordneten unterschreiben müssen. Ich wundere mich nur, dass dies bei anderen Fraktionen nicht der Fall ist.“

Unterdessen hat die frühere Bildungs­ministerin Annette Schavan (CDU) Vergleiche der Maskenaffäre mit der CDU-Partei­spenden­affäre von 1999 zurückgewiesen. „Das Verhalten dieser Abgeordneten ist schrecklich und ohne jeden Kompass“, sagte Schavan dem RND. „Allerdings ist der Vergleich mit der Spenden­affäre insofern schräg, als er die Bedeutung dieser Abgeordneten überhöht.“ Zum aktuellen Fall erklärte Schavan weiter, wie hoch der Schaden sein werde, entscheide sich auch an den Konsequenzen, die gezogen würden.

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