„Vernichtende Niederlage für die Überwachungspolitik“
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Die Vorratsdatenspeicherung ist zunächst ausgesetzt.
© Quelle: dpa
Hannover. Das große Spähen ist vorerst verschoben. Am 1. Juli sollte das neue Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung in Kraft treten. Internet-Anbieter wären demnach darauf verpflichtet, ohne Anlass zehn Wochen lang Verbindungsdaten der Kunden zu speichern. Standortdaten der Handynutzer sollten für vier Wochen auf den Servern der Provider lagern. Doch das Oberverwaltungsgericht Münster stellte in einer Eilentscheidung fest, dass die deutsche Rechtslage gegen europäische Datenschutzrichtlinien verstoße. Die Bundesnetzagentur reagierte am Mittwoch prompt: Sie setzte den Speicherzwang für die Anbieter aus.
Die Regierungskoalition ist über diese Entscheidung gespalten, obwohl ihre Minister Heiko Maas (SPD) und Thomas de Maizière (CDU) das Gesetz 2015 auf den Weg brachten. Clemens Binninger, CDU-Innenexperte und Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums für die Nachrichtendienste, beklagt, dass die vorläufige Aussetzung der Vorratsdatenspeicherung durch die Bundesnetzagentur die deutschen Sicherheitsbehörden „vor nahezu unlösbare Herausforderungen“ stelle. „Wenn ich bei einem Terrorverdächtigen nicht mehr feststellen kann, mit wem er in den letzten zehn Wochen telefoniert oder gemailt hat, kommt man auch keinen Netzwerken mehr auf die Spur“, kritisierte Binninger im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
Lars Klingbeil hatte nach eigener Aussage mit mehreren SPD-Abgeordneten gegen die Vorratsdatenspeicherung im Bundestag gestimmt: „Die Entscheidung der Bundesnetzagentur ist konsequent. Eine verfassungskonforme Ausgestaltung einer verdachtsunabhängigen Vorratsdatenspeicherung gleicht aus meiner Sicht einer Quadratur des Kreises. Da hat sich meine Position über die Jahre nicht geändert.“ Eine effiziente Strafverfolgung brauche nicht immer mehr Daten, sondern vor allem mehr Personal, das konkreten Verdachtsmomenten nachgehen könne.
Groß ist der Jubel bei den Grünen. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Konstantin von Notz, sprach von einer „vernichtenden Niederlage für die Überwachungspolitik dieser Bundesregierung“. Die Vorratsdatenspeicherung mit ihrer massenhaften und völlig willkürlichen Datensammlung sei „ein zentraler Baustein einer völlig verfehlten Sicherheitsstrategie“, sagte er dem RND.
Von RND