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Vorwurf der Strafvereitlung gegen Zollspezialeinheit – Durchsuchungen in Bundesministerien

Wegen des Verdachts der Geldwäsche gegen eine Spezialeinheit des Zolls hat es beim Bundesfinanzministerium für Finanzen eine Durchsuchung gegeben. Das BMF betonte, dass es keine Verdachtsfälle gegen seine Mitarbeiter gebe.

Wegen des Verdachts der Strafvereitlung im Amt gegen eine Spezialeinheit des Zolls hat es beim Bundesfinanzministerium (BMF) eine Durchsuchung gegeben. Das BMF betonte, dass es keine Verdachtsfälle gegen seine Mitarbeiter gebe.

Berlin. Zweieinhalb Wochen vor der Bundestagswahl haben Ermittler am Donnerstag in Berlin zwei Ministerien der Bundesregierung durchsucht: das Finanzministerium von SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz und das ebenfalls von der SPD geführte Justizministerium. Hintergrund sind Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Osnabrück gegen die Geldwäsche-Zentralstelle des Zolls (FIU). Dabei seien auch Unterlagen beschlagnahmt worden, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte. Weitere Details wurden zunächst nicht bekannt.

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Eine Million für Drogenhandel und Terrorfinanzierung?

Die Arbeit der Zollbehörde mit dem langen Namen Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (Financial Intelligence Unit/FIU) wird seit längerem kritisiert. Die Staatsanwälte aus der niedersächsischen Provinz gehen seit Februar vergangenen Jahres einem Verdacht auf Strafvereitelung im Amt bei der FIU nach. Die Zentralstelle soll Hinweise von Banken auf Geldwäsche nicht an Polizei und Justiz weitergeleitet haben. Konkret genannt wurde ein Fall aus dem Jahr 2018. Damals hatte eine Bank den Verdacht, bei Zahlungen von mehr als einer Million Euro nach Afrika gehe es um Waffen, Drogenhandel und Terrorfinanzierung. Die FIU habe dies nur zur Kenntnis genommen, aber nicht weitergeleitet. So seien die Zahlungen nicht gestoppt worden.

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Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Verdachtsmeldungen dem jüngsten FIU-Bericht zufolge auf 144.000 (2019: 114 900). Zugleich sank aber die Zahl der Fälle, die an die Länder weitergegeben wurden auf 24.7000 Meldungen (2019: 33 800). Doch wer bestimmt die Politik der FIU? Die Auswertung der beschlagnahmten Unterlagen werde einige Wochen in Anspruch nehmen, so die Staatsanwaltschaft - also über den Wahltermin 26. September hinaus.

Das Bundesfinanzministerium (BMF) nahm am Donnerstagmittag zu den Durchsuchungen gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) Stellung und unterstrich, dass sich der zugrunde liegende Verdacht nicht gegen Mitarbeiter der Behörde richte und nur die für die FIU zuständige Fachreferate beträfen. Das BMF unterstrich, dass sie die Staatsanwaltschaft bei den Ermittlungen unterstützen wolle.

„Der Staatsanwaltschaft geht es in erster Linie um die Identifikation von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Zentralstelle (FIU, Anmerkung der Redaktion) in Köln und um Informationen, inwieweit der sogenannte risikobasierte Ansatz der Zentralstelle rechtlich erörtert und abgesichert wurde“, hieß es in einer Erklärung des BMFs weiter.

Mitarbeiter halten die Durchsuchung für unverhältnismäßig

Auch das Justizministerium betonte offiziell, die Ermittlungen richteten sich nicht gegen eigene Beschäftigte. Unter der Hand wurde die öffentlichkeitswirksame Durchsuchung „völlig unverständlich und unverhältnismäßig“ genannt. Man hätte die gewünschten Unterlagen auf schriftliche Anforderung selbstverständlich herausgegeben. Eine solche Anforderung habe es jedoch nie gegeben. Das Justizministerium wird von Christine Lambrecht (ebenfalls SPD) geführt.

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Die Staatsanwaltschaft nimmt nach eigenen Angaben die Ministerien bis in die Spitze in den Blick. Untersucht werde, „ob und gegebenenfalls inwieweit die Leitung sowie Verantwortliche der Ministerien sowie vorgesetzte Dienststellen in Entscheidungen der FIU eingebunden waren“. Durchsuchungen bei der FIU hätten eine „umfangreiche Kommunikation“ zwischen der Zentralstelle und den Ministerien gezeigt. Den Einsatz in Berlin hat das Amtsgericht Osnabrück genehmigt.

Die Zustände in der FIU wundern mich nicht.“

Frank Buckenhofer

Vorsitzender Gewerkschaft der Polizei

Die Staatsanwälte handeln mit Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza (CDU) im Rücken. Sie hatte zuletzt im August Versäumnisse des Bundes im Kampf gegen Schwarzgeld bemängelt.

Die 2001 gegründete FIU wurde 2017 aus dem Bundeskriminalamt (BKA) ausgegliedert und dem Zoll unterstellt. „Die Zustände in der FIU wundern mich nicht“, sagte Frank Buckenhofer, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) im Zoll, der „Wirtschaftswoche“. Behördenstruktur, Ausrüstung, Datenzugänge und rechtliche Befugnisse seien 2017 nicht durchdacht worden, so dass die FIU „im Blindflug“ sei.

RND/ag

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