Erstmals gemeinsame Waffeneinkäufe

EU will der Ukraine eine Million Granaten liefern

Ukrainische Soldaten feuern eine französische Panzerhaubitze vom Typ Caesar auf russische Stellungen (Archivbild).

Ukrainische Soldaten feuern eine französische Panzerhaubitze vom Typ Caesar auf russische Stellungen (Archivbild).

Brüssel. Die EU-Staaten wollen der Ukraine binnen eines Jahres eine Million neuer Artilleriegeschosse für den Kampf gegen die russischen Invasoren liefern. Darauf einigten sich die Außen- und Verteidigungsminister der EU-Mitgliedsländer am Montag in Brüssel. Dafür will die EU insgesamt 2 Milliarden Euro bereitstellen. Die ukrainische Armee klagt seit Wochen, dass vor allem Geschosse vom Kaliber 155 Millimeter knapp werden.

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Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) bestätigte die Pläne. Demnach will Deutschland zusammen mit Dänemark und den Niederlanden eine Einkaufsgemeinschaft bilden und sich zudem an der gemeinsamen Beschaffung von Munition auf EU-Ebene beteiligen. „Das ist Neuland“, sagte Pistorius, „wir bündeln Europas Marktmacht.“ Ziemlich genau vor einem Jahr hatten die Staats- und Regierungschefs der EU bei einem Gipfeltreffen in Versailles erstmals grünes Licht für gemeinsame Waffeneinkäufe gegeben.

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Nach Pistorius‘ Worten sei es Ziel, noch in diesem Jahr „eine nennenswerte Zahl“ von Geschossen an die Ukraine zu liefern. Details nannte der Minister nicht. Angaben zu militärischen Lagerbeständen werden geheim gehalten.

Wie es in Brüssel hieß, könnten zwar schon im Mai erste Sammelbestellungen bei der Rüstungsindustrie eingehen. „Das ist sehr ambitioniert, aber nicht unrealistisch“, sagte ein hoher Brüsseler Beamter. Doch das löst nicht das Problem der langen Lieferzeit. Sie beträgt derzeit für 155-Millimeter-Geschosse gut ein Jahr. EU-Beamte hoffen zwar, dass sich diese Zeit auf vielleicht neun Monate reduzieren lässt. Doch sicher ist das nicht. Deswegen sei es wichtig, dass die Mitgliedsstaaten ihre Lagerbestände durchforsteten und Granaten an die Ukraine lieferten.

Die Einigung der Außen- und Verteidigungsminister sieht vor, dass die EU jene Mitgliedsstaaten mit insgesamt einer Milliarde Euro entschädigt, die so schnell wie möglich Geschosse aus eigenen Lagerbeständen freigeben oder sich mit Partnerstaaten zusammentun und Munition bestellen.

Sammelbestellungen und Steigerung der Munitionsproduktion

Eine weitere Milliarde Euro steht für den gemeinsamen Einkauf von Munition auf EU-Ebene zur Verfügung. Das soll ähnlich organisiert werden wie die gemeinsame Bestellung von Impfstoffen zu Beginn der Corona-Pandemie. Damals hatte die EU verschiedenen Pharmakonzernen feste Abnahmemengen garantiert.

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Olexandr (37), a gunnerr of Panzerhaubitze walks just in his socks inside Panzerhaubitze.  This device likes cleanliness. Panzerhaubitzen were provided to Ukraine by Germany as  weapons against Russian agression. Photographed at not specified location ( due to security reasons) in  Donbas, Ukraine, on 2nd of March 2023.

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Die EU hofft, dass ein solches Vorgehen von der Industrie wohlwollend angenommen wird. Schließlich sende man ein klares Nachfragesignal, hieß es in Brüssel. Durch die Sammelbestellungen sollen die Preise gedrückt und die Lieferzeiten verkürzt werden. Die Europäische Verteidigungsagentur (EDA) wird die Bestellungen bündeln.

Die 2 Milliarden Euro kommen aus der sogenannten Europäischen Friedensfazilität. Das ist ein Geldtopf, aus dem die EU bereits heute Waffen, Ausrüstung und Ausbildungskurse für die ukrainische Armee bezahlt. Mehr als 3,6 Milliarden Euro hat die EU bislang ausgegeben.

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Nach EU-Angaben gibt es 15 Rüstungsunternehmen in elf EU-Staaten, die 155-Millimeter-Artilleriegeschosse produzieren. Berichte, wonach in der EU pro Jahr maximal 600.000 Geschosse hergestellt werden können, wollten EU-Diplomaten nicht kommentieren. Sie beriefen sich dabei auf Geheimhaltungsvorschriften.

Neben dem Einkauf auf nationaler Ebene und der gemeinsamen Beschaffung über die Europäische Verteidigungsagentur soll langfristig die europäische Munitionsproduktion gesteigert werden. Dazu könnte es einen EU-eigenen Fonds geben, damit die Rüstungsindustrie in neue Fertigungsstraßen für Artillerie- und Panzermunition investiert. Nach Ende des Kalten Kriegs wurden diese Produktionslinien in vielen Rüstungsunternehmen eingemottet.

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