Wegen Thüringen: AfD zeigt Merkel gleich doppelt an
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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach deutliche Worte zur Ministerpräsidentenwahl in Thüringen. Die AfD hat sie deshalb nun angezeigt.
© Quelle: imago images/Samy Minkoff/Steinach/Metodi Popow/Montage RND
Berlin. Die AfD will wegen der Einlassungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zur Regierungskrise in Thüringen juristisch gleich zweifach gegen sie vorgehen.
Der Thüringer Fraktionschef und Partei-Rechtsaußen Björn Höcke schrieb am Dienstag im Kurznachrichtendienst Twitter: "Ich stelle Strafanzeige gegen Merkel wegen Nötigung des Ministerpräsidenten durch die Bundeskanzlerin." Er bezog sich auf Äußerungen der Kanzlerin während ihrer Südafrika-Reise vergangene Woche. Merkel hatte dort gesagt, die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten von Thüringen - auch mit Stimmen der AfD - sei "unverzeihlich" und müsse rückgängig gemacht werden.
Der Münchner Rechtswissenschaftler Walther Michl hält einen Erfolg der Anzeige für aussichtslos: "Das ist ein reiner PR-Trick."
Jurist: Merkels Worte waren Einschätzung der politischen Lage in Thüringen
Der AfD-Bundesvorstand hatte nach Angaben eines Sprechers bereits am Montag beschlossen, aus demselben Grund wie Höcke wegen "Nötigung" Strafanzeige zu stellen. Die AfD plane, eine "rechtliche Abmahnung mit Unterlassungserklärung" einzureichen. "Da Frau Merkel keine relevante Funktion mehr in der CDU bekleidet und im afrikanischen Ausland erkennbar auch nicht als CDU-Mitglied, sondern als deutsche Regierungschefin unterwegs gewesen ist, liegt hier ein klarer Fall von Amtsmissbrauch mit Verletzung der Chancengleichheit der Parteien vor", erklärte Parteichef Jörg Meuthen.
Laut AfD-Mitteilung habe Merkel gegen Paragraf 106 des Strafgesetzbuches verstoßen. Dieser sieht eine Strafe von bis zu fünf Jahren Gefängnis vor, wenn etwa das Regierungsmitglied eines Bundeslandes "rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel" genötigt werde.
"Welches Übel soll das denn sein?", fragt Jurist Michl. Seiner Meinung nach hätte Merkel etwas androhen müssen, um den Rückzug Kemmerichs durchzusetzen. Das habe sie aber nicht getan. Ihre Worte seien eine Einschätzung der politischen Lage in Thüringen gewesen.
AfD wollte Merkel schon früher vor Gericht bringen
Michl schließt daher aus, dass die Kanzlerin Strafverfolgung zu befürchten hätte. Nach einer Anzeige prüft zuerst die Staatsanwaltschaft, ob der Anfangsverdacht einer Strafbarkeit vorliegt. "Wir scheitern schon beim ersten Schritt", so der Wissenschaftler.
Außerdem genießen Bundestagsabgeordnete wie Merkel Immunität. Zwar dürfen Behörden gegen einen Parlamentarier ermitteln, allerdings muss der Bundestag etwa bei Anklageerhebung für die Aufhebung der Immunität des Betroffenen stimmen - wie zuletzt etwa bei AfD-Bundestagsfraktionschef Alexander Gauland. In Merkels Fall ist das bei der Sitzverteilung im Parlament nur schwer vorstellbar.
Schon früher wollte die AfD Merkel vor Gericht bringen - unter anderem wegen des Regierungshandelns in der Flüchtlingspolitik. Bei der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe etwa waren vor allem in der Zeit nach Beginn des Migrationszugs im Jahr 2015 Hunderte Anzeigen wegen Hochverrats eingegangen. Alle erwiesen sich bisher als haltlos.
RND/dpa