Wie die Bundes-CDU auf Distanz zu Tobias Hans geht
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Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) und seine Frau Tanja bei der Stimmabgabe zur saarländischen Landtagswahl.
© Quelle: Getty Images
Berlin. Die CDU-Spitze verzichtet aufs Abwarten, ein Pünktchen nach oben oder sogar zwei – das ändert jetzt ja nichts.
Schon kurz nach der Schließung der Wahllokale stellt sich CDU-Generalsekretär Mario Czaja in Berlin vor die Mikrofone und sagt: „Es ist wie es ist. Die CDU Saar hat die Wahl verloren.“
Es ist das erste Mal, dass Czaja für die Bundes-CDU das Ergebnis einer Landtagswahl kommentieren muss. Er hat seinen Job erst im Januar übernommen, auf Vorschlag des neuen CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz. Ein Aufbruch sollte es werden, diese neue Spitze nach der Niederlage bei der Bundestagswahl. Und nun das.
+++ Der Liveticker zur Wahl im Saarland +++
Schon wieder eine Niederlage. „Ein bitterer Abend“, sagt Czaja. „Ein schmerzhaftes Ergebnis.“
Jubel bei der SPD: Rehlinger gewinnt Landtagswahl im Saarland
„Das Saarland hat Rot gewählt“, sagte die SPD-Wahlsiegerin Anke Rehlinger am Sonntag.
© Quelle: Reuters
Er gratuliert Anke Rehlinger, die nun im Saarland Ministerpräsidentin werden wird. Und er dankt Tobias Hans, der bislang der Ministerpräsident der CDU war.
In der Bundes-CDU finden einige, Hans habe die Wahl vergeigt. Nach 23 Jahren CDU-Regierung hat er es nicht geschafft, die Wähler noch mal von seiner Partei und das erste Mal von sich zu überzeugen.
„Die CDU Saar hat die Wahl verloren“, so sagt es Czaja. Die CDU Saar, nicht die CDU generell. Er nennt die Pandemie und „die allgemeine politische Lage“, also wohl den Ukraine-Krieg, es klingt wie eine Art mildernde Umstände.
Aber er sagt auch: „Es ist ein saarländisches Ergebnis.“ Und: „Wir müssen deutlicher machen, wofür die Union steht.“
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Tobias Hans (CDU, links), Noch-Ministerpräsident des Saarlandes, und Friedrich Merz, CDU-Vorsitzender
© Quelle: Oliver Dietze/dpa
Das scheint ganz offensichtlich: In Umfragen blieb Hans bei der Führungsstärke, Kompetenz, Glaubwürdigkeit und Sympathie weit hinter seiner nun siegreichen Herausforderin Rehlinger zurück. Die war zuletzt Wirtschaftsministerin im Kabinett von Hans – und die Wirtschaftskompetenz sahen die Wähler Umfragen zufolge nun nicht mehr bei der CDU.
Daran hat sich nichts geändert. Hans, der im Wahlkampf schnell noch ein Handyvideo drehte, auf dem er vor einer Tankstelle empört Entlastung von den hohen Benzinpreisen fordert – und auf den Staat schimpft. Als das nicht wirklich aufging, fanden sie das auch in der CDU keine gute Idee mehr.
Auch der neue Parteichef Friedrich Merz hat daran nichts geändert, obwohl der als Wirtschaftsfachmann gilt.
CDU-Spitze gab Saarland schon verloren
Allerdings ist er im Saarland auch kaum unterwegs gewesen. Eine Klausurtagung des Bundesvorstands gab es dort vor einigen Wochen, seither hat man den Parteichef nicht mehr viel gesehen. In der Woche vor der Wahl blieb er dem Wahlkampfland fern. Die Umfragen sahen denkbar schlecht aus, Merz ging lieber auf Distanz zum mit 44 Jahren jüngsten Ministerpräsidenten der CDU. Hans hatte in der jüngsten Parteivorsitzrunde Merz unterstützt.
Intern signalisierte die CDU-Spitze, dass das Saarland kaum zu halten sei.
Und nun ist es sogar schlimmer geworden, als sie in der CDU erwartet haben. Die CDU im Saarland ist abgestürzt – anders als bei den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg hat sich die Regierungspartei nicht behaupten können.
Nächste Station NRW und Schleswig-Holstein
Aber es ist ja nicht nur das kleine Saarland: Vor fünf Jahren hat der unverhofft hohe Sieg an der Saar der CDU Aufwind bei den anschließenden Wahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen gegeben – in beiden Ländern gelang der Sprung aus der Opposition in die Regierung. Im Bund wurde damals der umjubelte SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz jäh ausgebremst.
Dieses Mal ist zwar die Bundestagswahl vorbei, dafür stehen aber weitere drei Landtagswahlen an. Die Hoffnung der Bundespartei liegt auf den Wahlen in Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen im Mai, wo die Umfragewerte etwas günstiger scheinen. Ministerpräsident Daniel Günther, ein liberales Gegenmodell zu Parteichef Merz, regiert in Kiel mit FDP und Grünen.
In NRW hat Hendrik Wüst erst vergangenes Jahr von Armin Laschet übernommen, der sich an die Kanzlerkandidatur wagte und scheiterte. Wüst regiert mit der FDP und nur einer Stimme Mehrheit.
Für die CDU geht es jetzt nicht darum, saarländischen Schwung mitnehmen zu können, sondern darum, einen Abwärtstrend zu verhindern.
Es gebe „keine Auswirkungen auf die anderen Bundesländer“, beteuert daher Czaja. Dort hätten die Spitzenkandidaten ja auch gute persönliche Werte. In der CDU lästern sie, der passionierte Reiter Hans sei zu abgehoben gewesen, ganz anders als seine Vorgängerin Annegret Kramp-Karrenbauer, die ihm ihren Job vor ein paar Jahren überlassen hat, um ihr Glück in der Bundespolitik zu versuchen.
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Sie hatte Hans den Posten als Ministerpräsidenten bei ihrem Wechsel nach Berlin überlassen: Annegret Kramp-Karrenbauer
© Quelle: Swen Pförtner
Im Bund hat die CDU in den vergangenen Wochen vor allem versucht, sich gegen die Bundesregierung zu profilieren. Die Überlegung aber, eine schlechte oder als schlecht wahrgenommene Performance der Bundesregierung könnte zu einem parteipolitischen Aufschwung der Union in den Ländern führen, hat sich im Saarland nicht bewahrheitet.
Einmal hat sich Friedrich Merz kurz vor der Wahl doch noch zu Wort gemeldet, mit einem 23-Sekunden-Statement per Video.
Hans ging seinerseits auf Distanz zu Berlin: „Meine Frau hat mich sehr unterstützt und die CDU Saar hat gekämpft wie eine Eins“, sagte er nach seiner Stimmabgabe. Ob er sich nach einer Niederlage an der Spitze der Saar-CDU halten kann, ist unklar. Hans kündigte am Abend an, Verantwortung für die Niederlage zu übernehmen. Die Details ließ er offen.