Militärmanöver „Wostok 2022“: Was steckt hinter der Übung von Putin und seinen Freunden?
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/MV3IK6OYFJHNNEXOMBDISFMO44.jpg)
Soldaten mehrerer Länder, die an der Militärübung „Wostock 2022“ im Osten Russlands teilnehmen, posieren zur Eröffnung des Manövers für ein Foto.
© Quelle: IMAGO/SNA
50.000 Soldaten, 5000 Militärfahrzeuge, 140 Flugzeuge, 60 Kriegsschiffe – mitten im Krieg gegen die Ukraine startet Russland am entgegengesetzten Ende seines Territoriums ein militärisches Großmanöver. Es trägt den Namen „Wostok 2022″ („Osten 2022″) und wird zusammen mit Verbündeten Moskaus bis zum 5. September abgehalten.
Mit dabei sind etwa Truppen aus China, Indien, der Mongolei und mehreren Ex-Sowjetrepubliken, allen voran Russlands treuem Freund Belarus, aber auch das zuletzt auf Distanz zum Kreml gegangene Kasachstan. Dazu gesellen sich Abteilungen aus Algerien und Syrien – und sogar aus dem fernen Nicaragua sind Soldaten zum Appell erschienen.
Dass Russland Tausende Kilometer von den Kämpfen in der Ukraine entfernt ein weiteres Großaufgebot an Soldaten und Kriegsmaterial auffährt, überrascht angesichts vieler Meldungen über hohe russische Verluste in dem Krieg auf den ersten Blick. Doch schaut man genauer auf die Umstände, deutet vieles darauf hin, dass „Wostok 2022″ vor allem als großes Signal an den Westen zu verstehen ist.
Russland startet großes Militärmanöver mit China, Indien und Belarus
Mehr als 50.000 Soldaten und 140 Flugzeuge: Während des Kriegs gegen die Ukraine startet Russland eine groß angelegte Militärübung im Osten.
© Quelle: dpa
„Wostok 2022“ – ein Signal an den Westen
Denn Russland demonstriert vor allem eines: Trotz der harten Sanktionen des Westens und der fortgeschrittenen Isolation in der internationalen Gemeinschaft kann Moskau noch immer den Schulterschluss mit seinen Partnern üben.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/5DV7ZCFGYJED3NLCMRBSO3O6LA.jpg)
Indische Soldaten nehmen an der Eröffnungszeremonie für das gemeinsame Militärmanöver „Wostok 2022“ in Primorje teil.
© Quelle: IMAGO/ITAR-TASS
Vor allem die Teilnahme Indiens an der Übung lässt dabei aufhorchen. Denn das Land gibt sich angesichts des Kriegs in der Ukraine stets neutral, baut aber seine Wirtschaftsbeziehungen zu Russland aus. Indien bezieht den Großteil seines Militärarsenals aus Russland. Gleichzeitig aber liegt Neu-Delhi seit Jahrzehnten im erbitterten Streit mit China um Grenzverläufe im Himalaya – und geht nun an der Seite Pekings in die Militärübung. Im Indopazifik sucht Indien zudem die Nähe zum Westen, um sich notfalls gegen China zur Wehr setzen zu können.
China wiederum galt lange Zeit als großer Konkurrent Russlands, seit mehreren Jahren jedoch werden die Beziehungen der beiden Länder immer enger. Nur kurz vor dem russischen Angriff auf die Ukraine erklärten Moskau und Peking ihre „Freundschaft ohne Grenzen“. Im Vorfeld der Militärübung teilte das chinesische Verteidigungsministerium mit: „Das Ziel ist, die praktische und freundschaftliche Kooperation mit Armeen teilnehmender Staaten zu vertiefen, das Niveau strategischer Zusammenarbeit zwischen den Teilnehmenden zu vergrößern und die Fähigkeit zu stärken, auf verschiedene Sicherheitsbedrohungen zu reagieren.“
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/IIRGNUWGDFAB7LBVYYTVRXYJYQ.jpg)
Auch chinesische Soldaten sind Teil der Militärübung „Wostok 2022“.
© Quelle: IMAGO/ITAR-TASS
2018 führte Russland im Osten die größe Militärübung seit dem Kalten Krieg durch
Andererseits jedoch fällt „Wostok 2022“ deutlich kleiner aus als das Vorgängermanöver im Jahr 2018. Damals waren gut 300.000 Soldaten an der Übung beteiligt, zudem mehr Militärgerät. Muss Russland dem Krieg in der Ukraine also doch Tribut zollen? Die kurze Antwort lautet: vermutlich ja.
+++ Alle aktuellen News zum Krieg in der Ukraine im Liveblog +++
„Wostok 2018″ war die größte Militärübung unter Federführung Russlands seit dem Kalten Krieg. Auch damals schon nahm ein kleines Kontingent von nur gut 3000 Soldaten aus China an dem Manöver teil, ansonsten versammelten sich insbesondere Ex-Sowjetrepubliken. Die zwar kleinere, aber dafür internationalere Übung in diesem Jahr sendet ein anderes Signal an die Welt: Russland ist lange nicht am Ende seiner Kräfte und steht nicht allein auf weiter Flur.
Das Manöver findet auf Militärübungsplätzen im Osten des Landes statt: in Sibirien, im Fernen Osten, im Ochotskischen und im Japanischen Meer. Gerade die Seeübungen dürften für wachsame Augen in Japan, einem Verbündeten des Westens, sorgen, denn Tokio steht im Konflikt mit Russland um Teile der Kurilen, einer Inselgruppe, die das Ochotskische Meer vom Rest des Pazifiks trennt.
Auch Eberhard Zorn, Generalinspekteur der Bundeswehr, warnt davor, Russlands Kapazitäten kleinzureden. „Die Masse der russischen Landstreitkräfte mag im Moment zwar in der Ukraine gebunden sein“, sagte Zorn der Nachrichtenagentur Reuters. „Dennoch sollten wir das Potenzial der russischen Streitkräfte, einen zweiten Kriegsschauplatz zu eröffnen, nicht unterschätzen.“ Auch wenn Zorn eher die Möglichkeit einer regionalen Ausweitung des Kriegs in der Ukraine sieht – „Wostok 2022″ im Fernen Osten Russlands ist eine deutliche Warnung an den Westen.