Klaus Maria Brandauer: „James Bond ist eine herrliche Operette“

Klaus Maria Brandauer spielt eine der Hauptrollen im ARD-Zweiteiler „Ferdinand von Schirach: Feinde“.

Klaus Maria Brandauer spielt eine der Hauptrollen im ARD-Zweiteiler „Ferdinand von Schirach: Feinde“.

Klaus Maria Brandauer gehört zu den bekanntesten Schauspielern unserer Zeit. Im Interview mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) spricht er über seine Rolle als Strafverteidiger im TV-Zweiteiler „Ferdinand von Schirach: Feinde“ (ARD), der am Sonntag, 3. Januar 2021, läuft.

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Herr Brandauer, in solch bewegten Zeiten soll die erste Frage Ihrer Gesundheit gelten. Wie geht es Ihnen?

Mir und meiner Familie geht’s gut. Aber wir haben natürlich jetzt – wie viele andere auch – einige Monate hinter uns, in denen wir uns wie geparkt gefühlt haben. Was nicht heißen soll, dass es nicht auch viele schöne Seiten hatte.

Haben Sie in den zurückliegenden Monaten gearbeitet?

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Ich habe am Burgtheater – wenn es erlaubt war – ein paar Lesungen vor reduziertem Publikum gemacht, mehr nicht. Alles andere wurde abgesagt oder verschoben, manches mehrere Jahre. Es gab also mehr Freizeit als üblich, und ich bin sehr froh über die Dinge, die ich über den Sommer gemacht habe. Ich war öfter draußen als sonst, und ich habe viel gelesen, übrigens fast nur Bücher, die ich bereits kannte. Das waren spannende Neubegegnungen mit alten Bekannten.

Am 3. Januar 2021 spielen Sie eine der Hauptrollen im TV-Zweiteiler „Ferdinand von Schirach: Feinde“. Wenn Ihnen ein Drehbuch angeboten wird: Wie schnell entscheiden Sie, ob Sie eine Rolle annehmen?

Damit tue ich mich eigentlich eher schwer, aber in diesem Fall ging es ganz schnell. Ich habe das Drehbuch gelesen und danach gleich den Regisseur Nils Willbrandt angerufen, dass ich das sehr gern machen möchte.

„Die Gerechtigkeit wohnt in einer Etage, zu der die Justiz keinen Zugang hat“, lautet eines der bekanntesten Zitate von Friedrich Dürrenmatt. Auch „Feinde“ ist ein Lehrstück über den Unterschied von Recht und Gerechtigkeit.

Ja, genau, da kann man sehr viel sagen, zu beiden. Aber erst mal sollte man darüber nachdenken. Mit dem Begriff Gerechtigkeit kann ich schon etwas anfangen. Mein Opa war sehr gerecht, auch wenn er manchmal aufbrausend war. Aber er war sehr darauf bedacht, dass jeder das gleiche Stück vom Kuchen bekommt. Gleichwohl bleibt doch einem jeden überlassen, selber zu empfinden, was gerecht ist und was nicht. Der andere Begriff ist das Recht, das brauchen wir, weil es eine Ordnung geben muss, an der wir uns alle orientieren, und die muss irgendwo niedergelegt sein. Mir ist klar, dass nicht jeder mit dem einverstanden ist, was dann als Rechtsstaat daherkommt, aber was wäre die Alternative? Es wird immer ein Spannungsverhältnis zwischen Gerechtigkeit und Recht geben, wichtig ist mir, dass man darüber reden kann. Und dass vor dem Rechtsstaat jeder gleich ist. Dass eben nicht gelten darf: Wer den besten Anwalt hat, der gewinnt.

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Wie haben Sie sich der Rolle des Strafverteidigers Konrad Biegler angenähert?

Er steht für eine ganze Generation von hochprofessionellen Praktikern, die sehr genau wissen, was sie können, und für ihre Werte und Überzeugungen einstehen, auch wenn der Wind mal von der anderen Seite weht. Damit kann ich mich schon mal gut identifizieren. Darüber hinaus ist er auch ein Genussmensch, er isst und er trinkt gern, und er ist starker Raucher. Das bin ich selber schon lange nicht mehr, aber mir gefällt das beim Biegler trotzdem. Wenn er einen Fall hat, dann arbeitet er die Nächte durch. Er ist nicht korrumpierbar, am wenigsten von sich selber. Solchen Leuten haben wir mehr zu verdanken, was unsere freiheitliche Gesellschaft angeht, als wir im ersten Moment glauben.

Haben Sie sich mit Ferdinand von Schirach vor den Dreharbeiten intensiver über die Szenen ausgetauscht?

Wir kannten uns vorher gar nicht persönlich, haben dann aber sehr freundlich korrespondiert und uns auch getroffen. Ferdinand von Schirach hat uns mehrere Male am Set besucht. Wir haben dann aber eher über andere Sachen gesprochen. Ich bin kein Freund davon, die Dinge im Vorfeld zu zerreden. Es ist wichtig, dass wir die Geschichte plausibel und spannend erzählen. Im Drehbuch steht ja schon alles drin. Ferdinand von Schirach hat eine lange Erfahrung mit solchen Stoffen und weiß die entscheidenden Wendungen zu platzieren und das Ganze kraftvoll voranzutreiben. Dennoch ist der Schritt vom Drehbuch zurück ins Leben auch bei einer solchen Vorlage kein einfacher. Man muss sich darauf einlassen, das Ganze zunächst groß denken, und darf dann das Vertrauen nicht verlieren.

Viele Zuschauer wird die Geschichte an den realen Fall des entführten Bankierssohn Jakob von Metzler erinnern, bei dem der damalige Polizeivizepräsident Wolfgang Daschner dem Verdächtigen Gewalt androhte, um den Aufenthaltsort des Jungen herauszufinden. Rein intuitiv werden sich viele für die Redewendung „Der Zweck heiligt die Mittel“ entscheiden …

Das kann sein, aber ist für mich in der Betrachtung gar nicht so wichtig. Wir sind ja mit dem Projekt im Bereich der Fiktion und müssen uns von allen eventuellen Vorbildern so frei wie möglich machen. Es kommt darauf an, eine eigene Geschichte zu erzählen und dabei plausibel, kritisch und auch spannend zu sein. Wir wollen die Zuschauer ja für zweimal neunzig Minuten an uns binden, da muss man schon sehr genau wissen, was man tut. Insofern versuche ich den Biegler so plastisch wie möglich darzustellen, genau wie das die Kolleginnen und Kollegen mit ihren Figuren machen. Es kommt ja gerade nicht darauf an, sich irgendwo in der Mitte zu treffen, sondern es geht darum, klare Linien zu ziehen, zwischen denen sich der Zuschauer dann zurechtfinden kann, wenn er seine eigene Haltung zum Thema entwickelt. Das ist eine ziemliche Herausforderung für alle Seiten, ich weiß.

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Im TV-Zweiteiler „Ferdinand von Schirach: Feinde“ (ARD) hat Strafverteidiger Biegler (Klaus Maria Brandauer) unbeugsame Grundsätze.

Im TV-Zweiteiler „Ferdinand von Schirach: Feinde“ (ARD) hat Strafverteidiger Biegler (Klaus Maria Brandauer) unbeugsame Grundsätze.

Sie haben eingangs erwähnt, dass Sie Sympathien für Ihre Rollen empfinden müssen, um sie spielen zu können. Sie haben in Ihrer langen Laufbahn schon den ein oder anderen Bösewicht gespielt …

Welchen? Nennen Sie mir einen einzigen …

Zum Beispiel den Bond-Bösewicht Maximilian Largo in „Sag niemals nie“ von 1983.

Ach hören Sie doch auf mit Bösewicht, das ist doch lächerlich. Diese James-Bond-Filme waren Kalter-Krieg-Märchen, fantastisch gemacht, aber damals schon antiquiert. Der Largo war nichts weiter als ein Gangster, bei dem alle Fäden zusammenliefen, und natürlich musste der aus dem Osten sein. Das hat mir damals ein Riesenspaß gemacht, ich fand, James Bond ist eine herrliche Operette. Gleichzeitig hat es bedeutet, dass bis heute sehr viele Menschen diesen Film gesehen haben. Wenn man einen Film macht, bei dem weltweit Millionen ins Kino gehen, bleibt auch noch ein bisschen was übrig für Filme, die einem noch etwas mehr am Herzen liegen.

Meinen ersten Kinofilm mit Ihnen habe ich 1985 gesehen. In „Oberst Redl“ spielen Sie einen Hauptmann, der kurz vor Untergang des Kaiserreichs über Leichen geht.

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So ein armes Schwein wie der Oberst Redl, entschuldigen Sie mal. Der wurde von Kindheit an immer nur gegängelt. Dieser Kerl hat schon ein tragisches Schicksal. Dass der für Sie ein Bösewicht ist. (lacht) Ich glaube, das war eine ganz interessante Figur, die nur dem Kaiser dienen wollte und auf die merkwürdige Bahn kam. Den würde ich nicht als Bösewicht bezeichnen.

Dann haben Sie offensichtlich nie einen Bösewicht gespielt. Ich möchte meine Meinung revidieren …

(lacht) Sie müssen Ihre Meinung doch gar nicht revidieren. Das Schöne ist doch, dass wir darüber reden können. Ich kann mit Begriffen wie böse und gut zunächst mal gar nichts anfangen. Es ist – wie so oft im Leben – eine Frage der Betrachtung. Auch in „Feinde“ sehen Sie die Geschichte aus zwei verschiedenen Perspektiven. Und dürfen sich Ihre eigene Meinung bilden, das ist doch wunderbar. Wir müssen nur so gut sein, dass die Zuschauer auch für zweimal neunzig Minuten dranbleiben.

Davon gehe ich aus. Wenn man Sie als Strafverteidiger sieht, denkt man, Sie wären schon 50 Jahre als Anwalt im Geschäft …

Das bin ich in gewisser Weise auch. (lacht) Als Schauspieler mache ich von Anfang an nichts anderes als Gerichtsverhandlungen. Ich muss immer der Anwalt und auch der Ankläger von Hamlet, Don Carlos oder Wallenstein sein, ihnen mit aller Konsequenz glauben, sie aber auch absolut infrage stellen! Bester Freund und ärgster Feind sein, die Wahrheit liegt dann immer irgendwo in der Mitte. Wenn ich mir diese Freiheit nicht nehmen würde, dann wäre das alles eindimensional und ziemlich langweilig. Und das gilt es mit allen Mitteln zu vermeiden!

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