Kommentar

Mit Lugner beim Wiener Opernball: Warum, Jane Fonda, warum?

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Jane Fonda wurde nach eigener Aussagen erst mit 60 Jahren zu einer wirklichen Feministin. Nun begleitet die 85-Jährige den Österreicher Richard Lugner zum Wiener Opernball.

Sie? Mausi, Hasi, Käfer, Bambi, Katzi, Kolibri, Spatzi, Bienchen oder Täubchen. Er? Mörtel. Richard „Mörtel“ Lugner. Wiener Opernballdauergast, ehemaliger Bauunternehmer und TV-Selbstdarsteller.

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Die Tierchen, das sind die Spitznamen, die Richard Lugner seinen jeweiligen Lebenspartnerinnen gegeben hat. Wenn Lugner von der Presse hingegen als Tier betitelt wird, dann nicht als etwas Putziges. Kein Schäfchen oder Vögelchen. Er, der 90-Jährige, ist durchgehend Löwe. Baulöwe. Oder Gesellschaftslöwe. Ebenso wenig niedlich wie Mörtel.

Richard Lugner bezahlte 2008 Dita Von Teese als seine Begleitung für den 53. Wiener Opernball.

Richard Lugner bezahlte 2008 Dita Von Teese als seine Begleitung für den 53. Wiener Opernball.

Ist Lugners Auftreten einfach nur harmlos? Nö!

Das altbekannte Bild: der reiche, alte Mann, der sich mit Geld eine dekorative Begleitung mietet. 1992 hat Lugner diese PR-Strategie für sich entdeckt, zusammen mit seiner damaligen Ehefrau Christina Lugner. Jedes Jahr macht er sich selbst wieder zur Marke, indem er sein Gesicht Ende Januar in die Kamera hält und seine neue Begleitung verkündet. In mehr als 30 Jahren waren auch drei Männer dabei – Harry Belafonte, Roger Moore und Dieter Bohlen. Und hinterher klagt er genüsslich über die „schwierigen Diven“. In diesem Jahr wird sich die 85-jährige Jane Fonda bei ihm unterhaken. Klar, wir könnten sagen, so läuft wohl einfach PR. Alle einigen sich auf einen Vertrag, es werden schöne Hochglanzfotos gemacht und jeder und jede hat was davon. Alles harmlos. Könnte man sagen. Sagen manche.

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Aber ein Bild ist nie nur ein Bild - sonst gäbe es ja so etwas wie PR nicht. Es ist ein Theater, bei dem alle mitmachen: Lugner, die Frauen, die Presse und die Leserinnen und Leser. Es ist ja nicht nur eine Frage des Bildes, auch eine des Wortes. Die Frauen, die Lugner begleiten, werden als „Mädels“ bezeichnet, unter ihnen beispielsweise auch die Weltklasse-Schauspielerin Sophia Loren, damals 60 Jahre alt.

Lugner bestimmt das Narrativ über die Frauen

Der „Spiegel“ zitiert Lugner, der Kim Kardashian zickig nennt, weil sie in ihrer Limousine ein Babybett für ihre damals acht Monate alte Tochter haben wollte. Gerade wenn man sich die Berichterstattung über den Auftritt Kardashians beim Opernball 2014 anschaut, wird klar, wie unterschiedlich über den Mann Lugner und die Frau Kardashian gesprochen wird. Sie wird nicht als Unternehmerin bezeichnet, obwohl ihr Portfolio damals schon mit Parfümreihen oder Smartphone-Spielen weit über TV-Shows hinausreichte, sondern herabsetzend als „Starlet“. Dabei unterscheiden sich gerade bei Kim Kardashian und Richard Lugner die PR-Strategien gar nicht so stark: Beide sind vor allem um ihrer selbst willen berühmt.

2014 holte der Unternehmer Lugner die Geschäftsfrau Kim Kardashian samt ihrer Familie vom Flughafen ab.

2014 holte der Unternehmer Lugner die Geschäftsfrau Kim Kardashian samt ihrer Familie vom Flughafen ab.

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Was Lugner von den Auftritten hat, ist klar: Ohne die prominente Begleitung wäre er einfach ein Bauunternehmer geblieben – bekannt wahrscheinlich nur in Wiener Kreisen. Er hätte gar nicht die Chance, intime Details seiner Gäste (fehlende Unterwäsche, Sex mit dem Freund in der Loge) in der Presse breitzutreten, um daraus wieder Bekanntheit zu generieren. Immer ist er derjenige, der das Narrativ des Ballabends prägt. Was die Frauen – und drei Männer – davon haben? Eine Gage, über deren Höhe es nur Gerüchte gibt. 50.000 Euro oder doch 250.000 Euro? So offen wie Lugner in Hinblick auf intime Details seiner Begleitungen ist, so verschlossen ist er bei dieser Frage.

Das Private ist politisch

Womit wir wieder bei den Partnerinnen von Lugner sind: Das ist doch alles Privatsache, wie er sie nennt. Da kann man ihm doch jetzt nichts vorwerfen. Mensch, der ist halt so ein Spitzbübiger. „Das Private ist politisch“, schrieb die Feministin Carol Hanisch bereits 1970. Wie man in seinen Beziehungen agiert, besitzt eine politische Dimension: Es zeigt die Prägung der Gesellschaft. Gerade Jane Fonda, die in diesem Jahr Lugner zum Opernball begleiten wird, hat diesen Satz in ihrem Essay „Meine verschlungene Reise zum Feminismus“ aufgegriffen. Denn um eine wirkliche Feministin, eine Frau mit einer eigenen Stimme zu werden, habe sie ihre eigenen Beziehungen zu Männern hinterfragen müssen. Männer, die es nicht gemocht hätten, wenn sie zu viel geredet habe. „Dabei entdeckte ich, dass das, was ich für meine Probleme gehalten hatte, tatsächlich von anderen Frauen geteilt wurde“, schrieb sie. Welche Erfahrungen wohl die Partnerinnen von Richard Lugner gemacht haben?

Doch bleiben wir bei der Frau, bei Jane Fonda. Und da bleibt eigentlich nur eine Frage: Warum, Jane Fonda, warum? Diese Frau, die kluge Essays voller Selbstreflexion schaffte, mit ihrem Talent Oscars gewann und dann noch ein Imperium mit ihren Fitnessvideos aufbaute? Warum? Lugner selbst sagt, dass Geld nicht der Grund sein könne. Schließlich sei sie ja viel reicher als er.

Deswegen bleibt nur eine inständige Bitte: Jane Fonda, mach etwas Cooles! Eine Protestaktion für das Klima, für den Feminismus, gegen den Krieg! Abseilen von der Loge, Selbstverteidigungskurs auf dem Tanzparkett, festkleben am feierlich gedeckten Tisch, Transparente statt Busserl für die Kamera! Überlass Lugner nicht das Narrativ. Entziehe dieser Veranstaltung den internalisierten Sexismus. Bitte, Jane Fonda, mach einfach was Cooles.

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