Nach Vorstoß von den Niederlanden: Wie gehen europäische Königshäuser mit Homosexualität um?
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/S3I23BKMJFGAZPSW4ME2R4ARTY.jpg)
Eine typisch royale Familie: Vater, Mutter und Kinder. Hier die Vertreter aus den Niederlanden mit Prinzessin Ariane (von links), Kronprinzessin Amalia, König Willem-Alexander, Königin Máxima und Prinzessin Alexia.
© Quelle: Imago Images/PPE
Die Niederlande haben Klarheit geschaffen: Sollte sich ein künftiger Thronfolger oder eine künftige Thronfolgerin für eine gleichgeschlechtliche Ehe entscheiden, verliert er oder sie damit nicht den Anspruch auf den Thron. Das gab Premierminister Mark Rutte am Mittwoch bekannt. Die gleichgeschlechtliche Ehe ist seit 2001 in den Niederlanden legal – ob sie mit dem Königsamt vereinbar ist, darüber herrschte bisher keine Klarheit.
Doch wie gehen andere europäische Königshäuser mit Homosexualität um? Wer sich einmal bei den Royals in Großbritannien, Spanien oder Skandinavien umschaut, stellt fest: Thronfolgerinnen oder Thronfolger, die sich geoutet haben, gab es in jüngerer Vergangenheit nicht. Das Bild einer royalen Familie ist immer noch traditionell: Vater, Mutter und eine Handvoll Kinder – zelebriert wird dieses Bild stets wiederkehrend, in verschiedenen jahreszeitlich aufgenommenen Porträts. Sei es mit William und Kate und dem Nachwuchs zu Weihnachten oder mit der königlichen Großfamilie aus Schweden im Sommergarten.
In der Geschichte der Monarchen gibt es immer wieder Königinnen oder Könige, Thronfolgerinnen und Thronfolger, von denen man heute davon ausgeht, dass sie homosexuell waren. So schrieb Prinzessin Isabella von Bourbon-Parma (1741–1763) leidenschaftliche Briefe an ihre Schwägerin. Der englische König Eduard II. (1284–1327) soll drei Liebhaber gehabt haben. Aktuelle Beispiele aus dem Hochadel? Fehlanzeige. Doch wie sieht es mit der rechtlichen Lage aus?
Großbritannien
Zwar ließ sich Prinz William in Großbritannien 2016 auf dem Cover des Magazins für Homosexuelle „Attitude“ ablichten und sprach sich gegen die Diskriminierung der Angehörigen der LGBTQ-Gemeinde aus. Doch sagte er zum Thema Homosexualität drei Jahre später bei einer Veranstaltung des Albert Kennedy Trusts, der Personen der LGBTQ-Gemeinde unterstützt, die von Obdachlosigkeit bedroht sind: „Ich wünschte, wir würden in einer Welt leben, in der es wirklich normal und cool ist, aber besonders für meine Familie und die Situation, in der wir uns befinden, bin ich nervös.“ Gleichzeitig würde er aber seine Kinder umfänglich unterstützen, wenn sie homosexuell seien.
Die eine Sache ist die Sicht der Royals selbst, die andere die der Kirche: Denn die Anglikanische Kirche, deren Oberhaupt der König oder die Königin ist, lehnt derzeit noch eine gleichgeschlechtliche Trauung in der Kirche ab. Eine Ausnahme bildet die Kirche in Wales: Hier können gleichgeschlechtliche Paare einen speziellen Segen erhalten, berichtete der britische „Guardian“ im September.
Doch gibt es durchaus Beispiele von Angehörigen des hohen Adels in Großbritannien. Lord Ivar Mountbatten, ein Cousin der Queen, heiratete am 22. September 2019 seinen langjährigen Partner James Coyle. Zum Altar führte ihn seine Ex-Frau Penelope. Mitglieder der königlichen Familie nahmen wegen Terminproblemen nicht an der Hochzeit teil.
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Instagram, Inc., der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.
Schweden
In Schweden wird die Frage, wie ein Thronfolger zu seiner Homosexualität stehen würde, gerade fiktional mit der Netflix-Serie „Young Royals“ durchgespielt. In der Realität gibt es keine aktuellen Beispiele. 2020 besuchte die schwedische Kronprinzessin Victoria mit ihrem Mann Prinz Daniel allerdings die Föderation der LGBTQ-Gemeinde und signalisierte damit ihre Unterstützung.
In der schwedischen Verfassung ist festgelegt, dass ein Kind innerhalb einer Ehe geboren werden muss – eine Adoption eines gleichgeschlechtlichen Paares, um die Thronfolge zu sichern, ist damit also ausgeschlossen. Dazu kommt, dass die schwedische Regierung der Ehe eines Prinzen oder einer Prinzessin zustimmen muss. Wenn diese Regeln nicht eingehalten werden, verliert der Prinz oder die Prinzessin den Anspruch auf die Thronfolge. Den Segen der Kirche hätte ein royales gleichgeschlechtliches Paar allerdings in Schweden: Seit 2009 gibt es hier Segenssprüche, die auch den Begriff Ehe enthalten, für gleichgeschlechtliche Paare.
Norwegen
Ähnlich wie in Schweden sieht es auch in Norwegen aus: Zwar gibt sich das Königshaus LGTB-freundlich. Kronprinzessin Mette-Marit flog beispielsweise selbst für ein befreundetes homosexuelles Paar nach Indien, um dort ein Kind abzuholen, das von einer Leihmutter ausgetragen wurde. Die beiden Väter des Kindes konnten aufgrund von Visaproblemen nicht selbst anreisen.
Ob eine Ehe, also auch eine gleichgeschlechtliche, geschlossen werden darf, hängt in Norwegen laut Grundgesetz von der Zustimmung des Königs ab: aktuell also von Harald V. Kinder sind nur dann für die Thronfolge berechtigt, wenn sie in der Ehe geboren und in direkter Linie vom König abstammen. Ein adoptiertes Kind von einem homosexuellen Paar hätte also nach aktueller gesetzlicher Lage keinen Anspruch auf den Thron.
Dänemark
Schon seit 1989 ist eine eingetragene Partnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare in Dänemark möglich, seit 2002 eine gleichgeschlechtliche Ehe. In der lutherischen Dänischen Kirche können homosexuelle Paare sich seit 2012 auch kirchlich trauen lassen. Ein Adoptionsrecht für homosexuelle Paare gibt es seit 2009. Mit diesen Regelungen verfügt das skandinavische Land über äußerst fortschrittliche Gesetze. Ob ein Kronprinz oder eine Kronprinzessin eine gleichgeschlechtliche Ehe eingehen darf, hängt von der Zustimmung von Königin Margrethe II. ab. Die gab 2012 auch ihre Zustimmung für das Gesetz für die Homoehe. Doch auch wenn einer gleichgeschlechtliche Ehe von Margrethe II. zugestimmt wird, gibt es auch hier noch die ungelöste Frage der Thronfolge.
Spanien
2008 sprach sich die damalige Königin Sofia gegen die gleichgeschlechtliche Ehe aus – und erzürnte die LGBTQ-Gemeinde. Ihr Sohn König Felipe VI. wollte dieses Image der spanischen Royal Family offensichtlich ändern und war 2015 auf dem Cover des Homosexuellenmagazins „RAGAP“. Er gilt laut Bericht als erster spanischer Monarch, der ein offenes Ohr für die Anliegen der Community habe.
Anders als beispielsweise in Schweden muss die Regierung einer Ehe nicht direkt zustimmen, hat aber die Möglichkeit, diese zu verbieten. Auch eine andere Hürde gibt es in Spanien nicht: Zwischen ehelichen und unehelichen Kindern wird in Spanien nicht unterschieden – so könnte ein adoptiertes Kind oder eines, das durch eine Samenspende entsteht, durchaus die Thronfolge in einer gleichgeschlechtlichen Ehe sichern.
Ein Hindernis wäre allerdings die katholische Kirche: Die steht einer gleichgeschlechtlichen Ehe bekanntlich ablehnend gegenüber.