Nico Santos: “Mein bester Kumpel wurde mit 15 Jahren überfahren”
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Sänger Nico Santos hat sein zweites Album veröffentlicht und ist derzeit in der neuen “Sing meinen Song”-Staffel zu sehen.
© Quelle: Britta Pedersen/zb/dpa
Die wichtigste Frage zuerst: Wie geht es Ihnen?
Relativ gut. Man ist natürlich traurig, aber man muss alles positiv nehmen und das Beste daraus machen. Ich habe gerade relativ viel Zeit für mich und kann auch mal abschalten. Ich komme gerade mal wieder zur inneren Ruhe.
Ihr zweites Album ist nur nach Ihnen benannt. Warum?
Anstatt auf Biegen und Brechen irgendeinen Titel zu finden, dachte ich, dass es jetzt besser denn je passt. Fast alle meine Lieblingskünstler haben mindestens ein Album, das nur nach ihnen benannt ist. Mein erstes Album kam noch zu einer Zeit raus, in der eher die Songs etabliert waren als mein Name. Das hat sich in den letzten anderthalb Jahren geändert. Als deutscher Künstler, der Englisch singt, ist es natürlich auch nicht so einfach. Ich habe mir quasi das Schwerste ausgesucht, um Leute zu emotionalisieren. Deshalb ist es jetzt genau der richtige Zeitpunkt.
Sie sind neulich bei “Late Night Berlin” aufgetreten, um mit Klaas Heufer-Umlauf eine Hymne auf Trucker zu singen. Wie fühlt es sich an, wenn man in einem TV-Studio auftritt, in dem kein Publikum sitzt?
Vollkommen verrückt. Sogar die Crew war nur zur Hälfte besetzt. Es war also kaum jemand da. Nichts wurde mit der Hand angefasst. Alles wurde mit Ellenbogen oder Handschuhen gemacht. Jedes Crewmitglied hatte einen Mundschutz. Es gibt einen Backstagebereich, in dem man sich die Show angucken kann, bevor man auf die Bühne geht. Da waren alle zwei bis drei Meter voneinander entfernt. Wirklich sehr verrückt. Aber wenn da einer krank wird, dann wird erst mal zwei Wochen komplett pausiert. Deshalb achten sie da auch ganz besonders drauf.
Wie ist es für Sie, über die sozialen Medien Wohnzimmerkonzerte zu geben?
Das ist komplett strange, weil nach einem Song ja niemand klatscht. Aber da ich das schon von anderen Künstlern wusste, habe ich nach einem Song nur kurz Danke gesagt und dann sofort weitergespielt. (lacht) Es gibt nichts Schöneres, als wenn man als Musiker weiß, dass das Publikum Spaß hat und die Band auch. Das ist das Nonplusultra. Jetzt sieht es für Konzerte erst mal sehr, sehr düster aus.
Vor zwei Monaten haben Sie “Sing meinen Song” abgedreht. Wenn man die Szenen sieht, wie ihr Künstler euch alle umarmt – solche Szenen wären gerade undenkbar.
Wir hatten so ein Glück. Beim Rückflug wurde entschieden, dass unsere Tour abgesagt wird. Sieben Tage, bevor es losgegangen wäre. In der gleichen Woche hat sich die Situation in Deutschland komplett verändert. Meine Teilnahme bei “Sing meinen Song” war die mit Abstand schönste Zeit meines Lebens. Das war das Verrückteste, Emotionalste, was ich mir je hätte vorstellen können. Und jetzt muss man genau aufpassen, was man gerade in den sozialen Netzwerken postet. Wenn man ein Foto von vor zwei Monaten postet, schreiben die Leute sofort drunter: “Da hat jemand aber nicht den Mindestabstand eingehalten.” (lacht)
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Wie nutzen Sie denn gerade die Zeit?
Ich lerne gerade für meine Theorieprüfung, weil ich noch keinen Führerschein habe. Auf Mallorca habe ich schon mal damit angefangen, aber kurz vor meiner Prüfung wurde dann gestreikt. Und danach ging schon mein Flug nach Deutschland. In Köln habe ich nie einen Führerschein gebraucht. Aber ehrlich gesagt, braucht ja jeder irgendwann mal einen Führerschein. Und da habe ich mir gesagt: Dafür ist jetzt die beste Zeit. (lacht)
Einer Ihrer neuen Songs heißt “Walk in Your Shoes” und ist Ihrem verstorbenen Kumpel gewidmet. Was steckt dahinter?
Mein bester Kumpel wurde mit 15 Jahren überfahren. Ich habe mich erst nach zwölf Jahren an das Thema getraut. Ich habe zwar immer wieder angefangen, einen Song zu schreiben – aber ich habe immer das Gefühl gehabt, dass er nicht gut genug war. Ich wusste immer, wenn ich mal einen Song über ihn schreibe, möchte ich ihn seiner Familie und seinen Brüdern vorspielen können. Das war bei “Walk in Your Shoes” so. An dem Tag, an dem mein Kumpel verstarb, hatte er sich vorher noch Schuhe gekauft. Unabhängig von ihm hatte ich die gleichen Schuhe im selben Laden anprobiert. Zwei Tage nach seinem Tod bin ich zu seiner Familie gefahren und die haben mir gesagt: “Nico, wir haben hier Schuhe, die wir dir gern schenken wollten.” Deshalb habe ich den Song “Walk in Your Shoes” genannt, weil ich quasi mit ihm durch das Leben gehe. Ich trete in seine Fußstapfen und gehe mit allem durch mein Leben, was ich durch ihn gelernt habe.
Mit 15 Jahren zu sterben ist so unfassbar jung.
Da geht das Leben normalerweise erst richtig los, aber ich wusste damals schon, was ich werden wollte, und habe ihm von meinen Träumen erzählt. Er war ein unfassbar begnadeter Gitarrist. Unser Traum war es, mal auf der Bühne zu stehen und unsere Songs zu singen. Ich bin kein megagläubiger Mensch, aber wenn ich bete, dann bete ich zu ihm.