Vergewaltigungs­vorwürfe: Chinas größter Popstar Kris Wu festgenommen

Kris Wu 2017 beim Bulgari-Festival in Peking.

Kris Wu 2017 beim Bulgari-Festival in Peking.

Peking. Ein einfacher Social-Media-Post brachte Chinas bislang hochrangigsten #MeToo-Fall ins Rollen: Anfang Juli beschuldigte die 19-jährige Influencerin Du Meizhu den kanadisch-chinesischen Popstar Kris Wu, teilweise minderjährige Mädchen im Austausch für Jobaussichten zum Sex gedrängt zu haben.

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Trotz immer mehr junger Frauen, die in den kommenden Wochen weitere Anschuldigungen erhoben, stritt der 30-jährige Wu jegliche Verantwortung ab: „Seid euch sicher: Wenn es so ein Verhalten tatsächlich gegeben hätte, dann würde ich aus eigenen Stücken ins Gefängnis gehen.“ Am Samstagabend schließlich erledigte das die lokale Polizeibehörde in Peking für ihn: Sie nahm den Sänger wegen des Verdachts auf Vergewaltigung in Untersuchungshaft. Im chinesischen Rechtssystem, das eine Verurteilungsrate von über 95 Prozent hat, kommt dies fast schon einem Schuldspruch gleich.

Bei Kris Wu handelt es sich nicht um einen beliebigen C-Prominenten, sondern um den vielleicht beliebtesten Superstar seiner Generation: Geboren wurde er im südchinesischen Guangzhou, seine alleinerziehende Mutter emigrierte mit ihrem damals zehnjährigen Sohn nach Vancouver. Die kanadische Stadt gilt als beliebtes Auswandererziel für gut betuchte chinesische Familien, die ihren Kindern eine exzellente Ausbildung ermöglichen und sie vom Konkurrenzdruck des Heimat­landes fernhalten möchten.

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Ein Sänger mit Playboyimage

Kris Wu verfolgte zunächst seinen Traum einer professionellen Basketballkarriere, doch schon bald funkte die Musik­industrie dazwischen. 2008 nahm er an einem globalen Casting des südkoreanischen Labels SM Entertainment teil, welches ihn nach mehrjähriger Ausbildung in die überaus erfolgreiche Boyband Exo steckte. Die K-Pop-Gruppe beruhte auf der Marketingidee, mit zwei „Untereinheiten“ einerseits den heimischen Markt in Südkorea und andererseits auch den chinesischen Markt zu bedienen.

Doch der Sänger mit den androgynen Gesichtszügen war trotz der finanziellen Erfolge künstlerisch unzufrieden: „Eines der größten Probleme war, dass die Zeitpläne extrem intensiv waren und ich keine Freiheit hatte“, schilderte Wu in einem Interview. Vor allem konnte er nicht die Musik machen, für die er brannte. Erst als Solokünstler in China erreichte Wu den wirklichen Durchbruch – zunächst über mehrere Filmangebote entwickelte er sich zum ernst zu nehmenden Rapper mit eigenständigem Stil.

Seit Jahren kursieren bereits auf sozialen Medien explizite Gerüchte um das Playboyimage des Sängers. Diese sorgten zwar in der nach außen hin konservativen Unterhaltungsindustrie Chinas für moralische Debatten, verletzten jedoch niemals die Grenzen des rechtlich Erlaubten.

Frauen werden mundtot gemacht

Bislang reagierten die Behörden bei vergleichbaren Anschuldigungen gegenüber Prominenten stets hochnervös: Junge Frauen, die sich öffentlich zur Wehr setzten, wurden nicht selten vom Zensurapparat mundtot gemacht. Die Parteikader in Peking fürchten vor allem, dass eine #MeToo-Bewegung potenzielle Graswurzelaktivitäten auslösen könnte.

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Das nun harte Vorgehen könnte laut Kritikern auch damit zu tun haben, dass Kris Wu seit seiner Jugend die kanadische Staats­bürgerschaft besitzt. Die offizielle Parteizeitung „Renmin Ribao“ („People’s Daily“) kommentierte in einem viel beachteten Leitartikel, dass eine ausländische Staatsbürgerschaft nicht als Talisman vor dem chinesischen Gesetz schütze.

Die jetzige Untersuchungshaft belastet das ohnehin angespannte Verhältnis der zwei Staaten: Seit über zwei Jahren sitzen zudem die beiden Kanadier Michael Spavor und Michael Kovrig in chinesischen Gefängnissen. Ihre Haft wird allgemeinhin als „politische Geiseldiplomatie“ wahrgenommen, da sie nur kurz nach der Verhaftung der Huawei-Finanzchefin in Vancouver erfolgte.

Auf Weibo, dem führenden sozialen Netzwerk des Landes, dominierte der Fall Kris Wu auch am Sonntagabend die öffentliche Debatte in den sozialen Medien. Die Verhaftungsnachricht auf dem Social-Media-Kanal der Pekinger Polizei wurde weit über elf Millionen Mal mit einem Like versehen. Fast alle User wünschten Kris Wu eine möglichst lange Haftstrafe: „Guter Fang!“, gratulierte ein Nutzer. „Hau ab aus China“, meinte ein anderer. Und: „Wie ironisch, dass der beliebteste Sänger der chinesischen Unterhaltungsindustrie ein Vergewaltiger ist!“

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